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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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Geschäfte mit ihm gemacht.« Der Barmann musterte die Rechnung und betrachtete dann mit unverhohlener Neugier Janusz’ verbeultes Gesicht. In diesem Nest war noch nie etwas Interessantes geschehen, wenn man den Tag nicht mitzählte, an dem sich Kaminskis Kaninchenbock am Markttag aus seinem Sack befreit und eine Kellnerin gebissen hatte. Der Barmann gab Janusz die Rechnung wortlos zurück.
    »Der Name kommt Ihnen wohl nicht bekannt vor?«, fragte Janusz. »Vielleicht haben Sie ja auch von jemandem gehört, der hier in der Gegend Antiquitäten aufkaufen will.«
    Der Barmann wrang einen Lappen aus und begann, die zerschrammte Resopalplatte des Tresens abzuwischen. »Ist der Typ abgehauen und hat Sie mit den Schulden sitzen gelassen?«, erkundigte er sich.
    Janusz zuckte verlegen die Achseln. »So ähnlich, ja.«
    Der Mann sah Janusz an. »Klingt typisch Adamski«, meinte er.
    Janusz inhalierte unwillkürlich einen Schwall Zigarrenrauch und bekam einen heftigen Hustenanfall. Während er sich die Tränen aus den Augen wischte, musste der Barmann die Lippen zusammenpressen, um ein Lachen zu unterdrücken. Er schenkte ihm ein Glas Wasser ein. »Jeder hier kennt Adamski. Bis vor ein paar Monaten hat er ständig hier rumgelungert – das heißt, wenn er nicht gerade Hausverbot hatte«, fügte er mit vielsagend hochgezogener Augenbraue hinzu. »Doch der Typ da drüben« – er wies auf einen Mann mit einem grauen, buschigen Schnurrbart, der aufrecht und allein in einer Nische saß –, »das ist Tadeusz Krajewski. Mit dem sollten Sie reden.« Als Janusz sich bei ihm bedankte und aufstand, tippte der Barmann ihn auf den Unterarm. »Er trinkt Ż ubrówka .«
    Janusz ging mit dem Getränk hinüber zu Tadeusz und stellte sich, ein wenig zögernd, als Freund und zeitweiliger Geschäftspartner von Adamski vor. Doch er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Die Miene des alten Mannes erhellte sich sichtlich, als er den Namen hörte, und er bedeutete Janusz, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
    »Also sind Sie auch einer von denen, die sich nach London davongemacht haben, richtig?«, erkundigte er sich in einem weichen, ländlichen Akzent. Janusz breitete entschuldigend die Hände aus. »Offenbar sind Sie schon eine Weile dort – Ihr Polnisch ist eine Katastrophe«, fuhr Tadeusz schmunzelnd fort. Sein Blick wanderte über Janusz’ verbeultes Gesicht, doch er verkniff sich eine Bemerkung. Vielleicht hielt er Gewalt ja für Londoner Normalität. »Als ich jung war, starb man in Gorodnik, wenn man in Gorodnik geboren wurde«, meinte er nachdenklich. »Und wir waren damals viel zufriedener, das kann ich Ihnen versichern.« Janusz nickte und hoffte, dass sein Gesichtsausdruck nicht verriet, was dieser Gedanke in Wahrheit in ihm auslöste.
    Wie sich herausstellte, hatte Adamski als Mechaniker in Tadeusz’ kleiner Autowerkstatt gearbeitet, bis die Rezession kam und die Bank den Kredit kündigte. »Wissen Sie, was die Bank zu mir gesagt hat?« Janusz schüttelte den Kopf. »Sie müssten, was die Kreditvergabe beträfe, angesichts des Wirtschaftsklimas strenger sein.« Sein Tonfall war gleichzeitig ungläubig und verächtlich. »Ich habe geantwortet, sie sollen mich mit dem Wirtschaftsklima verschonen – schließlich seien sie schuld daran, dass es schneit.«
    Sein Blick war nicht nur zornig, sondern auch voller Trauer. Offenbar hatte der Verlust seiner Firma ihn schwer getroffen. Janusz überlegte, wie alt er wohl sein mochte. Er schätzte ihn auf Anfang sechzig – also noch nicht sehr alt, allerdings zu alt, um noch einmal von vorne anzufangen, insbesondere in Zeiten wie diesen. Er musterte Tadeusz diskret. Er war glatt rasiert und sein Hemd, obwohl fadenscheinig an den Manschetten, frisch gebügelt. Ein Mann, der ungeachtet der Umstände auf sein Äußeres achtete.
    »Und wie lang hat Adam… Pawel bei Ihnen gearbeitet?«, fragte Janusz und zündete sich eine Zigarre an.
    »Etwas über ein Jahr, bis ganz zum Schluss«, antwortete Tadeusz und trank andächtig einen Schluck von dem Ż ubrówka , den Janusz ihm ausgegeben hatte. »Er war gar nicht schlecht, was Motoren anging, nachdem ich ihn angelernt hatte.« Er lächelte in sich hinein.
    »War er damals bei Ihnen pünktlicher?«, erkundigte Janusz sich grinsend, wobei er sich, was sein Urteil über Adamskis Arbeitsmoral anging, auf sein Glück verließ.
    Tadeusz zog eine Schulter hoch. »Ich behaupte nicht, dass es da keine Probleme gab. Manchmal kam er zu spät und war noch

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