Sündenfall: Roman (German Edition)
geschehen war, war er auf dem Badezimmerfußboden zusammengeschlagen worden. Beim Aufstehen spürte Janusz ein Stechen an seiner allmählich heilenden Rippe.
Diesmal nicht, du Scheißkerl , dachte er sich. Er griff nach etwas, das sich als Waffe benutzen ließ, kroch über den Teppich und bezog hinter der halb offenen Wohnzimmertür Stellung. Sein Atem ging flach und stoßweise.
Er hörte ein Knarzen, als der Eindringling über die Schwelle trat, und sah einen Kopf vorsichtig um die Tür lugen. Die leere Bierflasche traf den kurz geschorenen Schädel mit einem Geräusch, das an eine Kirchenglocke mit Riss erinnerte, und der Mann sackte in sich zusammen. Janusz spürte, wie der Puls ihm in den Ohren dröhnte. Er tänzelte auf den Fußballen, bereit, dem Mann noch eine zu verpassen, falls er versuchen sollte aufzustehen. »Heute keine Maske, skurwysynie ?«, knurrte er und drehte den Mann auf den Rücken, indem er ihn am Kragen seiner Jeansjacke packte.
Unsanft drückte er die Arme herunter, die der Eindringling schützend vors Gesicht hielt – und fuhr erschrocken zurück. Anstelle der zusammengedrängten Gesichtszüge und eng stehenden Augen, die er von Adamskis Videoaufnahmen kannte, hatte er ein schmales, gebräuntes Gesicht vor sich, das an eine mittelalterliche Ikone erinnerte. Außerdem war der Mann mager und hatte Arme wie Stöckchen, während der maskierte Angreifer – und der Kerl, den er durch Danzig gejagt hatte – den Körperbau eines Bodybuilders besaß.
»Wer zum Teufel bist du?«, fragte Janusz und stellte dem Mann einen Fuß auf die Brust. »Hat Adamski dich geschickt?«
Der Mund des Mannes stand offen, und er rang noch immer nach Atem.
»Ich bin Adamski«, stieß er mit heiserer Stimme hervor.
Janusz’ Faust mit der Bierflasche sank zur Seite, während sein Verstand versuchte, diese neue Information zu verarbeiten.
»Schwachsinn.« Janusz stieß den Mann mit dem Stiefel in die Rippen.
»Ich bin hier, weil ich gehört habe, dass du mich suchst«, beharrte der Mann. Sein holperiger, bäuerlicher Akzent erinnerte Janusz an Tadeusz Krajewski, Adamskis ehemaligen Arbeitgeber in Gorodnik.
Janusz durchsuchte ihn grob – er war sauber – und setzte sich dann aufs Sofa, ohne den schlaksigen Fremden aus den Augen zu lassen. Als er mit der leeren Bierflasche auf den Sessel wies, rappelte der Mann sich auf. Mit einem ängstlichen Blick auf den Hünen betastete er die Beule an seinem Kopf, wo die Flasche ihn getroffen hatte, und wich in Richtung Sessel zurück.
»Könnte ich vielleicht auch eins haben?«, fragte er und beäugte durstig die Flasche.
»Kurwa ma ć !« , stieß Janusz hervor. »Erst brichst du bei mir ein, und dann erwartest du von mir, dass ich für dich den Scheiß-Barkeeper spiele?«
Der Mann zuckte die Achseln. »Ich habe gehört, dass du mich suchst«, wiederholte er. Herrje! , dachte Janusz. Der Kerl war ein echter burak – ein dummer Bauer und Hinterwäldler.
»Du weißt nicht, wie man eine Türklingel benutzt, idiota ?«
»Ich werde verfolgt«, antwortete er und sah sich unwillkürlich um. »Ich muss vorsichtig sein.«
Janusz musterte das Gesicht des Fremden. »Du behauptest also, dass du Adamski bist. Woher kommst du?«
»Gorodnik«, erwiderte der Mann, berührte seine Brust und grinste mit offensichtlichem Stolz.
»Bei wem hast du gearbeitet, bevor du weg bist?«
»Tadeusz Krajewski.«
»Wo ist Wietold Struks Haus?«
Das Grinsen verschwand, und ein düsterer Ausdruck legte sich auf das schmale Gesicht.
»Kosyk«, murmelte er. Seine Finger betasteten wieder die Beule am Kopf.
Janusz runzelte die Stirn. Wenn dieser Mann sich in Gorodnik mit Adamski herumgetrieben hatte, wusste er diese Dinge vermutlich. Im nächsten Moment fielen ihm Tadeusz’ und Adamskis Angelausflüge ein.
Er zündete sich eine Zigarre an. »Du hast einmal mit Tadeusz einen dicken Karpfen gefangen«, sagte er. »Und ihr habt ihm einen Spitznamen gegeben.«
Der Mann schlug die Stirn in Falten.
»Nein, es war kein Karpfen«, widersprach er mit einem feierlichen Kopfschütteln. »Sondern ein Hecht.« Beim Grinsen war zu erkennen, dass einer seiner Schneidezähne durch einen Goldzahn ersetzt worden war. »Wir haben ihn Wladimir genannt, wegen Putin.«
Heilige Muttergottes! Offenbar war dieser Kerl wirklich echt! Janusz versuchte, seine Gedanken zu ordnen, die im Moment durcheinanderwirbelten wie aufgeschreckte Hühner. Wenn dieser Typ Adamski ist, wer ist dann der Kerl mit Hut? Und warum, bei
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