Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
hatte niemand das Versteck entdeckt. Bis Philip kam … Philip! Verdammt, warum ging er ihr nicht aus dem Kopf? Warum schlich er sich in jeden ihrer Gedanken ein?
Sie sprang auf – die Zeit der Muße und Ruhe war mit der Erinnerung an ihn vorüber.
Ihr Weg führte sie an den Felsen entlang. Sie wollte erkunden, wie groß die verborgene Stadt tatsächlich war. Sie kam an weiteren Feldern und an einer Mühle vorbei und gelangte schließlich zu einem kleinen See. Ein kleiner See! Hier, inmitten der Wüste? Doch irgendetwas stimmte nicht. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass er vollkommen rund war. Er war ebenso künstlich angelegt wie die Kanäle! Ein breiter Steg mit goldenen Geländern führte zur Mitte des Sees. Ob er auch einem heiligen Zweck diente? Oder einfach nur der Erbauung? Es musste herrlich sein, in dem Wasser zu schwimmen. Thea seufzte. Viel zu lange war es her, dass sie an heißen Sommertagen in dem klaren See ganz in der Nähe des Räuberlagers gebadet hatte. Am Grund war das Wasser immer kalt, an der Oberfläche im Sommer jedoch angenehm warm gewesen. Sie hatte sich ganz flach gemacht, war dicht unter der Oberfläche geschwommen und hatte sich vorgestellt, in den Sonnenstrahlen wegzutauchen. Thea seufzte. Diese Zeit käme niemals wieder. Sie musste lernen, in der Gegenwart zu leben.
Nicht weit von dem See entfernt befand sich eine Reitbahn, viel größer als die auf Mikhails Gut. Dahinter lagen zahlreiche Stallungen. Sie hörte das Wiehern der Pferde und nahm den Duft der Tiere wahr. Doch da war noch ein anderer Geruch. Beißender, durchdringender, raubtierartig. Neugierig folgte sie ihrer Nase. Der Geruch führte sie hinter die Ställe bis zu einer hohen Mauer, die von einer kleinen Pforte unterbrochen wurde. Thea blickte sich um. Kein Mensch war zu sehen. Sie schob den Riegel auf, trat hinter die Einfriedung … und erstarrte. Sie stand in einem prächtigen Garten. Bäume, die sie nicht kannte, wuchsen um einen kleinen Teich, in dem bunte Fische schwammen. Doch für diese Schönheit hatte sie kaum ein Auge, denn vor ihr lag ein riesiger Löwe mit dunkler Mähne. Er hob den Kopf und starrte sie an. Vorsichtig zog sie sich einen Schritt zurück. Plötzlich erhob er sich und schüttelte die Mähne. Thea hörte etwas klirren und atmete auf – er lag an einer Kette.
Daraufhin betrachtete sie die Raubkatze ein wenig mutiger. Bislang kannte sie solche Tiere nur von Bildern. Ihr Vater hatte sich stets gerühmt, von Heinrich dem Löwen abzustammen. Er hatte einen Wandteppich besessen, der einen aufrecht stehenden Löwen zeigte, aber die Abbildung war nicht mit diesem Anblick zu vergleichen. Wenngleich das Tier nicht gerade kämpferisch, sondern eher leicht gelangweilt dreinschaute. Wie zur Bekräftigung ihrer Gedanken gähnte es und zeigte dabei sein beachtliches Gebiss. Thea wich einen weiteren Schritt zurück, wusste sie doch nicht, wie kurz oder lang die Kette wirklich war.
Beim Klang einer scharfen Stimme fuhr sie herum. Hinter ihr stand ein junger Bursche und redete in einer fremden Sprache auf sie ein.
Er schien höchst aufgebracht, dass sie sich in das Gehege gewagt hatte.
»Kannst du auch Arabisch?«, fragte sie ihn.
Er redete unbeirrt in seiner eigenen Sprache weiter.
»Ich verstehe kein Wort. Aber gut, ich gehe ja schon.« Beschwichtigend hob sie die Hände und versuchte sich an ihm vorbei durch die Pforte zu drängen. Doch das schien ihm auch nicht zu gefallen. Seine Stimme wurde lauter, er fing an zu schreien, fuchtelte mit den Händen und stieß ihr sogar den Zeigefinger gegen den Brustkorb.
»Finger weg!« Nun wurde auch Thea laut. Leider hatte das nur zur Folge, dass ihr Gegenüber noch erregter schrie. Thea spürte die Gartenmauer im Rücken und erneut seinen Finger auf dem Brustbein. Als Nächstes traf den Tierpfleger Theas Faust am Kinn, und er sank wie ein nasser Sack zu Boden. Trotzdem verließ sie den Garten, ehe ihr noch andere aufgebrachte Burschen über den Weg liefen.
Beim Hinauseilen bemerkte sie die Käfige, die am Rand des Gartens aufgestellt waren. Weitere Raubtiere, gefleckte große Katzen, vermutlich Leoparden. Thea kannte sie von heimischen Wappen. Einen Augenblick lang zögerte sie. Gern hätte sie die schönen Geschöpfe näher betrachtet, aber zum einen lag dieser unberechenbare Löwe im Weg, zum anderen wollte sie verschwunden sein, ehe der unhöfliche Kerl sich von dem Kinnhaken erholt hatte.
Als sie zum Palast zurückkehrte, herrschte auf den
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