Sündenfall: Roman (German Edition)
einer Überdosis einer Droge namens PMA gestorben«, erklärte sie. »Ein lebensgefährliches Zeug, das von Amateuren in irgendwelchen Hinterzimmern zusammengebraut wird.«
»Davon habe ich noch nie gehört«, erwiderte er und rutschte herum, um eine bequeme Sitzposition zu finden.
»Es besteht aus einer Substanz, die man Anethol nennt. Klingelt da vielleicht etwas?«
Er schüttelte den Kopf.
»Hat Justyna je über Drogen gesprochen?«, beharrte sie.
Er blickte sie an. »Ich würde meine Wohnung darauf verwetten, dass Justyna nie im Leben etwas Stärkeres genommen hat als Aspirin«, antwortete er.
Meine Wohnung , dachte Kershaw. Also gehörte ihm die Wohnung an den Highbury Fields? Die musste doch eine knappe Million wert sein. Allerdings schienen ihre Fragen ihn nicht im Geringsten aus der Ruhe zu bringen. Wo zum Teufel lag seine Verbindung zu dem Mann mit dem Hut – und zu Justynas Tod?
Ein weißer Transporter wechselte die Spur und schnitt sie so scharf, dass sie kräftig auf die Bremse treten musste, bevor er davonraste.
Als Janusz spürte, wie der Wagen beschleunigte und das Mädchen auf die Überholspur wechselte, klammerte er sich am Türgriff fest. Anstatt zu antworten, grübelte er darüber nach, warum sie wohl Anethol erwähnt hatte. Er musste dabei an Süßigkeiten für Kinder denken. Brause? Nein, Lakritze, obwohl er nicht wusste, warum.
»Sie machte auf mich nicht den Eindruck, als würde sie sich mit Leuten abgeben, die Drogen nehmen«, sagte er schließlich, was eigentlich auch stimmte. Ihr Kontakt zu Adamski war einzig und allein ihrer Freundschaft mit Weronika geschuldet und sicher nicht freiwillig gewesen.
Da Kershaw bereits die nächste Attacke plante, bemerkte sie das Zögern nicht. Als sie Kiszkas Visitenkarte in Justynas Mund gefunden hatte, hatte sie gedacht, das Mädchen wolle mit dem Finger auf ihren Mörder zeigen. Inzwischen glaubte sie, dass der Mann mit dem Hut sie dort hinterlassen hatte, entweder um seinen Widersacher zu belasten oder um ihm eine Drohung zu übermitteln. Wie dem auch sei, jedenfalls war Justyna für Kiszka sicher mehr als eine Affäre für eine Nacht gewesen.
»Ich muss Sie noch einmal fragen, ob Justyna Ihre Freundin war, Mr Kiszka«, sagte sie mit vor Entschlossenheit angespannter Stimme. »Das ist wichtig für die Ermittlungen.«
»Ich habe Ihnen doch schon erklärt, dass ich nur einmal mit ihr aus gewesen bin. Ich habe sie nicht einmal geküsst.« Er blickte sie an. »Sie hätte meine Tochter sein können.«
Kershaw hatte das unangenehme Gefühl, dass er die Wahrheit sagte.
Kurz darauf hatten sie den Transporter eingeholt, der sie geschnitten hatte. Der Fahrer war ein grinsender junger Neandertaler, der offenbar eine Bierdose in der Hand hielt. Als er bemerkte, dass er von einer jungen Frau überholt wurde, machte er obszöne Gesten, beschleunigte und brauste, schwarzen Ölqualm hinter sich herziehend, davon.
Mit eiskalter Ruhe legte Kershaw den vierten Gang ein, sodass der Motor aufheulte. Die g-Kräfte drückten Janusz in den Sitz. Heilige Muttergottes! War er Adamski nur entwischt, um jetzt von einer psychotischen Polizistin umgebracht zu werden?
Als sich die Tachonadel hundertfünfzig Stundenkilometern näherte, waren sie fast auf einer Ebene mit dem Transporter. Ohne den Blick von der Straße abzuwenden, griff Kershaw in die Sitztasche neben sich und holte etwas heraus. Inzwischen war der Fahrer wieder zu sehen. Sein Gesicht war verzerrt von Hass, und er brüllte Verwünschungen. Dann fuhr eine Hand nach vorne und zeigte Kershaw den Stinkefinger. Sie streckte mit unbewegter Miene die linke Hand aus, in der ein Paar Handschellen baumelte. Fasziniert beobachtete Janusz, dass der Mund des Mannes aufklappte wie bei einer defekten Marionette. Im nächsten Moment war er verschwunden und bald nur noch ein Pünktchen im Seitenspiegel, das auf der inneren Spur dahinkroch.
»Tut mir leid«, meinte Kershaw mit einem entschuldigenden Grinsen. »Aber ich kann schlechte Manieren nun mal nicht ausstehen.«
Sie schaltete zurück in den fünften Gang und ordnete sich in die A406 in westlicher Richtung ein. Selbst wenn Kiszka nicht Justynas Liebhaber gewesen war, war eines nicht zu übersehen: Sie war ihm wichtig, und er wollte ihren guten Ruf verteidigen.
»Was macht Sie so sicher, dass Justyna keine Sexarbeiterin war, wenn Sie nicht mit ihr gegangen sind?«, fragte Kershaw ruhig. »Immerhin war sie um Mitternacht mit diesem Typen in einem Hotel.«
»Sie
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