Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
kennenlernen.«
»Warum?«
Er trat einen Schritt auf sie zu. Sofort richtete sie die Waffe auf ihn. »Bleib stehen!«
Beschwichtigend hob er die Hände.
»Vielleicht weil ich noch nie eine Frau wie dich gesehen habe. Aber vor allem hast du meine Neugier erregt.«
»Habe ich das?«
Er nickte. »Wie ich hörte, bist du gestern mit der Al-Kâbir im Gefolge des Enkels von Mikhail in Alexandria angekommen.«
»Bist du ein Freund von Mikhail?«
»Bist du seinem Enkel wohlgesinnt?«
Nun war es an Thea, überrascht zu sein. »Was soll die Frage?«
»In diesem Land haben die Mauern Ohren. Ich habe erfahren, auf welche Weise du Philip gestern Abend … getroffen hast.« Ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen. »Das machte mich neugierig.«
Thea musterte Omar eingehend. Er mochte zwar wie ein arabischer Edelmann gekleidet sein, aber seine Ausstrahlung verriet ihn eindeutig als Schurken. Wobei sie nichts gegen Schurken hatte, erst recht nicht, wenn sie so ansehnlich aussahen wie Omar. Vielleicht nutzte es, wenn sie sich dumm stellte. Womöglich gehörte Omar das Haus in der Straße der Laternen …
»Das machte dich also neugierig«, wiederholte sie. »Inzwischen hast du mich gesehen. Genügt dir das?«
»Nein. Ich möchte mich bei dir dafür entschuldigen, dass mein ungeschickter Diener dir solche Umstände bereitete. Darf ich dich als Entschädigung zu einer kleinen Erfrischung in mein Haus einladen?«
In sein Haus … Eine gute Möglichkeit, ihren Verdacht zu überprüfen. Andererseits wäre das fast zu einfach gewesen. Wenn der Mann derjenige war, für den sie ihn hielt, konnte es gefährlich werden. Was, wenn er sie als Geisel nehmen wollte, um Philips Familie zu erpressen?
»Eine ehrbare Frau folgt keinem unbekannten Mann«, erklärte sie und war froh, dass ihr das Arabische mittlerweile so geläufig war.
»Das spricht für dich.« Er deutete eine höfliche Verbeugung an. »Darf ich dich dennoch wiedersehen?«
»Warum nicht?«, antwortete sie. »Ich bin morgen wieder hier. Wenn du allein kommst, ohne deinen Handlanger, sehen wir weiter.«
»Und du? Wirst du auch allein sein?«
Seine Frage bestätigte ihre Vermutung. Er hatte ebensolche Bedenken wie sie. Zwei Menschen, die noch nicht wussten, ob sie Freunde oder Feinde waren.
Sie lächelte ihm aufmunternd zu. »Glaubst du, ich gefährde meinen Ruf und erzähle überall herum, dass ich mich mit einem Mann treffe?«
»Dann erwarte ich dich morgen um die nämliche Stunde«, sagte er. Thea nickte. Sie würde schon zwei Stunden vor ihm zur Stelle sein, nur um sicherzugehen, dass er wirklich allein kam …
15. Kapitel
D er Wert eines Teppichs bemisst sich danach, was er verbirgt«, sagte Meret, während ihre Hände geschickt die kleinen Knoten am Webrahmen knüpften.
Lena war ihrer Schwiegermutter während des ganzen Tages bereitwillig gefolgt und hatte viel über das Leben der ägyptischen Christen erfahren. Meret hatte ihr auch gezeigt, wie einige einfache Speisen zubereitet wurden. An diesem Tag, einem Mittwoch, aßen die Kopten nur Obst und Gemüse. So lernte Lena, dass deren Speisevorschriften weitaus strenger waren als die ihrer Heimat. Jeden Mittwoch und Freitag waren tierische Erzeugnisse verboten, selbst Milch, Eier oder Fisch. Dies solle die Menschen daran erinnern, wie Adam und Eva einst im Paradies gelebt hätten, hatte Meret ihr erklärt.
Jetzt sah sie ihrer Schwiegermutter dabei zu, wie diese an einem prächtigen Teppich arbeitete.
»Ein Teppich ist umso wertvoller, je enger die Knoten geknüpft sind«, fuhr Meret fort. »Aber auch seine Symbole sind von Bedeutung. Es gibt Teppiche, die erzählen Geschichten, andere sehen einfach nur hübsch aus, und manche hüten gar Geheimnisse. Dieses Stück wird ein Geheimnisträger sein.«
»Was ist sein Geheimnis?«
»Siehst du diese Zeichen?« Meret wies auf das untere Drittel des Teppichs, das bereits fertiggestellt war.
Lena nickte. »Sind es arabische Schriftzeichen?«
»Nein, das ist die demotische Schrift, ein Erbe der alten Ägypter, deren Nachfahren wir sind. Sie hält die Worte unserer Sprache fest.«
»Und was steht dort?«
»Mancherlei.« Meret lächelte. »Für einen Fremden ist es einfach nur ein Teppich mit einem besonderen Muster. Ein Kopte würde ein Zitat aus der Heiligen Schrift entziffern. Aber für die Hüterinnen ist es ein Hinweis auf Djeseru-Sutech.«
Wieder der Name dieser geheimnisvollen Stadt, von der ihr Philip bereits am Tag ihrer Hochzeit
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