Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
Sie schüchtert mich tierisch ein. Sie ist eine, äh, sehr spezielle Freundin.«
»Sie schüchtert dich ein?« Liv lachte ungläubig. »Verarsch mich nicht.«
»Ich bin ein Feigling, wenn du die Wahrheit wissen willst«, gestand er. »Ja. Ein echter Waschlappen.«
Sie verdrehte die Augen. »Inwiefern ist sie speziell?«
»Du musst sie kennenlernen, um es zu verstehen. Tam ist unbeschreiblich.«
»Na schön. Jedenfalls muss ich zuerst meine Eltern anrufen.«
»Davy hat das erledigt. Sie wissen, dass du in Sicherheit bist.«
Ihr entschlüpfte ein trockenes Lachen. »Äh, nein, Sean. Sie wissen, dass ich mit dir zusammen bin«, korrigierte sie ihn. »Sie wissen nicht, dass ich in Sicherheit bin.«
Er gab ihr sein Handy. »Bitte sehr. Wenn du den Mut aufbringst.«
Sie holte tief Luft und wählte die Nummer von Endicott House. Es wurde beim ersten Klingeln abgenommen. »Hallo?«
»Mutter?«, fragte sie. »Ich bin es. Ich … «
»Oh, mein Gott, Livvy. Hast du den Verstand verloren? Wo steckst du?«
»Ich bin mit Sean zusammen. Es geht mir gut. Ich bin in Sicherheit.«
»Wie konntest du mir das antun? Komm auf der Stelle nach Hause!«
»Ähm … das geht nicht. Ich muss für eine Weile verschwinden. Ich … «
»Die Polizei muss mit dir sprechen, Livvy! Dieser Mann ist gefährlich!«
Ha. Ihre Definition von gefährlich hatte kürzlich eine massive Korrektur erfahren. »Du siehst das falsch«, erwiderte sie. »Sean hat mich gerettet.«
»Versuchst du, mich zu bestrafen, Livvy?« Die Stimme ihrer Mutter überschlug sich. »Wann wirst du mir genug Schmerz zugefügt haben, um endlich zufrieden zu sein? Wann wird es aufhören? Wann?«
Liv ersparte sich den Rest. Es hatte keinen Zweck. Niemand hörte ihr zu. »Gib Daddy einen Kuss von mir«, sagte sie. »Auf Wiedersehen, Mutter. Ich melde mich wieder.«
»Livvy! Warte! Wage es nicht, einfach aufzulegen!«
Klick . Sie unterbrach die Verbindung, dann starrte sie auf das Telefon in ihrer Hand. Sie fühlte sich leer und schwerelos, als könnte sie wie ein vertrocknetes Blatt einfach vom Wind weggeweht werden.
»Okay«, flüsterte sie. »Ich habe meine Pflicht getan. Wozu auch immer es gut sein mag.«
Liv legte das Handy weg. Sean wühlte in seinem großen, schweren olivgrünen Seesack, der voll mysteriöser Gerätschaften war. »Es gibt da etwas, das ich dir sagen muss«, begann sie. »Etwas, das schwer zu ertragen ist.«
Er verharrte für einen Moment reglos, dann setzte er sich gerade auf und krallte die Finger in die Matratze. »Ja?«, sagte er argwöhnisch.
»Erinnerst du dich, dass du gesagt hast, dass jeder unter der Folter zusammenbricht?«
Er nickte knapp und wartete, dass sie fortfuhr.
»Das trifft nicht immer zu.« Sie versuchte, den steinharten Klumpen in ihrer Kehle runterzuschlucken. »T-Rex hat behauptet … dass Kev ihnen kein Wort gesagt habe. Nicht, wo die Bänder waren, nicht, wo das Skizzenbuch war. Nicht, wer ich war. Ganz egal, was sie ihm antaten. Er hat ihnen nichts verraten. Darum … verdanke ich auch ihm mein Leben.«
Sean sah weg. Dann stand er auf und umrundete das Bett. Er setzte sich mit dem Rücken zu ihr, beugte sich nach vorn und vergrub das Gesicht zwischen den Händen.
Liv krabbelte über die Matratze und legte ihm die Arme um den Rücken.
So verharrten sie lange Zeit, während sie darauf warteten, dass die Nacht hereinbrach.
14
»Halt still«, knurrte Osterman. »Ich wäre längst fertig, wenn du Idiot nicht fortwährend zucken würdest.«
Seine Nasenflügel blähten sich vor Abscheu, als er die Stichwunde in Gordons pelzigem Hintern abtupfte. Der Körper des Mannes stank. Sauer und ranzig. Diese Art der Intimität widerte ihn an. Ihm fiel wieder ein, warum er die Idee, als Arzt zu praktizieren, aufgegeben und sich für die Forschung entschieden hatte. Dort gab es weniger ekelhafte Gerüche.
Er hätte die Macht genossen, die damit verbunden war, ein bedeutender Chirurg zu sein, aber der menschliche Körper stieß ihn ab. Besonders wenn er es mit einem schwitzenden Schwein wie Gordon zu tun hatte. Das verkraftete er einfach nicht.
»Sprüh mehr Anästhetikum darauf, du verschissener Sadist«, bellte Gordon.
Osterman ignorierte ihn. Er hatte Schnitte in Gordons Rücken, die Stichwunde in seinem Gesäß und den Biss an seinem Handgelenk sorgsam verarztet, war dabei jedoch nicht zimperlich vorgegangen.
Dieser Schwachkopf. Da ließ der sich auf seine, Ostermans, Kosten aufs Kreuz legen. Korrektur. Auf seine
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