Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
überwiegend aus Heiden bestand. Irgendwann in jenen Jahren muss sich irgendwo in Italien eine große Katastrophe ereignet haben, denn diese Schriften berichten von einer Göttin, die aus der Asche kam.«
»Die Göttin, die aus der Asche kam?«, wiederholte Lena. Said nickte. »Es heißt, ihre Heimat sei in Feuer und Schwefel untergegangen, und so geleitete die Göttin Isis sie in ihr wahres Heiligtum, auf dass sie als ihre Verkörperung Seth zähme.«
Der Araber legte eine kurze Pause ein. »Die weiteren Schriften sind von dieser Frau verfasst worden, einer gewissen Lydia Aquiliana. In lateinischer Sprache. Ich habe nicht alles gelesen, dazu fehlte mir die Zeit, aber sie wurde die Urmutter der derzeitigen Dynastie, und Sethemhat stammt in gerader Linie von ihr ab. Irgendwann nahm sie sich die Zeit und sammelte die alten Gesetze Djeseru-Sutechs. Darunter auch das Gebot, dass jeder Fremde, der die Stadt betritt, sie nie wieder verlassen dürfe, um das Geheimnis für immer zu wahren. Andernfalls drohe ihm der Tod.«
»Das klingt nicht gerade tröstlich.« Philip rückte sich sein Kissen zurecht.
»Es gibt jedoch eine Ausnahme, und die wurde viele Jahre später begründet, damals als die erste Meret mit ihrem römischen Geliebten aus Djeseru-Sutech flüchtete. Merets Nachfahren sollten niemals als Fremde gelten, sondern als Blut vom Blut der Herrscher. Es sollte ihnen erlaubt sein, zwischen den Welten zu wandeln. Doch die Zeiten waren schwierig, Merets Söhne dienten im römischen Heer, und so entstand die Sitte, dass nur die Töchter zu Hüterinnen des Geheimnisses wurden. Sie konnten nämlich niemals in Gewissenskonflikte geraten, wie es womöglich einem Sohn widerfahren wäre, der seinem soldatischen Eid verpflichtet war.«
»Das heißt, nach diesem Gesetz sind wir frei?«, fragte Philip.
»Ganz so einfach ist es nicht«, entgegnete Said. »Es heißt weiter, dass sich ein wahrer Nachfahre der Probe der Götter stellen müsse, um seinen Anspruch zu beweisen. Nur der Würdige dürfe ein Geheimnisträger werden.«
»Und worin besteht diese Probe der Götter?«
»Das gilt es noch herauszufinden.« Said wählte drei Papyrusrollen aus und reichte sie Philip. »Ich schaffe es nicht allein, dazu sind die Schriftsammlungen zu umfangreich. Du musst mir helfen.«
»Ob mein Latein dafür noch ausreicht?«
»Die Texte sind auf jeden Fall spannender als Cäsars Gallischer Krieg . Und du hast ohnehin nichts Besseres vor.«
Philip seufzte. »Welch eine Strafe! Verwundet daniederzuliegen und alte Schriften entziffern zu müssen.«
»Kann ich auch etwas tun?«, fragte Lena.
»Kannst du Latein lesen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich könnte Pachet nach der Probe der Götter befragen.«
»Die derzeitige Hohepriesterin der Isis?« Said horchte auf. »Das wäre in der Tat hilfreich.«
»Ich könnte sie sogleich aufsuchen.«
»Du willst mich schon wieder allein lassen?«, tadelte Philip.
»Du hast doch genügend zu lesen.«
»Wer den Schaden hat …«, entgegnete er schicksalsergeben. »Also gut, dann widme ich mich den alten Schriften, und du besuchst Pachet. Und du, Said?«
»Es gibt einige Schriften, die darf ich nur in der Bibliothek studieren, weil es Einzelstücke sind. Bertram fertigt zwar schon eifrig Abschriften an, aber das braucht seine Zeit.«
»Du hast den armen Jungen zum Schreibdienst vergattert?«
»So arm ist er gar nicht. Es scheint ihm durchaus Freude zu bereiten. Außerdem muss er sich währenddessen nicht über die Sünden der Welt ereifern.«
Philip verzog das Gesicht. »Daran müssen wir auch noch arbeiten – Bertrams hohe Moralvorstellungen auf ein gesundes Maß zu stutzen.«
»Und ihn somit um das Himmelreich zu bringen?« Said grinste.
»Im Gegenteil«, antwortete Philip. »Nur wer das Leben kennt und nicht vor ihm davonläuft, wird dereinst das Himmelreich erfahren.«
»Wo steht denn das geschrieben?«, fragte Lena.
»Nirgendwo. Aber ich finde, es klingt gut.«
Lena seufzte. »Und jetzt statte ich Pachet einen Besuch ab.«
Die Hohepriesterin der Isis war sofort bereit, Lena zu empfangen. Ja, mehr noch, sie erlaubte ihr sogar, das Innere des Heiligtums zu betreten, das Außenstehenden für gewöhnlich verschlossen blieb.
»Womit habe ich diese Ehre verdient?«, wollte Lena wissen.
»Mit dir schließt sich ein alter Kreis«, lautete die Antwort. »Möglicherweise bist du diejenige, auf die wir seit Langem warten.«
»Auf mich?«
Pachet nickte. »Du hast die Gabe. Du trägst
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