Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
wenig wie Philip, der sie nur für seine eigenen Ziele benutzt und dann verraten hatte. Alle übrigen Männer, denen sie begegnet war, taugten ohnehin nur fürs Bett. Und manche nicht einmal dafür. Umso dringlicher musste sie mehr über Omar erfahren. Thea war sich vollkommen sicher, Khalil vor sich zu haben. Und sie wusste inzwischen durch Nachforschungen unter dem Gesinde, warum Khalil Philip so hasste. In gewisser Weise fühlte Thea sich Khalil deshalb nahe, denn auch er war ein Betrogener. Philip hatte ihm die Liebe des Vaters gestohlen und von Khalils Vater das geheimnisvolle Buch des Wissens geerbt. Thea erinnerte sich noch gut daran, wie Philip ihr die Macht des schwarzen Pulvers vorgeführt hatte. Kein Wunder, dass Khalil Philip mit tödlichem Hass verfolgte, wenn dieser ein so machtvolles Geschenk erhielt, während der leibliche Sohn leer ausging.
Andererseits blieb Thea argwöhnisch. Ein Mann, der von seinem eigenen Vater verstoßen wurde, war mit Vorsicht zu genießen. Wer konnte schon wissen, warum der alte Kadir Philip seinem eigenen Sohn vorgezogen hatte?
Genug der Gedanken!, ermahnte sie sich und richtete ihr Augenmerk wieder auf ihr Vorhaben. Es gelang ihr, unbemerkt bis zur Straße der Laternen zu gelangen. Irgendwo bellte ein Hund, sonst war es erstaunlich still für eine Stadt, die tagsüber nie zur Ruhe zu kommen schien.
Thea näherte sich dem Haus des Abd al-Hisâb von hinten. Es gab einen Winkel, der vermutlich von niemandem eingesehen werden konnte. Genau der richtige Platz für ihre Pläne. Sie warf den Mauerhaken, hörte, wie er sich verfing, und zog das Seil an. Keine drei Herzschläge später saß sie rittlings auf der Mauerkrone, rollte das Seil ein und sprang in den Garten hinunter. Ganz in der Nähe wuchs ein Busch. Sie wusste nicht, um welche Pflanze es sich handelte, aber die Blätter wuchsen dicht an dicht und boten gute Deckung. Eine Weile blieb sie in dem Gesträuch hocken und wartete ab. Liefen Hunde umher? Gab es Wächter? Ein so vornehmer Mann wie Abd al-Hisâb würde sein Anwesen doch nicht so ungeschützt lassen, dass jeder dreiste Dieb eindringen konnte. Die Zeit verging, nichts rührte sich. Im Haus brannten nur hinter wenigen Fenstern Lichter. Theas Blick fiel auf ein Fenster zu ebener Erde, das leicht offen stand. Dahinter war alles dunkel. Sie lächelte. Ein Eingang, wie für sie gemacht. Es war lange her, seit sie das letzte Mal in ein Haus eingestiegen war. Kurz zuvor hatte sie Ulf von Regenstein verlassen. Ein reicher Kaufmann, den sie ausgeplündert hatten, während er ahnungslos im oberen Stockwerk seines Hauses schlief.
Das Fenster führte in einen dunklen Raum. Thea lauschte, doch nichts war zu hören. Kein Atemzug eines Schlafenden, kein Anzeichen auf menschliche Gegenwart. Behutsam tastete sie sich vorwärts, stieß gegen einen harten Gegenstand, der sich als Hammelhälfte entpuppte. Anscheinend war sie geradewegs in die Speisekammer geklettert. Umso besser, dann wusste sie, wo sie sich verbergen konnte, falls sie Schwierigkeiten bekam und den Garten schnell verlassen musste.
Die Tür zur Speisekammer stand offen. Dahinter lag die Küche. Im Herd glomm die letzte Glut und erhellte den Raum mit schwachem Schein. Ein rascher Blick. Manchmal pflegte das Gesinde in der Küche zu übernachten, doch ringsum war niemand zu sehen. Also weiter. Etwas huschte ihr an den Beinen vorbei. Fast wäre sie einen Schritt zurückgetaumelt und gegen ein Bord mit Töpfen gestolpert, doch sie fing sich noch rechtzeitig. Es war nur eine Katze, kein Grund zur Sorge.
Von der Küche aus ging es in die Diele. Hier hörte Thea erstmals menschliche Laute. Hinter einer Tür lachten zwei Männer. Leises Geklapper auf dem Holz des Tisches. Vermutlich Würfel. Thea lächelte zufrieden. Männer beim Spiel waren keine Gefahr, die vergaßen die Welt um sich herum. Abd al-Hisâb musste sich sehr sicher fühlen, wenn einem Eindringling der Zugang zum Haus so leicht gemacht wurde. Sie schlich weiter. Hin und wieder nahm sie hinter einer Tür oder einem Vorhang Laute wahr, die auf die Anwesenheit von Menschen hindeuteten.
Plötzlich hörte sie Schritte. Hastig drückte sie sich in eine Ecke, doch es war zu spät! Der Mann hatte sie bereits bemerkt.
»Was treibst du hier?«, sprach er sie an. »Ich habe dich noch nie gesehen.«
Ganz kurz überlegte Thea, ob sie den Kerl mit einem raschen Tritt ins Gemächt unschädlich machen sollte, aber dann besann sie sich.
»Vergib mir, ich bin neu im Haus
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