Sündenfall: Roman (German Edition)
allen Heiligen, verfolgt er mich?
»Glückwunsch«, zischte Janusz. »Dann bist du also der Bursche, der ein unschuldiges Mädchen entführt hat, um es als Pfand bei einer miesen Erpressung zu benutzen.« Er zog an seiner Zigarre. »Der einzige Grund, warum ich dir nicht den dummen Bauernschädel einschlage, ist, dass wir beide noch einiges zu bereden haben.«
Das Wichtigste war herauszufinden, wo Weronika steckte. Vielleicht würde der Mann sich ja verplappern, wenn er ihn unter Alkohol setzte.
Janusz stand auf. »Sitzen bleiben«, befahl er und zeigte mit dem Finger drohend auf Adamski. »Ich hole dir ein Bier.«
Auf dem Weg in die Küche, wo er einen Sechserpack Tyskie aus dem Kühlschrank nahm, ließ er den Mann nicht aus den Augen. Beim Anblick des weit offenen Küchenfensters fluchte er leise vor sich hin. Nach dem letzten ungebetenen Gast hatte er sich angewöhnt, es zu schließen, bevor er zu Bett ging. Doch da er wie ein Rentner auf dem Sofa eingenickt war, war er völlig schutzlos gewesen. Und jetzt war schon wieder ein Schwachkopf einfach die Feuertreppe hinauf und in seine Wohnung spaziert. Er knallte den Kühlschrank zu. Da kann ich ja gleich eine Fußmatte mit der Aufschrift »Willkommen« vors Fenster legen , dachte er.
Adamski nahm einen kräftigen Schluck von dem Bier, das Janusz ihm reichte, kramte ein zerknittertes Zigarettenpäckchen aus der Tasche seiner Jeans hervor und zündete sich eine an.
»Erste Frage«, begann Janusz und öffnete zischend seine Bierdose. »Warum bist du hier eingebrochen?«
»Ein Freund hat mich angerufen und mir erzählt, dass du dich nach mir erkundigt hast – dass du eine Art detektyw bist«, erwiderte Adamski. »Also bin ich gekommen, um dir zu sagen, dass du uns in Ruhe lassen sollst – bevor wir deinetwegen noch umgebracht werden!«
»Wir? Meinst du damit dich und Weronika?«, hakte Janusz ungläubig nach. »Du bist doch derjenige, der gedroht hat, sie zu töten!«
Adamski sprang auf. Sein Gesicht war rot vor Zorn. »Niemals würde ich Nika wehtun!«, schrie er. »Lieber würde ich selbst sterben als zulassen, dass ihr jemand auch nur ein Haar krümmt.«
Janusz pustete eine träge Rauchwolke aus und wartete ab, bis sein Gast sich beruhigt hatte. »Gut, dann sehen wir mal darüber hinweg, dass du gedroht hast, sie zu ermorden«, meinte er. »Aber vielleicht könntest du einem Dummkopf wie mir erklären, wie man ein junges Mädchen beschützt , indem man es benutzt, um den eigenen Vater zu erpressen.«
Adamski schüttelte den Kopf. »Dazu kann ich nichts sagen«, entgegnete er mit leiser Stimme.
»Ich kenne die ganze Geschichte«, knurrte Janusz. »Du hast gedroht, ihn zu ruinieren.«
»Vielleicht habe ich das«, murmelte Adamski und reckte trotzig den Kiefer. »Aber jetzt ist alles anders.«
Janusz musterte ihn argwöhnisch. »Hat sich etwas geändert, seit du Weronika überredet hast, aus Pani Tosiks Restaurant zu verschwinden?«
Er zuckte nur die Achseln und verschränkte die Arme.
»Du hast dich in sie verliebt, richtig?«, stellte Janusz fest, als ihm allmählich die Wahrheit dämmerte. »Das hat die Dinge sicher verkompliziert.«
Adamski versuchte – vergeblich –, das Lächeln zu unterdrücken, das sich beim Gedanken an dieses umwälzende Wunder, das ihm vor nur wenigen Wochen zuteilgeworden war, auf seinem Gesicht ausbreitete.
Janusz starrte ihn entgeistert an. Dieser Abend steckte offenbar voller Überraschungen. Er hatte noch kaum die Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass es nicht Adamski war, der ihn verfolgt hatte. Und nun grinste der Kerl wie ein liebeskranker Schuljunge – wegen des Mädchens, das er eigentlich hatte umbringen wollen.
»Warum hast du Justyna bedroht?«, fragte er und erinnerte sich an die Angst in ihren Augen, die er an dem Abend, an dem er sie nach Hause begleitet hatte, nicht richtig hatte deuten können.
Adamski verzog das Gesicht, als er den Namen hörte. »Die konnte mich noch nie leiden und wollte ständig zwischen mir und Nika Unfrieden stiften – du kennst diese Sorte Weiber ja.«
»Könnte es daran liegen, dass du versucht hast, sie anzubaggern, obwohl du mit ihrer Freundin gegangen bist?«
Adamski wand sich verlegen. »Das war, bevor …«
»Bevor du dich in Weronika verliebt hast?«
Ein Nicken. »Du glaubst doch nicht etwa, dass ich Justyna umgebracht habe?«
»Woher weißt du, dass sie tot ist?«, gab Janusz zurück.
»Ich habe es in der Metro gelesen.« Er verzog den Mund.
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