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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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den Zugangscode zu Elas Wohnheim auswendig.
    Zum damaligen Zeitpunkt hatte Kershaw nicht weiter darüber nachgedacht, da sie geglaubt hatte, dass der Code auf dem gesamten Campusgelände galt. Nun jedoch tauchte die Erkenntnis, dass jedes Gebäude seinen eigenen Code hatte, die Gedächtnisleistung des Monsignore in ein ganz neues – und verdächtiges – Licht. Kershaw konnte sich keinen einzigen Grund vorstellen, warum der Rektor eines Colleges die Zugangscodes zu den Studentenwohnheimen im Kopf haben sollte – zumindest keinen legitimen.
    Zu Anfang hatte Zielinski eigenartigerweise getan, als habe er den Namen Ela Wronska noch nie gehört, und das, obwohl er sogar einmal ihr Tutor gewesen war. Kershaw kam zu dem Schluss, dass dieser Umstand gerade eine völlig neue Bedeutung gewonnen hatte.
    Kurz darauf stand sie wieder auf dem Flur vor Elas Zimmer und schlüpfte in Schutzanzug und Überschuhe. Als sie sich unter dem blauweißen, quer über den Eingang gespannten Band hindurchgeduckt hatte, stellte sie fest, dass das Bett des Mädchens abgezogen und von der Wand gerückt worden war.
    Dave kauerte, die Taschenlampe in der Hand, hinter dem Kopfbrett des Bettes und drehte sich mit einem breiten Grinsen zu ihr um. »Kommen Sie und schauen Sie sich das an«, sagte er.
    Er richtete den Lichtstrahl auf die Rückseite des Kopfbretts, wo Fingerabdruck-Pulver funkelte. Kershaw ging in die Knie, bis sie mit ihm auf Augenhöhe war. »So makellose Spuren findet man nicht oft«, stellte er ehrfürchtig fest. Im silbrigen Staub zeichneten sich deutlich die Abdrücke von vier Fingerkuppen ab. Die Kringel und Kanten waren so klar wie auf einer Wanderkarte.
    »Die Vorderseite ist ordentlich abgewischt worden, doch die Rückseite wurde vergessen.« Er schloss die Finger um die Kante des Kopfbretts, um zu demonstrieren, wie die Abdrücke dorthin geraten waren, und sah Kershaw in die Augen. Die Anspielung war unmissverständlich: Die Fingerabdrücke stammten offenbar von einem Menschen, der beim Geschlechtsverkehr in Elas Bett oben gelegen hatte.
    Mit klopfendem Herzen setzte sich Kershaw auf den Rand der Matratze. Falls sich ihr Verdacht wegen des Zugangscodes erhärtete, war es durchaus möglich, dass es sich um die Abdrücke des Monsignore handelte. Als Mörder konnte sie ihn sich nicht so recht vorstellen – wie sollte ein katholischer Priester in den Besitz einer relativ unbekannten, auf der Straße gehandelten Droge wie PMA kommen? –, aber dennoch war es ein verdammt wichtiger Hinweis. »Ich bin Ihnen einen ordentlichen Drink schuldig, Dave«, meinte sie grinsend. »Aber zuerst habe ich eine dringende Verabredung mit einem Mann Gottes.«
    Zielinskis Sekretärin teilte Kershaw mit, sie werde den Monsignore in der College-Kapelle antreffen, wo er sich auf das Nachmittagsgebet vorbereitete. Der weiß gestrichene Raum war mit Möbeln aus hellem Holz ausgestattet und erinnerte Kershaw an eine Abbildung in einem IKEA -Katalog. Zielinski, inzwischen mit einem weißen Gewand und einer Art Poncho aus cremefarbener Seide bekleidet, kniete vor dem Altar. Kershaw blieb neben der vordersten Sitzreihe stehen, doch offenbar hatte er sie gehört, denn er stand auf, bekreuzigte sich und drehte sich zu ihr um.
    Obwohl sein Lächeln so selbstbewusst war wie immer, glaubte Kershaw, einen argwöhnischen Ausdruck in seinen Augen zu erkennen.
    »Gute Nachrichten«, flötete sie. »Wir haben in Ela Wronskas Zimmer einige ausgezeichnete Fingerabdrücke sichergestellt. Deshalb würde ich Ihr Angebot gerne annehmen.«
    »Angebot?«, wiederholte Zielinski. Sein Lächeln verblasste ein wenig.
    »Ich fahre Sie zum Revier«, sprach Kershaw weiter, »damit Sie der Erste sein können, der uns Fingerabdrücke und eine DNA -Probe abliefert.«
    »Jetzt?«, fragte er und riss die Augen so weit auf, dass sie das rot geäderte Weiße rings um seine Iris sehen konnte.
    »Wir wollen doch so schnell wie möglich herausfinden, was Ela zugestoßen ist, oder?«, gab sie zurück.
    Zielinski musterte den bunten runden Lichtpunkt, den das Fenster über dem Altar auf den Boden warf. »Wo haben Sie diese Fingerabdrücke gefunden?«, fragte er.
    »Hinten am Kopfbrett ihres Bettes«, erwiderte sie. »Sie wurden offensichtlich von einem Sexualpartner hinterlassen.« Sie schwenkte klimpernd ihre Autoschlüssel.
    Zielinski zögerte. »Ich helfe Ihnen natürlich gern«, entgegnete er so würdevoll wie möglich. »Doch wie Sie sehen, haben Sie mich kurz vor einem Gottesdienst

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