Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
auch. Aber Said ist ein so vollkommener Mensch – ich frage mich manchmal, ob er wirklich lebendig ist.«
»Witold und Rupert? Was ist mit ihnen?«
»Nun schau nicht streng! Sie haben sich ebenfalls den Wüstenstaub abgewaschen und tragen in Ermangelung schicklicher abendländischer Kleidung das Gleiche wie die Einheimischen.«
»Und was haben sie an?«
»Kurze Tuniken, die viel behaartes, blasses Männerbein zeigen.« Thea lachte. »Allmählich begreife ich, warum die Bewohner von Djeseru-Sutech sich die Körperhaare entfernen.«
»Du scheinst dich jedenfalls bester Laune zu erfreuen.«
»Soll ich mich jammernd in eine Ecke verkriechen?«
»Eine Weile glaubte ich wirklich, du würdest dir Sorgen um Philip machen.«
Auf einmal war die Unbeschwertheit aus Theas Gesicht verschwunden. »Und ob ich mir Sorgen mache«, sagte sie ernst. »Vermutlich mehr, als ich sollte. Aber ganz gleich, was ich auch unternehme, ich ändere nichts an den Gegebenheiten. Diesen Kampf muss er ganz allein gewinnen. Und du sähst es gewiss nicht gern, wenn ich händchenhaltend an seinem Lager wachen würde. Das ist doch der Platz, der dir zukommt.«
Die Bitterkeit in Theas Stimme erschreckte Lena. »Ich weiß, dass du dich von ihm verraten fühlst«, sagte sie leise.
»War es etwa kein Verrat?« Da war es wieder, dieses hellrote Lodern in Theas Seelenflamme. »Er hat mir etwas vorgespielt, mich benutzt. Und dabei ging es ihm die ganze Zeit nur darum, meinen Vater zu vernichten.«
»Glaubst du das wirklich?«, fragte Lena. »Wenn er dich nur benutzt hätte, würdest du dann noch immer so viel Macht über ihn ausüben?«
»Ich besaß nie Macht über ihn.«
»Nicht solange er dein Geliebter war. Die Macht gewannst du erst, nachdem er deinen Vater dem Henker überantwortet hatte. Weil er seither dir gegenüber Schuldgefühle hat. Auch wenn sein Handeln rechtens war. Du weißt selbst, dass dein Vater ein Mörder und Verbrecher war, der den gerechten Lohn für seine grauenvollen Taten erhielt.«
Thea schwieg. Lena glaubte schon, sie würde nichts weiter sagen, aber dann antwortete sie doch.
»Ich habe ihm nicht verübelt, dass er meinen Vater dem Henker auslieferte. Das Beil schwebte immer über uns, das war der Preis für das Räuberleben. Nein, ich verüble Philip etwas ganz anderes.«
»Was denn?«
»Das weißt du genau.« Theas Augen blitzten zornig. »Er benutzte mich, schlich sich in mein Herz, und als er mich nicht mehr brauchte, versuchte er, sein Gewissen mit Geld freizukaufen.«
»Was hätte er stattdessen tun sollen?«
»Es hätte genügt, wenn er ehrlich gewesen wäre. Wenn er erklärt hätte, dass ich nicht gut genug für einen Grafen bin. Wenn er den Mut gehabt hätte, mir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen und meinen Zorn zu ertragen. Aber dazu war er zu feige.« Thea wandte sich um und eilte davon. Allerdings war sie nicht schnell genug, denn Lena hatte das feuchte Schimmern in ihren Augen gesehen …
38. Kapitel
T hea ärgerte sich über sich selbst. Wieder einmal hatte Lena sie dazu verleitet, Worte auszusprechen, die sie nicht einmal denken wollte. Hastig wischte sie sich die aufsteigenden Tränen aus den Augen. Ich werde nicht weinen, dachte sie bei sich. Niemals! Aber der Schmerz war spürbar. Und er würde bleiben, solange sie sich nicht endgültig von Philip befreite. Von ihrer Sehnsucht nach ihm. Dem Schmerz, dass er sie verlassen hatte. Aber inzwischen wusste sie, dass dies nicht durch seinen Tod geschehen konnte. Würde er sterben, käme sie erst recht nicht von ihm los. Sein Bild würde sie verfolgen, die Erinnerung ihn größer machen, als er war.
Genug von dem Weiberkram!, mahnte sie sich und straffte die Schultern. Es galt, eine fremde Welt zu erkunden, sich Wissen anzueignen, Neues zu entdecken. Vor allem war es hilfreich, tatkräftig zu bleiben und den alten Schmerz zu betäuben.
Djeseru-Sutech bot am Morgen ein noch eindrucksvolleres Bild als am Abend zuvor. Von den Stufen des Palastes aus konnte Thea einen Großteil der Stadt überblicken. Wie war es möglich, dass eine so große Ansiedlung jahrhundertelang unentdeckt geblieben war? Gewiss, die hohen Felsen boten die beste natürliche Stadtmauer, die man sich wünschen konnte, dennoch war es bemerkenswert. Bemerkenswert … nun dachte sie schon so, wie Sethemhat redete. Trotz der eben noch trüben Gedanken spielte ein Lächeln um ihre Lippen. Sethemhat … Sie wusste nicht, wie sie ihn einschätzen sollte. Auf jeden Fall wäre
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