Sündenfall: Roman (German Edition)
verheimlichen!
Als er seine Verwirrung im Griff hatte, drehte er sich zu Nowak um.
»Also war die scharfe fünfzehnjährige Blondine Weronikas Mama«, meinte er. »Hat das Mädchen Adamski das große Familiengeheimnis verraten, als sie anfingen, miteinander zu gehen?«
»Nein, nein«, erwiderte Nowak. »Laut Edward kennt Weronika die Wahrheit nicht. Sie glaubt, ihr tata sei tot. Er hat sich immer um die beiden gekümmert, Geld geschickt und sie regelmäßig besucht. Offenbar ist ihm das Kind sehr ans Herz gewachsen. Und Mama hat sich an die Vereinbarung gehalten. Für das kleine Mädchen war er immer nur Onkel Edek.
Als Nika älter wurde und Edward immer häufiger im Fernsehen auftrat, hat sie angefangen, vor ihren Freundinnen mit ihrem berühmten Onkel anzugeben. Da die Wahl näher rückte, beschloss er, dass es das Sicherste sei, sie nach London zu schicken, zumindest für eine Weile, nur für den Fall, dass die Presse Wind davon bekommen und eins und eins zusammenzählen sollte. Pani Tosik ist eine alte Freundin und hat dem Mädchen gern Arbeit und ein Dach über dem Kopf gegeben.«
Janusz hatte Mühe, diesen Ansturm von Informationen zu verarbeiten, insbesondere deshalb, weil sein Schädel wieder zu pochen angefangen hatte. Er presste die Hände an die Schläfen. »Weiß Pater Pietruzki, dass Zamorski eine uneheliche Tochter hat?«
Nowak nickte. »Ich glaube, die Kirche ist toleranter, als wir es ihr zutrauen. Edward hat schon vor vielen Jahren mit seinem Beichtvater über dieses … Kind der Liebe, wie es heute heißt, gesprochen.«
»Würden Sie mich bitte einen Moment entschuldigen?«, sagte er und stützte sich mit muskulösen Armen – den Armen eines Stahlarbeiters – hoch. Seine Zigarette ließ er brennend im Aschenbecher liegen.
Janusz erinnerte sich an den leeren Bilderrahmen in Weronikas Zimmer – vielleicht war ja ein Foto von Onkel Edek darin gewesen, das sie nicht hatte zurücklassen wollen. Er hatte Mitleid mit ihr. Die arme naive kleine Nika, die glaubte, die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben. Stattdessen war sie Opfer eines hinterhältigen Betrugs geworden. Er gestattete sich keine Zweifel daran, dass er sie aufspüren und vor Adamski retten würde. Aber was dann? Würde sie es je verkraften, dass sie so skrupellos verraten worden war?
Er war noch immer in Gedanken versunken, als Nowak zurückkehrte und ein Glas Wasser und einige Tabletten vor ihn auf den Tisch stellte. »Aspirin«, verkündete er und setzte sich dann mit den vorsichtigen Bewegungen eines Menschen, der nicht länger jung ist.
»Dzi ę kuj ę bardzo« , sagte Janusz und spülte die Tabletten hinunter. »Aber eines verstehe ich nicht«, meinte er, während er das leere Glas wegstellte. »Wie hat Adamski erfahren, dass Weronika Zamorskis Tochter ist, wenn sie selbst es nicht wusste?«
»Edward hat keine Ahnung.« Nowak zuckte die Achseln. »Doch irgendwie hat Adamski eine Geburtsurkunde in die Finger gekriegt, in der er als Vater aufgeführt ist – und ihm eine Fotokopie mit einer Geldforderung geschickt. Anfangs hat er gezahlt, ein paar Tausender, in der Hoffnung, dass er wieder verschwindet.«
Janusz und er wechselten einen spöttischen Blick. »Natürlich wurden die Geldforderungen nur höher. Und dann platzte die Bombe: ein schmutziges Foto von Weronika.« Er presste die Lippen zusammen, das erste Mal, dass er sich seine Wut anmerken ließ.
Janusz’ Blick wurde zornig. Da er die pornografischen Aufnahmen kannte, hatte er sich etwas Ähnliches schon gedacht.
»Edward hat mir den Brief am Telefon vorgelesen«, sprach Nowak weiter. »Darin stand, Adamski habe ›Spaß dabei, sein kleines Mädchen zu ficken‹, entschuldigen Sie. Wenn er ihm nicht eine halbe Million Euro schicken würde, würde er sie umbringen.«
»War Adamski damals schon mit Weronika durchgebrannt?«
Nowak nickte und wedelte mit der Hand. »Spurlos verschwunden.«
Janusz fiel etwas ein. »Hat Zamorski sonst noch jemanden mit der Suche beauftragt?«
Nowak schüttelte den Kopf. »Gütiger Himmel, nein. Je weniger Leute von dieser unschönen Angelegenheit wissen, desto besser für Edward.«
Janusz beschloss, seinen Verdacht, dass Adamski von einer Bande verfolgt wurde, vorerst für sich zu behalten; er brauchte Zeit, um all das zu verarbeiten und zu entscheiden, ob es etwas an seinem Beschluss änderte.
»Was erwarten Sie von mir?«, fragte er. »Natürlich, dass ich das Mädchen aus Adamskis Gewalt befreie.« Nowak nickte. »Und
Weitere Kostenlose Bücher