Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
er noch längst kein Verräter sein, der sich mit Mördern einlässt.«
»Vielleicht hat er sich zunächst nichts dabei gedacht, einige harmlose Beobachtungen gegen Geld weiterzugeben. Und plötzlich steckte er zu tief drinnen …«
Philip nickte. »Du hast recht. Ich werde gleich mit ihm sprechen.«
Er erhob sich.
»Hast du etwas dagegen, wenn ich dich begleite?«, fragte Lena.
»Wie könnte ich? Ich bin gespannt, was du in seinen Augen siehst.«
Constantin war nicht in seiner Kammer. Auch sonst hatte ihn seit dem vergangenen Abend niemand gesehen, nicht einmal sein Vater Cyril, der plötzlich sehr beunruhigt wirkte.
»Hast du eine Vorstellung, wo er sein könnte?«, fragte Philip nach, doch der Alte schüttelte nur den Kopf.
»Keine heimliche Liebschaft, für die er teure Geschenke kauft?«
»Constantin ist gewiss kein Engel«, gab Cyril zu. »Aber von einem Mädchen wüsste ich.«
»Auch dann, wenn sie einen schlechten Ruf hätte?«
»Auch dann. Er sucht ab und an Die goldene Gazelle auf, wenn er Geld hat.«
Aus der Art, wie Philip nickte, schloss Lena, dass es sich um ein billiges Hurenhaus handelte.
»Sag ihm, er soll zu mir kommen, sobald er zurück ist.«
Cyril nickte.
26. Kapitel
A ls die Sonne aufging und die Schatten der blutigen Nacht verdrängte, fasste Thea einen Entschluss. Lange hatte sie mit sich gerungen, sich überlegt, ob sie Omar zur Rede stellen sollte oder ob ein solcher Schritt zu gefährlich wäre. Schließlich schob sie ihre Zweifel beiseite. Der Schurke war ihr eine Antwort schuldig! Sie hätte niemals einen Mord an Sophia gebilligt. Auch nicht an Harun, obwohl ein Mann, der sich in den Kampf stürzte, dem Tod stets ins Auge sehen musste. Genau wie eine Frau. Aber Sophia war ein hilfloses Mädchen. Beim Gedanken an Sophias entsetzliche Furcht überkam Thea eine Welle heißer Wut. Sie hatte schon ganz anderen Männern die Köpfe abgeschlagen, wenn sie sich an wehrlosen Frauen vergriffen hatten. Außerdem mochte sie Philips Schwester.
Es war gefährlich, Omar mit Zorn im Herzen entgegenzutreten, aber Thea konnte nicht anders. Die Zeit der Seidengewänder und zierlichen Sandalen war vorüber. Sie schlüpfte in ihre Beinlinge und zog die geschlitzte Suckenie über, die ihr mehr Bewegungsfreiheit bot. Außerdem suchte sie ihre festen Lederstiefel hervor und steckte ein kleines Messer in die eingenähte Scheide des rechten Stiefels. Damit rechnete Omar gewiss nicht. Letztendlich war er nur ein Mann. Ein gefährlicher Mann zwar, aber auch er ließ sich allzu leicht von weiblichen Reizen blenden.
Omars Barke lag friedlich vor Anker, so wie alle Tage zuvor. Ein prächtiges Schiff, auf dem sie so manche lustvolle Stunde verbracht hatte. Doch inzwischen sah sie die Barke nur noch als feindliche Festung. Ein letztes Mal überlegte sie, ob sie sich wirklich der Gefahr aussetzen sollte. Vielleicht wäre es das Klügste, einfach wieder umzukehren?
Klug vielleicht, aber auch feige. Und für Feiglinge hatte Thea nichts übrig. Sie rief nach dem Jungen, der sie in den vergangenen Tagen immer übergesetzt hatte.
Die Männer auf Omars Barke behandelten sie so höflich wie stets. Sie schienen nichts von ihrem Streit mit dem Schiffsherrn am vergangenen Tag zu wissen.
»Du bist heute früh«, sagte einer von ihnen. »Der Herr ist noch beschäftigt. Willst du in seinem Gemach warten?«
Thea nickte. »Womit ist er beschäftigt?«
Der Mann grinste. »Geschäfte.«
Ob es wohl etwas mit dem Teppich zu tun hatte? War es dem verbliebenen Mann gelungen, einen von Sophias Teppichen zu entwenden? In Mikhails Haus standen noch immer alle unter dem Eindruck des schrecklichen Geschehens. Niemand hätte einen Diebstahl bemerkt, und Thea hatte sich gehütet, die Sprache darauf zu bringen. Zu leicht hätte man sie mit dem Überfall in Verbindung gebracht.
Ohne ein weiteres Wort suchte sie Omars großes Schlafgemach auf und wartete. Was sollte sie ihm sagen? Ihn sogleich zornig zur Rede stellen oder sich lieber zurückhaltend und vorsichtig verhalten? Vermutlich war das der bessere Weg, auch wenn sie allen Grund hatte, ihm ihren Abscheu entgegenzuschleudern. Vor einem Jahr hätte sie es noch getan, aber mittlerweile wusste sie sich zu beherrschen. Das Jahr ohne den Schutz ihres Vaters hatte sie Besonnenheit gelehrt, denn ein offener Angriff ohne nötige Rückendeckung war lebensgefährlich.
Während sie auf dem breiten Bett saß und wartete, lauschte sie den Geräuschen auf dem Schiff. Sie
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