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Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)

Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)

Titel: Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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es lohnenswert, sich näher mit ihm zu befassen.
    Sie stieg die Stufen hinab und sah sich um. Dem Palast gegenüber hatte sich eine stattliche Menschenmenge versammelt und wartete auf Einlass in das prachtvolle Gebäude, vor dem die kahlköpfigen Männer Sethemhat am Tag zuvor so ehrfürchtig begrüßt hatten. Auch an diesem Morgen standen zwei der Männer vor dem Portal, wirbelten mit seltsamen Rasseln und stimmten einen eigentümlichen Gesang an.
    »Sie wollen dem Seth huldigen.« Beim Klang der Stimme fuhr Thea herum. Sethemhat stand hinter ihr, doch beinahe hätte sie ihn nicht erkannt. Er trug ein bodenlanges weißes Gewand, ähnlich jenem, das Lena getragen hatte. Allerdings war das seine mit blauen Borten verziert. Sein Haupt bedeckte ein gefaltetes blau-weiß gestreiftes Kopftuch, und darüber trug er einen Stirnreif, von dem ein Geierkopf und eine aufgerichtete goldene Kobra herabblickten. Am seltsamsten fand Thea jedoch den Goldschmuck auf seiner Brust. Wer war bloß auf den lächerlichen Gedanken verfallen, einen faustgroßen Mistkäfer aus Gold zu gießen?
    Sie wollte etwas erwidern, doch da fiel ihr Blick auf Sethemhats Gefolge. Zwei Männer mit großen Fächern aus Straußenfedern standen hinter ihm, und ihnen folgte eine Prozession vornehm gekleideter Frauen und Männer.
    »Ich stehe wohl im Weg, wie?«
    »Ja«, antwortete er mit ernster Miene, doch in seinen Augen sah sie es blitzen. So ähnlich wie bei Philip, der auch mit den Augen lachen konnte, während seine Miene unbewegt blieb. Gemächlich trat sie zur Seite und ließ die Prozession vorüberschreiten.
    Wie schon tags zuvor verneigten sich die Menschen ehrerbietig vor Sethemhat, während er mit seinem Gefolge in den Tempel einzog. Thea überlegte kurz, ob sie ihm folgen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Sie hatte schon genügend Aufmerksamkeit erregt, dabei galt es doch, im Hintergrund zu bleiben. Als Letzte betraten die beiden kahl rasierten Männer das Gebäude und schlossen die Türen. Die eben noch überfüllte Straße lag wie ausgestorben vor Thea. Eine Weile blieb sie unschlüssig stehen, lauschte den dumpfen Gesängen, die aus dem Innern des Tempels zu ihr herausdrangen, doch dann machte sie sich auf, die Stadt zu entdecken.
    Je weiter sie sich vom Palast entfernte, umso schlichter wurden die Gebäude. Hätte sie nicht gewusst, dass sie sich in einer längst vergessenen Welt mitten in der Wüste befand, hätte sie glauben können, die Gassen Alexandrias zu durchstreifen. Während die edlen Bürger dem Seth huldigten, wie Sethemhat es genannt hatte, nahm das Leben in den weniger vornehmen Gassen seinen gewohnten Gang. Thea sah Handwerker, darunter Schuhmacher und Töpfer, sogar eine Schankstube, die um diese frühe Stunde allerdings noch geschlossen hatte. Hinter dem Viertel der Handwerker erstreckten sich Felder. Jeder Zoll fruchtbarer Erde wurde genutzt, die Äcker reichten bis zu den Felsen. Woher mochte die fruchtbare Erde stammen, wenn es außerhalb der Stadt nur Sand und Staub gab? Es dauerte eine Weile, bis sich Thea das Geheimnis erschloss. Am Rand der Felder befanden sich drei große Schöpfräder, die das Wasser aus der Tiefe der Erde holten. Jedes Rad wurde von vier Eseln bewegt. Ein halbwüchsiger Junge achtete darauf, dass die Tiere nicht stehen blieben, und versetzte ihnen hin und wieder einen Hieb mit der Gerte. Von hier aus wurde das Wasser also in die Kanäle geleitet, die Thea bereits bei der Ankunft aufgefallen waren.
    Mittlerweile stand die Sonne schon recht hoch. Thea ließ sich an einer erhöhten Stelle im Schatten der Felswand nieder und beobachtete die Menschen. Ein kleines Mädchen brachte dem jungen Eselstreiber etwas zum Essen. Die beiden lachten und riefen sich vermutlich Neckereien zu, die Thea nicht verstand. Dann lief das Mädchen wieder davon. Etwas weiter entfernt jätete eine alte Frau Unkraut in einem Beet. Was man hier wohl anpflanzte? Auf den meisten Feldern schien Getreide zu wachsen, doch es war noch nicht reif genug, um es anhand der Ähren erkennen zu können.
    Eine eigene Welt inmitten der Welt. Für einen Augenblick fühlte Thea sich an ihre Kindheit erinnert. Damals hatte sie das Räuberlager ihres Vaters auch für eine verborgene, sichere Welt gehalten. Ein eigenes Dorf, in dem es sogar eine Schmiede gegeben hatte. Ihr sicherer Ort war auf der einen Seite gleichfalls von einer Felswand geschützt gewesen, während schwere Palisaden die drei übrigen Seiten eingezäunt hatten. Jahrelang

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