Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Dinedor-Schlange ins Kreuzfeuer geraten, also muss er möglicherweise über jeden Fund und jeden Planungsschritt Bericht erstatten.»
«Und damit hätte er sich einverstanden erklärt?»
«Was hätte er denn für Alternativen gehabt? Außerdem entpuppt sich so ein Rebellenimage hinterher oft genug als Fassade. Dann werden diese Pseudofreiheitskämpfer auf einmal enttäuschend systemkonform.»
Merrily dachte an Mathew Stooke. Eirion seufzte.
«Je älter ich werde, Mrs. Watkins, desto mehr Illusionen verliere ich. Wenn ich dreißig bin, wird mir die ganze Welt wie eine graue Wüste voller Zombies erscheinen, die an nichts mehr glauben. Eigentlich ist es sogar jetzt schon so. Da ist es ja kein Wunder, dass sich so viele Teenager umbringen.»
«Komm schon, Eirion, so redet Jane, wenn sie schlechte Laune hat. Ich verlasse mich darauf, dass du sie aufheiterst.»
Eirion stellte sich ans Fenster.
«Sie ist jetzt besessen von der Idee herauszufinden, was Blore entdeckt hat», sagte er. «Wie es für Cooper gelaufen ist, hat sie wütend gemacht, aber sie hat daraus auch … neue Hoffnung geschöpft, verstehen Sie? Sie fragt sich, ob es dort noch ein weiteres Geheimnis gibt. Und sie denkt, wenn sie es vor Blore bekanntmachen kann, würde sie damit irgendwie ihren Ruf retten oder so. Sie … gibt nicht auf.»
«Das hast du also auch schon festgestellt.»
«Sie hat mich überall auf der Weide rumgeschleppt und dann noch halb den Cole Hill rauf, weil sie etwas Neues entdecken wollte. Es war … es schien ein bisschen sinnlos.»
«Weißt du, was wir machen müssen?», fragte Merrily in demselben Moment, in dem im Spülküchenbüro das Telefon zu klingeln anfing. «Irgendwie müssen wir Blore dazu bringen, das Interview mit Jane entweder in den Müll zu werfen oder es zu wiederholen, und zwar
nett und freundlich
.»
«Und wie soll das gehen?»
«Ich habe nicht die geringste Ahnung, Eirion.»
«Stooke kam mir nie sonderlich bedeutend vor. Gibt sich nicht als Experte aus und bezieht sich nicht ständig auf die darwinistische Theorie. Scheint sich auf nichts Bestimmtes spezialisiert zu haben», sagte Huw am anderen Ende der Leitung.
«Außer aufs Spotten», sagte Merrily. «Er ist Spezialist für Hohn und Spott.»
«Damit passt er ja bestens in unsere Zeit», sagte Huw. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: «Also will Stookes Frau, dass Sie ihm diese Shirley West vom Hals halten.»
«Unterm Strich ist es genau das.»
«Sie haben ihnen aber doch gesagt, dass sie kein Gemeindemitglied von Ihnen ist, oder?»
«Aber das ist sie. Sie kommt jede Woche zur Messe. Aber zu dieser anderen Gemeinde geht sie
zwei Mal
wöchentlich.»
«Eine Serien-Kirchgängerin.»
«Außerdem passt sie auf, was sie sagt. Sie erwähnt in Ledwardine nie die Kirche vom Herrn des Lichts. Statt dessen spielt sie die konservative Anglikanerin.»
«Aber sie hat Sie doch vor allen anderen kritisiert. Ist aus Ihrem Gottesdienst rausgestürmt.»
«Das würde sie als Verteidigung der religiösen Tradition unseres Dorfes gegen gefährliche, umstürzlerische Einflüsse bezeichnen.»
«Hat sie viel Unterstützung?»
«Nein, eigentlich nicht. Manche Leute finden sie lächerlich, anderen tut sie leid, weil sie sich als einsame Ruferin in der Wüste gibt. Und natürlich kommt ihr Widerstand dagegen, dass die Heiden-Steine wieder aufgerichtet werden, Lyndon Pierce und seiner Dorfexpansions-Fraktion wie gerufen.»
«Ich sehe mir gerade die Webseite
HerrdesLichts
an, während wir telefonieren», sagte Huw. «Glauben Sie, dahinter steckt wieder dieser Ellis? Von Amerika aus?»
«Ich habe keine Ahnung, Huw. Es sieht jedenfalls nach ihm aus. Die Texte sind nicht dumm und ausreichend nachvollziehbar. Und es würde Shirleys Haltung mir gegenüber erklären. Ellis hat guten Grund, mich nicht zu mögen.»
«Es wurde vorhergesagt, dass kurz vor der Endzeit der Satan leibhaftig wird»,
zitierte Huw.
«Er wird weder Hörner noch einen Schwanz haben.»
«Damit sind die Kühe ja schon mal unverdächtig.»
Huw lachte.
«Wenn man weiterliest», sagte Merrily, «stellt man fest, dass ihre Hauptaussage ist, der Satan wäre die säkulare Gesellschaft. Die moralische Leere.»
«Das ist in vieler Hinsicht ein sehr überzeugendes Argument. Wo stehen Sie in dieser Frage?»
«Ich habe keine besonderen Probleme mit Nichtgläubigen, es sei denn, sie wollen andere mit Drohungen vom Glauben abbringen. Andererseits geht es mir mit denen genauso, die andere mit
Weitere Kostenlose Bücher