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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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ich kein Wort gegen ihn gesagt, schließlich bin ich nicht ihre Mutter. Aber dann, eines Abends, als Nika gerade auf der toaleta war, hat er mir die Hand unter den Rock geschoben! Hat der Typ vielleicht Nerven!«
    »Haben Sie es ihr gesagt?«
    »Ich habe es versucht, aber sie hat mir nicht geglaubt und gemeint, es sei sicher nur ein Scherz gewesen. Sie ist einfach verrückt nach ihm. Außerdem müssen Sie eines wissen, um Nika zu verstehen: Sie ist bogu ducha winien .« Ihre Formulierung – unschuldig wie ein Lamm – brachte Janusz zum Schmunzeln. Seine Mutter hatte sie auch oft benutzt.
    »Wo arbeitet er denn?« Falls Justyna nicht wusste – oder ihm nicht verraten wollte –, wo die beiden wohnten, konnte er sie vielleicht auf diesem Weg aufspüren.
    Sie spielte an ihrem Strohhalm herum und zuckte die Achseln. »Das ist ein großes Geheimnis. Am Anfang hat Nika mir erzählt, dass er Bauarbeiter ist, einer von denen, die am Straßenrand stehen und warten, bis ein irischer Boss sie anstellt.« Janusz nickte. Früher hatte er sich selbst manchmal auf diese erniedrigende Weise angeboten. »Aber dann hat er angefangen, mit dem Geld um sich zu werfen. Er hat Nika in teure Restaurants eingeladen, sich eine dicke Stereoanlage und auffällige Klamotten gekauft und sich aufgeführt wie ein Gangster.«
    »Vielleicht hat er ja gewonnen – Internetpoker, Fußballwetten.«
    »Genug für einen nagelneuen BMW ?«, fragte sie mit aufgerissenen Augen. »Er hat behauptet, dass er mit antiken Möbeln handelt.« Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus.
    »Und woher hatte er Ihrer Ansicht nach das smalz ?«
    Bei dieser Frage senkte sich ein unergründlicher Ausdruck über ihr Gesicht, und ihr Blick wanderte den Tresen entlang, wo sich das Lokal allmählich füllte.
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie nach einer Pause. »Ich hoffe nur, dass Nika sich nicht in Schwierigkeiten bringt.«
    Während Janusz am Tresen auf Getränkenachschub wartete, musterte er die Gäste im Club. Sie waren um die zwanzig und zum Großteil Polen, doch es waren auch ein paar Engländer darunter, zumeist gut angezogen und manierlich. Sein Blick fiel auf eine Gruppe, die an einem Tisch neben dem Tresen saß. Zwei Jungen und zwei Mädchen, in ein angeregtes Gespräch vertieft. Sie redeten und lachten ein wenig zu laut. Außerdem fiel ihm auf, dass sie einander ständig berührten, sich am Arm tätschelten oder über die Wange strichen. Vielleicht war es nur die aufgekratzte gute Laune unter guten Freunden, die sich zum ersten Mal einen Schwips antranken. Vielleicht aber auch nicht. Der älteste Junge war höchstens achtzehn, und die beiden kichernden Mädchen sahen trotz ihres Make-ups kaum alt genug aus, um überhaupt legal Alkohol trinken zu dürfen.
    Er bestellte, legte einen Zwanziger auf den Tresen und ging zur Toilette. Nachdem er das Urinal benutzt hatte, blieb er am Waschbecken stehen, kämmte sich vor dem Spiegel die Haare und hoffte, dass niemand ihn für einen pedzio , einen Schwulen, halten würde. Wie erwartet, erschien ein oder zwei Minuten später ein kahl geschorener, magerer Junge mit Kapuzenjacke am Waschbecken neben ihm, drehte den Wasserhahn auf und tat, als wüsche er sich die Hände.
    »Interesse an Mitsubishi-E?«, fragte er auf Polnisch, ohne sich umzudrehen.
    Janusz hatte den starken Verdacht, dass es sich nicht um einen Gebrauchtwagen handelte. Er steckte den Kamm ein und zog fragend die Augenbraue hoch.
    »Toller Stoff«, beharrte der junge Mann. »Doppelte Stärke …« Im nächsten Moment wurde das Verkaufsgespräch unterbrochen, als sein Gesicht schmerzhaft mit dem Spiegel in Kontakt kam.
    »Was soll die Scheiße …« Mit offenem Mund starrte er auf sein verzerrtes Spiegelbild und zog an seinem Nacken, wo Janusz’ eisenharte Faust die verdrehte Kapuze umklammerte.
    Janusz schüttelte den Kopf und versetzte ihm wegen des Kraftausdrucks noch einen kleinen Schubs.
    »Ein guter Rat, mein Freund. Der Laden hier wimmelt von verdeckten Ermittlern. Offenbar verkauft irgendein Dreckskerl Drogen an Jugendliche.«
    Der Junge versuchte, sich Rotz und Blut von der Nase zu wischen.
    »Also würde ich dir empfehlen, mit deinem … Unternehmen ins West End umzuziehen und dein Geschäftskonzept, an Leute unter einundzwanzig zu verkaufen, noch einmal zu überdenken.« Janusz beugte sich vor, bis er auf Augenhöhe mit dem Typen war, und betrachtete ihn im Spiegel. »An deiner Stelle«, fuhr er leise fort, »würde ich mir vorher den Führerschein zeigen

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