Sündenfall: Roman (German Edition)
Ausgang zusteuerte.
»Willkommen daheim, Mr Kiszka«, sagte sie – eine Begrüßung, die mit einem Brummeln aufgenommen wurde. »Hören Sie«, sprach sie weiter und musste rennen, um mithalten zu können, als seine Schritte länger wurden. »Wie ich es sehe, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder kommen Sie mit aufs Revier und sitzen dort stundenlang in einem Vernehmungszimmer fest. Oder ich fahre Sie in die Stadt, damit wir unterwegs alle meine Fragen klären können.« Er wurde ein wenig langsamer. »Das ist ein gutes Angebot«, sprach sie ruhig weiter. »Ein inoffizielles Gespräch und eine Fahrgelegenheit sind doch sicher besser als ein vergeudeter Tag auf der Wache.« Als er stehen blieb, lagen Ablehnung und Schicksalsergebenheit in seinem Blick.
Sie öffnete den Kofferraum, um seine Tüten mit den klappernden Flaschen zu verstauen. »Sie haben wohl Ihre Wodkavorräte aufgefüllt«, meinte sie lächelnd, um das Eis zu brechen.
»Ich trinke keinen Wodka«, entgegnete er mit finsterer Miene. »Er schmeckt mir nicht.«
Sie verdrehte angesichts dieser Abfuhr die Augen und öffnete die Türen. Verdammte Scheiße , dachte sie, da steht mir ja ein Stück Arbeit bevor .
Kurwa! , sagte sich Janusz, als er sich in das winzige Auto zwängte. Vierzig Minuten allein mit dieser dämlichen kleinen dziwka , die Chopin vermutlich für einen Franzosen hielt.
Kershaw zwang sich zu schweigen, bis sie das Flughafengelände hinter sich gelassen und die M11 erreicht hatten. Sie blieb auf der mittleren Spur – wenn sie die Geschwindigkeit drosselte, würde sie mehr Zeit haben, ihn auszuhorchen.
»Was das tote Mädchen betrifft, das im Waveney Thameside gefunden wurde, hat es einen Durchbruch gegeben«, begann sie. »Ihre Freundin Ju-sti-nah Kosch-low-schka.« Diesmal gab sie sich Mühe mit den fremdartigen Silben, um sie ja richtig auszusprechen, und warf einen Blick auf Kiszka, um festzustellen, wie er darauf reagierte. Nichts. »Wir haben Aufnahmen, die sie in der fraglichen Nacht mit einem Mann im Aufzug des Hotels zeigen.«
Janusz brummte abfällig. »Haben Sie es endlich geschafft, sich die Überwachungsbänder anzuschauen«, entgegnete er und sah aus dem Fenster.
Lass dich nicht provozieren , dachte sie. »Es war schwieriger, als Sie glauben, sie in die Finger zu bekommen«, erwiderte sie bemüht freundlich. »Jedenfalls ist die gute Nachricht, dass wir jetzt ein scharfes Bild von dem Kerl haben und dass Sie es nicht sind.«
»Ach, nein«, erwiderte er, während er weiter die Aussicht auf Essex genoss. »Das habe ich Ihnen ja schon letzte Woche gepredigt.«
Er steckte eine Zigarre zwischen die Lippen, erinnerte sich jedoch gerade noch rechtzeitig daran zu fragen: »Ist es in Ordnung, wenn ich …?« Die Engländer waren wahre Gesundheitsapostel, wenn es ums Rauchen ging.
»Kein Problem«, meinte sie, während sie sich ärgerlich fragte, wie lange es wohl dauern würde, bis die Polster nicht mehr nach abgestandenem Rauch rochen.
Auch wenn Kiszka nichts mit Justynas Tod zu tun hatte, hatte er ganz sicher etwas zu verbergen. Darauf wäre Kershaw jede Wette eingegangen – und sie hatte nur etwa eine halbe Stunde Zeit, um ihm auf den Zahn zu fühlen.
»Wissen Sie, ob Justyna Drogen genommen hat?«, fragte sie, während sie den Rückspiegel zurechtschob. »Sie wissen schon, weiche Sachen wie Ecstasy oder so.« Nun konnte sie im Spiegel Kiszkas Gesicht beobachten.
» Weiche Sachen?« Janusz schnaubte höhnisch. »Wissen Sie, wie sich psychoaktive Drogen langfristig auf die Serotoninproduktion auswirken?« Er tat, als habe er den Trick mit dem Spiegel nicht bemerkt, und nahm sich fest vor, auf der Hut zu sein und sich vor allem nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
Kershaws Griff ums Lenkrad wurde fester. »Nun, als Polizistin bin ich mir der Gefahren synthetischer Drogen natürlich voll und ganz bewusst«, gab sie zurück. »Aber Sie scheinen sich ja wirklich blendend mit Ecstasy auszukennen.«
Als sie plötzlich beschleunigte, um ein dahinschleichendes Auto zu überholen, fuhr seine Hand zum Haltegriff über der Tür. Kurwa! Das Mädchen war ja noch schlimmer als Oskar.
»Ich habe in Polen Physik und Chemie studiert, bevor ich herkam«, entgegnete er, den Blick zum Fenster gewandt.
Kershaw erinnerte sich an den Stapel New Scientist in seiner Küche. Ein Abschluss in Chemie war sicher praktisch, wenn man Drogen herstellen wollte. Aber warum lieferte er ihr diese Information freiwillig?
»Justyna ist nämlich an
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