Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
für dieses Stipendium, auch wenn er noch nicht mal dreizehn war. Er holte einen höllisch guten Sound aus seinem Saxofon raus.
Es war nicht seine Schuld, dass das Demoband nichts taugte. Ihr Mikrofon war scheiße, die Akustik war scheiße, und das Aufnahmegerät war scheiße, ganz zu schweigen von dem, was sie vermutlich falsch machte. Sie brauchte ein anständiges Mikro, einen schalldichten Raum, ein digitales Aufnahmegerät und jemanden, der wusste, was er tat. Kurzum, sie brauchte Miles.
Dumm gelaufen, Schätzchen. Er hält dich für eine hirnlose Partyschnepfe.
»Ich hör mich mal um, ob wir vielleicht bessere Aufnahmebedingungen bekommen können«, versprach sie. »Wir versuchen es noch mal. Lass dich nicht entmutigen.«
»Vergiss es. Auf dem Anmeldeformular steht, dass es spätestens morgen in der Post sein muss.« Javier war niedergeschlagen. »Trotzdem danke für deine Hilfe. Alles cool.« Er schenkte ihr ein Lächeln, das ihr das Herz zerriss. Er war schon so oft enttäuscht worden, dass er gelernt hatte, es zu akzeptieren, und das mit einer erwachsenen Würde, die sie beschämte. Cindy war zehn Jahre älter. Trotzdem jammerte und zickte sie zehnmal so viel.
»Nein, wirklich. Gib noch nicht auf. Ich habe einen Freund, der ist ein Tonmagier. Ich werde sehen, ob er uns helfen kann«, versprach sie hastig.
Javier zuckte gleichgültig mit den Schultern, dann nahm er sein Saxofon auseinander und bettete es liebevoll in den blutroten Satin in seinem Koffer.
Sie wünschte ihm dieses Stipendium so sehr, dass es wehtat. Sie hatte sich mit Javier zu Beginn des Bandcamps angefreundet. Man hatte ihm gedroht, ihn wegen Handgreiflichkeiten rauszuwerfen, und Cindy hatte ihn beiseitegenommen, um herauszufinden, wo das Problem lag. Wie sich herausstellte, hatte ihn irgendein geschniegeltes Muttersöhnchen aus der Blechbläsertruppe dumm angemacht, weil sein Vater im Gefängnis saß.
»Kein Witz? Meiner auch«, hatte sie gesagt. »Schöne Scheiße, was?«
Mehr als argwöhnisch, dass sie ihn verarschte, hatte Javier die Augen zu glänzenden braunen Schlitzen verengt. »Echt?«, hatte er nachgefragt. »Wie lange muss er einsitzen?«
»Lebenslänglich.« Ihre Kehle krampfte sich noch immer schmerzhaft zusammen, wenn sie das Wort laut aussprach. Es war schon Jahre her, aber sie hatte sich bis heute nicht daran gewöhnt, dass ihr Vater im Knast saß.
»Ohne Chance auf Bewährung?«
Sie nickte. »Sie haben ihn für immer weggesperrt.«
»Weswegen wurde er verurteilt?«
»Hauptsächlich wegen Mordes. Es gab da noch ein paar kleinere Sachen, aber das war sein Hauptdelikt.«
Das hatte Javier schwer beeindruckt. »Wow. Das ist ja der Hammer. Meiner ist nur wegen Drogenhandels drin.«
Damit, dass sie ihm eine Nasenlänge voraus war, hatte sie ihn gewonnen. Anschließend hatte sie ein ernstes Gespräch mit Mike geführt, der die Blechbläser unter sich hatte, und die Angelegenheit geklärt. Seitdem erteilte sie Javier heimlich doppelt so viel Unterricht, wie es der Lehrplan des Camps vorsah. Sie tat es gern. Er war nicht sonderlich versessen darauf, nach Noten zu spielen, aber wen kümmerte das? Seine Improvisationen hauten einen vom Hocker.
Sie war unheimlich stolz auf sich, weil sie für Javier einen tollen Deal ausgehandelt und ihm ein gebrauchtes Saxofon von Profiqualität beschafft hatte. Sie hatte ihre Brüste eingesetzt, ihr helles Lachen und besonnene Drohungen, um Dougie klarzumachen, dass sie wusste, was er auf seinem versauten Junggesellenabschied getrieben hatte und mit wem. Trish, seine Braut, ahnte davon nichts. Und sie würde es auch nie erfahren, wenn Dougie wusste, was gut für ihn war.
Vielleicht war Cindy ein böses Mädchen gewesen, aber Javier hatte ein gutes Instrument bekommen, Trish blieb selig unwissend, und Dougie war sowieso ein grunzendes Ferkel, das es verdiente, mit einem Apfel in der Schnauze langsam geröstet zu werden. Also Schwamm drüber.
Javier verdiente dieses Stipendium. Ihr blieb nicht die Zeit, jemand anderen unter Druck zu setzen, damit er ihr half. Es blieb nur Miles. Das Dojo, in dem er arbeitete, war nur einen Katzensprung entfernt, und es war früher Morgen, und damit Unterrichtszeit. Sie würde einfach dort reinplatzen und hoffen, dass er ihr nicht den Kopf abriss.
Auf Miles’ Negativliste zu stehen, war echt zum Kotzen.
Sie sprang auf ihr Rad und jagte an den Ruinen des Buchladens vorbei. Sie wurden noch immer von hartnäckigen Rauchwolken eingehüllt. Was für eine
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