Sündenfall: Roman (German Edition)
vermutlich, dass ich die Geburtsurkunde vernichte. Doch wer hindert ihn daran, sich eine neue zu besorgen?«
»Laut Edward existiert das Original nicht mehr.« Nowak zog spöttisch die Augenbraue hoch. »Sie wissen doch – Politiker haben immer einen Freund in der richtigen Behörde.« Er schnitt eine angewiderte Grimasse. »Es ist eine scheußliche Sache. Ja, Edward mag Fehler gemacht haben, aber er hat es nicht verdient, dass ein Kerl wie Adamski ihm die Zukunft ruiniert.«
»Und Adamski kommt ungeschoren davon? Nach dem, was er mit Justyna gemacht hat?«, hakte Janusz mit vor Zorn heiserer Stimme nach.
Nowak schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Auf gar keinen Fall«, entgegnete er in schneidendem Ton. »Das darf nicht passieren. Offenbar besteht zu Hause ein Haftbefehl gegen Adamski – er hat versucht, einen alten Mann zu zwingen, ihm irgendwelche antiken Möbel zu verkaufen. Als der sich geweigert hat, hat er ihn ziemlich in die Mangel genommen.«
Er hob den Zeigefinger. »Wenn Sie den Schweinekerl finden, wird Edward dafür sorgen, dass er ausgeliefert wird, und dann wandert er ins Gefängnis. Selbst wenn die englische Polizei nachweisen kann, dass Adamski mit Justyna zusammen war, als sie starb, wird er vermutlich nur wegen der Drogensache angeklagt.« Er zuckte die Achseln. »Und wie viel kriegt man hierzulande dafür? Bewährung und ein paar Wochen Hundescheiße-Aufsammeln im Park.«
Er hatte recht, dachte Janusz. In Polen würde Adamski zu einer um einiges höheren Strafe verurteilt werden – und das Gefängnis würde nur wenig Ähnlichkeit mit einem Universitätscampus haben. Er erschauderte, als plötzlich eine Erinnerung in ihm aufstieg: das Verhörzimmer in Montelupich. Wie es dort ausgesehen hatte, wusste er kaum noch, doch den Geruch – ein metallischer Gestank nach Blut und Schweiß, überdeckt von Putzmittel – würde er wohl niemals loswerden.
Nowak versuchte, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. »Sie sind ein ehrenwerter Mann, und ich weiß, dass Sie Ihre Entscheidung nicht von finanziellen Erwägungen abhängig machen werden …« Er zögerte. »Allerdings ist es Edward ein Herzensanliegen, dass Sie genügend Geld haben, um erfolgreich weiterzuermitteln.« Er griff in die Tasche seiner Windjacke, holte einen braunen Umschlag heraus und hielt ihn Janusz mit verlegener Miene hin. »Er hat das Honorar, das Pani Tosik Ihnen bezahlt hat, verdoppelt. Nachdem alles erledigt ist, erhalten Sie noch einmal die gleiche Summe. Sie brauchen sich nicht sofort zu entscheiden – falls Sie es sich anders überlegen, geben Sie Pater Pietruzki das Geld einfach zurück.«
Janusz überlegte kurz und nahm den Umschlag dann mit einem Nicken entgegen.
Nowak begleitete ihn zur Tür. »Ich bezweifle, dass wir beide eine hohe Meinung von Politikern haben«, sagte er und musterte Janusz forschend. »Und da Edward mein Freund ist, bin ich vielleicht voreingenommen. Doch eines steht für mich fest. Er hat stets den schwereren Weg gewählt, wenn er auch den einfacheren hätte nehmen können, und ich denke, Sie sind auch so ein Mann.«
Unten spähte Janusz zur Tür des Salons hinein und hielt Ausschau nach Pater Pietruzki. Die Gäste waren ausgelassener geworden und sprachen und lachten lauter und schriller. Er stellte fest, dass sich die Gräfin Jagielska auf den Arm eines überheblich grinsenden Geschäftsmanns stützte und ihn offenbar mit Anekdoten aus dreihundert Jahren Familiengeschichte unterhielt.
Der Priester stand in einer Ecke und sprach mit einem hochgewachsenen Mann, der eine lange schwarze Soutane mit rosafarbener Schärpe trug und für einen Monsignore erstaunlich jung aussah. Als der Monsignore Janusz bemerkte, legte er Pater Pietruzki die Hand auf die Schulter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Priester blickte in die Richtung, in die er mit dem Finger zeigte, verneigte sich zum Abschied respektvoll und steuerte auf Janusz zu.
Als sie auf die Straße hinaustraten, sah er Janusz mit einem beinahe komisch anmutenden Bedauern in die Augen. Janusz musterte seinen Freund und Beichtvater, dem weiße Haarsträhnen in die Stirn fielen. Ihm war klar, dass er noch eine Weile brauchen würde, um dem verlogenen alten Mistkerl zu verzeihen. Er holte den braunen Umschlag heraus, zählte die Banknoten ab und nahm sich etwa ein Drittel davon – den Betrag, den er in den nächsten Tagen brauchen würde. Den Rest reichte er dem Priester, der ihn überrascht anschaute.
»Ich kümmere mich darum«,
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