Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
schützend den Arm um die Schultern. Sie spürte, wie Sophia sich an sie presste und durch ihre Nähe getröstet fühlte. Ohne dass Thea es wollte, drängten sich alte Bilder in ihre Erinnerung. Bilder aus Zeiten, da sie selbst vergeblich auf Trost gehofft hatte. Bilder vom Grab ihrer Tochter … Ulf von Regenstein war ein Schwächling!
Auch Lena hatte sich mittlerweile eingefunden. »Ich verstehe das alles nicht«, meinte sie. »Was wollten die Männer?«
»Sophia töten«, lautete Merets Antwort, doch Lena schüttelte den Kopf.
»Sie waren bereit, Sophia zu töten, aber das war nicht ihre eigentliche Absicht. Wäre es um Mord gegangen, dann wäre ein Einzeltäter, der überraschend zuschlägt, erfolgreicher gewesen.«
»Das stimmt«, gab Thea zu. Auf einmal stieg ein furchtbarer Verdacht in ihr auf. Omar hatte nicht länger warten wollen. Er hatte die Männer geschickt, um in den Besitz des Teppichs zu gelangen.
»Wurde etwas gestohlen?«, fragte sie deshalb.
»Ich weiß nicht … ich glaube nicht«, antwortete Sophia noch immer zitternd.
»Etwas gestohlen?« Lena horchte auf. Thea hatte den Eindruck, von ihren Blicken durchbohrt zu werden. Doch sie wandte die Augen nicht ab – sie fürchtete sich nicht vor Lenas Gabe.
»Nur so ein Gedanke.«
»Aber warum ausgerechnet in Sophias Zimmer?«
Weil sie dort den Teppich vermuteten, dachte Thea. Doch zugleich fiel ihr etwas anderes auf. Sie hatte zwar den Namen Sophia vor Omar erwähnt, aber sie hatte ihm nicht verraten, wo deren Kammer lag. Er habe seine Augen und Ohren überall, hatte er ihr zu Beginn ihrer Bekanntschaft verraten. Er hatte gewusst, dass sie Philip ins Gemächt getreten hatte. Irgendwer hatte es ihm zugetragen. Jemand, der sich im Haushalt Mikhails bestens auskannte.
»Habt ihr schon einmal daran gedacht, dass es in diesem Haus vielleicht einen Verräter gibt?«, fragte sie.
Meret wurde blass. »Was meinst du damit?«
»Nun, die Täter drangen unbemerkt ein. Einer konnte fliehen. Sie fanden Sophias Zimmer ohne Mühe. Ist der Gedanke so abwegig, dass sie eingelassen wurden? Dass jemand unserem unbekannten Feind alles zuträgt, was hier geschieht?« Noch während Thea sprach, kam ihr ein weiterer Gedanke.
»Sag, Sophia, war deine Katze Seshat eine Streunerin? Streifte sie allein durch die Gassen Alexandrias?«
»Als sie noch jünger war. Aber in den letzten Jahren reichte ihr unser Anwesen als Auslauf.«
»War sie in der Nacht bevor ihr die Kehle durchgeschnitten wurde, draußen unterwegs?«
Sophia erblasste. »Nein, sie war abends noch bei mir. Erst morgens vermisste ich sie.«
»Aber sie wurde draußen vor dem verschlossenen Tor gefunden. Sie war keine besonders auffällige Katze, sie sah aus wie Hunderte anderer ihrer Artgenossen. Dennoch wusste der Täter, was sie dir, ja, was sie dem ganzen Haushalt bedeutete. Ich halte es durchaus für möglich, dass jemand aus der Dienerschaft sie tötete und dafür bezahlt wurde.«
Thea sah, wie sich Lenas Haltung versteifte.
»Du hast einen Verdacht, Lena?«, fragte sie.
»Nein, aber …« Lena sprang auf. »Bitte entschuldigt mich, ich muss Philip etwas fragen!«
»Was denn?«, rief Meret ihr hinterher, doch Lena verließ das Gemach, ohne zu antworten.
Lena fand Philip in einem Nebengebäude der Stallungen. Hierher hatte man die Leichen der Verbrecher geschafft und wartete darauf, dass die Stadtwache erschien.
»Kann ich dich kurz sprechen?«, fragte sie leise. Philip nickte. »Worum geht es?«
»Nicht hier«, sagte sie mit Blick auf die Stallknechte, die neben Philip standen.
»Nicht?« Er sah sie überrascht an. »Komm!«, sagte er dann und führte sie zurück ins Haus. Der Sonnenaufgang lag noch in weiter Ferne, doch im Haus des Mikhail schlief niemand mehr. Dennoch war der große Saal leer. Philip nahm auf der Polsterbank Platz, und Lena setzte sich zu ihm.
»Also, was gibt es?«, fragte er.
Lena erzählte ihm von Theas Verdacht. »Dabei musste ich an deinen misstrauischen Blick in Ali Babas Schatzhöhle denken, als du Cyrils Sohn entdeckt hattest«, schloss sie ihren Bericht.
»Constantin?« Eine Falte bildete sich zwischen Philips Brauen.
Lena nickte. »Vielleicht solltest du ihm auf den Zahn fühlen.«
»Ich kenne ihn schon sein ganzes Leben lang. Er wurde auf dem Gut geboren.«
»Du hältst es also für unwahrscheinlich?«
Philip senkte den Blick. »Ich weiß es nicht. Er war von jeher ein Bruder Leichtfuß, dem das Geld zwischen den Fingern zerrann. Aber deshalb muss
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