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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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erwischt.« Er wies auf seine Kleidung. »Ich bitte Mrs Beauregard, in meinem Terminkalender nachzuschauen, wann ich Zeit dafür erübrigen kann.«
    Klar, und beim nächsten Mal verkriechst du dich hinter einem Anwalt , dachte Kershaw. Und was dann? Wenn die Fingerabdrücke nicht seine waren, blieb nur noch der Zugangscode übrig, und er würde sich vermutlich auch dafür eine plausible Begründung ausdenken – sofern man ihm die Zeit dafür ließ. Deshalb musste sie ihn sich sofort vorknöpfen, bevor er eine Geschichte erfinden konnte.
    Sie nahm einen Asservatenbeutel aus Plastik aus der Manteltasche, hielt ihn hoch, damit er die gezeichnete Wegbeschreibung darin sehen konnte, und zeigte auf seine Handschrift.
    »Sie müssen ein häufiger Besucher in Ela Wronskas Wohnheim gewesen sein, um den Zugangscode auswendig zu können.«
    Im ersten Moment starrte er sie an, hatte sich aber rasch wieder gefasst. »Selbstverständlich nicht. Als Rektor dieses Colleges sind mir natürlich sämtliche Codes bekannt.«
    »Und Sie merken sich alle, obwohl sie im Wochenturnus geändert werden?«
    »Ich bin nun einmal mit einem guten Zahlengedächtnis gesegnet.«
    Ihre Blicke trafen sich. Mist . Sie spürte, wie die Situation ihr entglitt.
    Doch dann fiel ihr ein, wie leidenschaftlich er sich für Timothy Lethbridge verwendet hatte.
    Sie tat, als gebe sie sich geschlagen, steckte die Asservatentüte wieder weg und bemerkte, dass sich seine Gesichtsmuskeln ein klein wenig lockerten.
    »Verzeihung«, sagte sie, holte ihr Mobiltelefon heraus, als hätte es gerade vibriert, und klickte eine alte SMS an, in der ihr Fitnessstudio sie an die Verlängerung ihrer Mitgliedschaft erinnerte.
    Die Augenbrauen hochgezogen, als hätte sie gerade eine Erkenntnis gehabt, blickte sie ihn an. »Raten Sie mal, mit wem ich mich nachher treffe«, meinte sie.
    Er zuckte die Achseln.
    »Timothy Lethbridge«, verkündete sie.
    Zielinskis Züge erschlafften, und er schien vor Kershaws Augen ein oder zwei Jahrzehnte zu altern. Sie hatte richtig geraten: Dass er für Timothy in die Bresche gesprungen war, war nicht dem Bedürfnis geschuldet, einen Studenten zu schützen, der in Schwierigkeiten steckte – es war die Angst davor, was der Junge ihr verraten könnte.
    »Die Fingerabdrücke, die Sie gefunden haben«, stieß er nach einer langen Pause hervor, »die müssen doch nicht … unbedingt etwas mit Elzbietas Tod zu tun haben, oder?«
    »Nicht unbedingt«, entgegnete sie nachdenklich. »Aber wenn der Urheber die Polizei in der Frage, wie sie dorthin gekommen sind, angelogen hat, würden die Geschworenen ihre Schlussfolgerungen daraus ziehen.«
    Zielinski umfasste den Knauf der Bank am Ende der ersten Sitzreihe und ließ sich vorsichtig nieder. Sein Gesicht war so bleich und feucht wie aufgewärmter Käse.
    Kershaw setzte sich neben ihn. »Wann hat die Affäre mit Ela angefangen?«, erkundigte sie sich in sachlichem Ton.
    »Auf der Konzertreise«, antwortete er und schlug die Hände vor die Augen. »Im letzten Herbst.«
    »Vor über sechs Monaten. Wie haben Sie es geschafft, es so lange geheim zu halten?«
    »Wir hatten vereinbart, tagsüber nicht mehr miteinander zu sprechen oder überhaupt Kontakt zu halten, wenn wir zurück in England sind«, erwiderte er, faltete das Messgewand über seinem Knie und strich es, ohne nachzudenken, wieder glatt. »Ich habe gewartet, bis in ihrem Wohnheim alle Lichter ausgingen, bevor ich sie … in ihrem Zimmer besucht habe.«
    »Und Sie sind nie ertappt worden?«
    »Nun, doch. Einmal.«
    Kershaw zog fragend die Augenbraue hoch. »Timothy?«
    Zielinski nickte. »Er hat spätnachts an Elzbietas Tür geklopft, als ich gerade bei ihr war, nicht lockergelassen und immer wieder ihren Namen gerufen. Also ist sie schließlich an die Tür gegangen, um ihn abzuwimmeln.« Seine Stimme hatte sich zu einem heiseren Flüstern gesenkt.
    Timothys Schwärmerei für Ela hatte offenbar an Stalking gegrenzt, dachte Kershaw. »Das war sicher eine heikle Situation. Also hat er sich ins Zimmer gedrängt?«, erkundigte sie sich.
    »Nein, nein. Nach einer Weile ist es ihr gelungen, ihn zum Gehen zu überreden. Aber sie sagte, er habe sich immer wieder umgeschaut«, erwiderte Zielinski und betrachtete seine Hände. »Da ist uns klar geworden, dass er den Stuhl am Fußende des Bettes gesehen haben muss …«
    »Wo Sie Ihr …« Da Kershaw nicht wusste, wie man den Kummerbund nannte, den er zu seiner Soutane trug, wies sie auf ihre Taille.
    »Meine

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