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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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Schärpe.« Er schloss die Augen und verzog gequält das Gesicht.
    Kein Wunder, dass Timothy mir aus dem Weg geht, sagte sich Kershaw. Er möchte seinem Rektor nichts anhängen. Außerdem erklärte es, warum er so zornig gewirkt hatte, als er von Elas Zurückweisung und ihrem Vorwand berichtete, sie wolle lieber keusch leben.
    »Hat Elzbieta je einen Freund namens Pawel erwähnt?«
    Zielinski starrte sie erstaunt an. »Sie kannte einen Pawel«, antwortete er zögernd. »Als wir in Polen waren, ist das Orchester auch in einer Ortschaft namens Gorodnik aufgetreten. Ich war an diesem Abend in Danzig und aß mit dem Bischof zu Abend …« Er schloss die Augen, und seine Lippen zitterten. »Muss das, was ich Ihnen jetzt erzähle, an die Öffentlichkeit kommen?«, fragte er. Offenbar wurden ihm die möglichen Folgen seines Handelns zum ersten Mal klar.
    Kershaw bekam ein wenig Mitleid mit ihm. Dann jedoch sah sie Elas kupferrotes Haar auf der Bahre aus Edelstahl vor sich und erinnerte sich an den Liebesroman und das Lebkuchenherz in ihrem Zimmer. War es ein Wunder, dass Ela, die so jung die Eltern und dann auch noch ihre Tante und Adoptivmutter verloren hatte, ihrem attraktiven Tutor verfallen war? Vaterfigur und verbotener Liebhaber in einem – vermutlich eine verführerische Kombination für eine unerfahrene junge Frau.
    »Wenn Sie weiter mit uns zusammenarbeiten, tun wir unser Bestes, damit die Informationen vertraulich bleiben«, erwiderte sie und wich seinem Blick aus.
    Er holte tief Luft. »Als ich in jener Nacht zu ihr ins Hotelzimmer kam, merkte ich ihr an, dass sie etwas bedrückte«, sagte er. »Anfangs wollte sie nicht heraus mit der Sprache, doch dann hat sie mir alles gestanden. Als sie nach dem Konzert ihre Geige wegpackte, war sie von jemandem angesprochen worden, einem Mann, den sie vor vielen Jahren einmal gekannt hatte.«
    »Pawel.«
    »Einen Namen hat sie nicht genannt.« Zielinski senkte den Blick.
    Kershaw hielt inne. »Aber Sie haben vermutet, dass es Pawel war, weil Sie die Tätowierung gesehen hatten?«
    Er nickte und senkte die Augen. »Sie erzählte, er habe darauf gedrängt, wieder an ihre Freundschaft anzuknüpfen, doch sie wolle ›diesen Teil ihres Lebens ‹ einfach nur vergessen.«
    »War er ein Exfreund?«, hakte Kershaw nach. »Hat sie ihn in London kennengelernt? Oder während eines Urlaubs in Polen?«
    Zielinski schüttelte den Kopf. »Mehr hat sie mir nicht verraten. Sie hat ihn nie wieder erwähnt.«
    »Sprechen wir noch einmal über Ihre Beziehung mit Elzbieta«, meinte Kershaw nach einer Pause. »Wann genau haben Sie sich zuletzt mit ihr getroffen?«
    Er betrachtete seinen Schoß. »Was ich getan habe, ist unverzeihlich.« Er sprach so leise, dass sie sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. Als er den Kopf hob, war sein Augenausdruck so verzweifelt, dass Kershaw wusste, da würde noch mehr kommen – kein Mordgeständnis vielleicht, aber etwas fast ebenso Schwerwiegendes.
    Ihr blieben nur Sekunden, um sich den nächsten Schachzug zu überlegen. Im Moment empfand Zielinski hauptsächlich Reue. Doch sein Impuls, alles zu vertuschen, um sich selbst zu schützen, konnte jeden Moment zurückkehren. Sie betrachtete das goldene Kreuz über dem Altar. »Elzbieta zu verlieren und sich niemandem anvertrauen zu können«, begann sie mit bemüht sanfter Stimme, »das muss in den letzten Wochen eine Marter für Sie gewesen sein.«
    »Ja, war es«, antwortete er und folgte ihrem Blick.
    »Darüber zu sprechen fühlt sich sicher an, als würde eine große Last von Ihren Schultern genommen.«
    Erstaunt über ihren anteilnehmenden Tonfall, drehte er sich zu ihr um.
    »Sie haben Elzbietas Leiche gefunden, richtig, Pater?«
    Zielinski fuhr zusammen und schnappte nach Luft.
    »Sie lag auf dem Bett und starrte zur Decke«, sagte er, den Blick noch immer auf das Kreuz gerichtet. »Sie war nackt. Ihre Haut war zwar noch nicht ganz kalt, aber als ich Puls und Pupillen überprüft habe … sie war eindeutig tot.«
    »Was hat Sie so sicher gemacht?«, hakte Kershaw nach – ob Ela wirklich tot gewesen war, würde vor Gericht eine wichtige Rolle spielen.
    »Ich war zehn Jahre lang Gemeindepriester«, antwortete er, »und habe viele Verstorbene gesehen.« Seine Stimme war inzwischen fester. »Wenn ich der Versuchung widerstanden hätte, wäre sie noch am Leben. Sie hätte sich niemals dazu getrieben gefühlt, so etwas Schreckliches zu tun.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Kershaw.
    »Auf dem Nachttisch

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