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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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er sich hoch. Nachdem er Halt an einem Fensterrahmen gefunden hatte, streckte er die andere Hand nach Iza aus und hielt sie fest. Inzwischen schimmerte ihre Haut zwischen den Sommersprossen bläulich wie Magermilch, doch sie erwiderte seinen Blick, und sein Herz floss über.
    Er fing an, sie hochzuziehen wie einen hartnäckigen Korken aus einer Flasche. Ihre Schultern tauchten aus der Menschenwoge auf, doch dann drängte die Menge weiter. Er bemerkte, dass ihre Miene ausdruckslos wurde, und ihr Griff um seine Hand lockerte sich. Verzweifelt wollte er sie am Handgelenk fassen. Doch im selben Moment kippte der Teil des Pulks, in dem sie stand, zur Seite. Ein halbes Dutzend Menschen fiel und riss Iza mit.
    Später fanden seine Freunde Janusz inmitten der Trümmer der Demonstration, während Sanitäter die Verwundeten versorgten und reglose Körper auf Lebenszeichen untersuchten.
    Er lehnte zusammengesackt an der Wand unter dem Sims, umgeben von zerrissenen Fahnen, Mützen und Schuhen – unter Schock und sprachlos, aber unverletzt, und noch immer Izas Handschuh in der Hand.
    Janusz stellte fest, dass das Glas Tee in seiner Faust inzwischen kalt geworden war. Kasia musterte erschrocken sein Gesicht.
    »Alle fanden es seltsam, dass ich nie gefragt habe, was aus ihr geworden ist.« Er zuckte die Achseln. »Als ob das nötig gewesen wäre.«
    »Und Marta?«, fragte Kasia nach einer Weile.
    »Sie war Izas beste Freundin. Wir haben uns wahrscheinlich aneinandergeklammert, um zu überleben. Sechs Wochen später haben wir geheiratet. Ein Wahnsinn.«
    In diesem Moment kehrte Ray, Kasias Chef, zurück.
    »Was soll das hier werden, eine polnische Teeparty?«, sagte er in seinem blechernen Londoner Akzent, ohne zu bemerken, dass er gerade in einen ernsten Moment hineingeplatzt war. Er grinste so unangenehm und schadenfroh wie immer. »Hältst du mein Personal von der Arbeit ab, Janek?«
    Janusz verabscheute Rays plumpe Vertraulichkeit und dass er ihn mit seinem Kosenamen ansprach. Aber er konnte ihn kaum deswegen zurechtweisen – nicht, weil er ein guter Kunde im Alkoholgeschäft, sondern weil er Kasias Boss war. Dennoch konnte Janusz Ray nicht ausstehen. Er sagte sich, es liege daran, dass er einen Mann, der sich von Frauen durchfüttern ließ, einfach nicht achten konnte. Doch hin und wieder vermutete er den Grund seiner Abneigung darin, dass Ray Kasia überredet hatte, fremden Männern für Geld ihre pizda zu zeigen.
    Kasia erhob sich würdevoll von ihrem Barhocker. »Ich bin mit der Inventur schon fertig«, erwiderte sie auf Englisch. »Außerdem habe ich Rentokil wegen der Mäuse angerufen und einen Betrunkenen an die Luft gesetzt. Sag mir, was ich sonst noch tun soll, und es wird sofort erledigt.« Mit diesen Worten stöckelte sie nach hinten. Janusz blickte ihr bewundernd nach.
    Grinsend nahm Ray auf Kasias Barhocker Platz und hängte seine Lederjacke über die Rückenlehne. »Hattet ihr Streit?«, fragte er und wies mit dem Kopf auf Janusz’ Gesichtsverletzungen. »Ich habe schon immer vermutet, dass die einen guten rechten Haken hat.« Janusz sah ihn finster an, beschloss aber, dass, wer den Schaden hatte, nicht auch noch für den Spott zu sorgen brauchte, und hielt den Mund.
    »Ich saß in einem Taxi, das in einen Unfall verwickelt war«, entgegnete er in einem Tonfall, der nicht zum Nachfragen ermutigte, und trank seinen kalten Tee aus.
    Ray fing an, sich mit einer Visitenkarte die Fingernägel zu putzen. »Ach, übrigens«, sagte er, »du weißt nicht zufällig etwas über einen Typen, der sich hier rumdrückt und mir die Kunden vergrault, oder?«
    Janusz zog höflich interessiert die Augenbrauen hoch. »Nein, warum?«, fragte er und erwiderte Rays durchdringenden Blick.
    »Ich hatte gestern den Anwalt eines Kerls am Telefon. Offenbar läuft hier irgendein Idiot rum, der den Leuten weismacht, wir würden sie in den Kabinen filmen, während sie sich einen runterholen.« Er kicherte. »Und dann würden wir das Ganze bei YouTube oder YouPorn oder irgendwo einstellen.« Er musterte Janusz weiter, der auch zu lachen angefangen hatte.
    »Das muss doch ein Scherz sein«, meinte Janusz kopfschüttelnd. »In London wimmelt es von Spinnern.«
    Offenbar nahm Ray Janusz die Vorstellung ab. »Tja, die Geschäfte laufen sowieso schon beschissen genug, da brauche ich nicht noch mehr Kunden zu verlieren«, antwortete er. »Vor allem, weil ich gehört habe, dass Kasia vielleicht bald aufhört.« Er sah Janusz, der die Stirn runzelte,

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