Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
selbst die ganze Nacht auf«, konterte Miles. »Außerdem habe ich einen zweistündigen Fußmarsch vor mir, hauptsächlich bergauf, um zurück nach Endicott Falls zu gelangen. Du bist echt wartungsintensiv, mein Freund, ist dir das bewusst?«
»Hochleistung erfordert nun mal Wartungsintensität. Denk an Ferrari. Denk an unbezahlbare Rennpferde. Denk an einen Kampfjet.«
»Na, toll«, meinte Miles säuerlich. »Ich bin auf meine Füße angewiesen, Kumpel. Quäl mich nicht mit Bildern von superschnellen Transportmitteln.«
»Kopf hoch. Ich mache es wieder gut, das verspreche ich. Sollte ich sterben, erbst du meinen Wrangler. Das ist ein faires Angebot, oder?« Sein Blick huschte über Miles’ verschlissene Jeans und seine schmutzig grauen Laufschuhe. »Und meinen Kleiderschrank noch dazu.«
Miles schaute gequält drein. »Red nicht so einen Stuss! Ist es wirklich so ernst?«
»Ja, es ist so ernst. Der Kerl, der sie heute Morgen gekidnappt hat, ist ein verfluchter Irrer. Es tut mir leid, dich da mit reinziehen zu müssen, Miles, aber ich wusste nicht, wen ich sonst hätte anrufen sollen. Es tut mir auch leid, dass du zu Fuß gehen musst, aber du kannst unmöglich meinen Jeep für die lange Fahrt nehmen. Er ist rot, verdammt. Viel zu auffällig. Er wäre dein Todesurteil.«
»Ist schon gut.« Miles gab sich stoisch ruhig, was er sich nur von Davy abgeschaut haben konnte. »Ich werde trampen. Falls ich Glück habe, bin ich rechtzeitig zurück, um noch ein paar rohe Eier zu verdrücken, dann bin ich in Topform, um meine erste Karatestunde zu unterrichten. Ihr seid bis morgen um elf hier eingebucht. Ich habe dreihundert Kröten aus dem Automaten gezogen und das Zeug besorgt, das du haben wolltest. Hier ist das Wechselgeld.« Er drückte Sean ein zerknülltes Bündel Scheine und eine Einkaufstüte in die Hand. »Das Auto ist vollgetankt. Soll ich den Wrangler irgendwo abstellen?«
Sean fischte die Schlüssel aus seiner Tasche und gab sie ihm. »Fahr ihn auf den Parkplatz vom BiMart. Dann verschwinde, so schnell du kannst. Und, Miles … halte dich bedeckt. Das hier ist nie passiert. Du hast mich nie gesehen.«
»Keine Sorge.« Miles’ Blick flackerte über das Blut auf Seans Gesicht und Oberkörper. »Du siehst echt mitgenommen aus. Jeder, der gut genug ist, um bei dir solchen Schaden anzurichten, würde wie ein Panzer über mich hinwegrollen. Ich will noch nicht sterben.«
»Kluger Bursche«, lobte Sean. »Hast du dir inzwischen eine Geschichte ausgedacht?«
»Ich habe mein Auto Keira geliehen, der süßen Backgroundsängerin der Howling Furballs«, antwortete Miles. »Die, mit dem gepiercten Kitzler.«
Sean schlug ihm auf die Schulter. »Das ist mein Junge.« Plötzlich hielt er inne und kniff die Augen zusammen. »Woher weißt du, dass das Mädchen einen gepiercten Kitzler hat?«
Miles verdrehte die Augen und setzte eine Märtyrermiene auf. »Sie hat es mir erzählt.«
Sean war enttäuscht. »Ach so. Also hast du nie … «
»Nein«, bestätigte Miles trübselig. »Die Mädchen quatschen einfach nur mit mir. Über allen möglichen Scheiß. Es ist immer das Gleiche. ›Oh, Miles. Du bist so ein toller Zuhörer. Ich wünschte, dieses Arschloch, das sich mein Freund schimpft, wäre wie du, aber das Einzige, was er von mir will, ist Sex, Sex, Sex.‹ Das ist die sich endlos wiederholende Geschichte meines Lebens.«
»Das ist wirklich ein Jammer«, kommentierte Sean mitfühlend.
»Wir alle haben unser Kreuz zu tragen. Aber wenigstens hat heute niemand versucht, mich umzubringen«, bemerkte Miles philosophisch. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und klapperte mit den Jeepschlüsseln. »Okay, ich denke, ich sollte mich jetzt lieber verdünnisieren. Halt mich auf dem Laufenden, ja? Dieser Scheiß setzt mir nämlich ganz schön zu.«
»Ich werde mich melden«, versprach Sean. Miles’ besorgter Blick weckte in ihm den Wunsch, ihn zu drücken und ihm die Haare zu zerzausen. Nur mit Mühe konnte er den Impuls unterdrücken. Endlich entwickelte Miles Rückgrat, Männlichkeit und Stolz. Sean wollte diesen Prozess nicht behindern.
Miles nickte Liv freundlich zu.
Sie nickte zurück. »Danke noch mal für das Hemd.«
Sean öffnete das Bolzenschloss. »Du hast mir den Arsch gerettet.«
Miles quittierte das mit einem kurzen Grinsen. »Jederzeit gern.«
Mit einem dumpfen Gefühl im Magen beobachtete Sean durch den Türspalt, wie der Junge in den Jeep kletterte. Es waren bis zum Parkplatz des BiMart nur zwei
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