Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
Serenas Hand vibrierte schneller. Sie befahl dem Dämon, sich still zu verhalten. Er gehorchte, zitterte aber weiter.
Sie sah auf der anderen Straßenseite eine menschenleere, dunkle katholische Kirche, doch war es nicht die Kirche, die in ihr das Gefühl hervorrief, dass irgendetwas im Gange war.
Der Zauber, unter dem Serena stand, machte sie nicht vollkommen unsichtbar – das war nicht möglich –, doch war sie nur schwer zu erkennen, nicht mehr als ein Schatten, der mit den Bäumen verschmolz. Solange sie sich nicht bewegte und kaum atmete, war sie de facto unsichtbar.
Bei der Person, die nur ein paar Meter von ihr entfernt stand,
handelte es sich um eine Frau. Eine Frau mit langem schwarzen Haar.
Moira.
Ihre Schwester stand zwischen den Bäumen und beobachtete den Schülerparkplatz, auf dem ein Polizeiwagen stand, der, als Serena hinschaute, wegfuhr. Moira sah weiter zu dem Parkplatz, doch verriet ihre Haltung, dass sie genau darauf gewartet hatte. Sie war auf dem Sprung, ein einziges Energiebündel.
Ganz wie Fiona. Gewissermaßen ein Klon, nur dass Moira für diesen schlanken Hals, diese schmale Nase und die perfekt geformten Wangenknochen keine Zaubersprüche, Magie oder übernatürlichen Kräfte einsetzen musste. Sie brauchte auch keine Zaubergetränke, um ihrem Haar noch mehr Glanz und ihren Augen noch mehr Tiefe zu verleihen.
Serena hasste und liebte ihre Schwester zugleich, so wie sie auch zugleich mit ihr zusammen sein und sie töten wollte.
Moira war die Einzige gewesen, die dem Hexenzirkel im Weg gestanden hatte, bis Rafe Cooper aufgetaucht war. Sie hatte ihre Pläne durchkreuzt, sie aufgehalten und das Leben aller in Gefahr gebracht. Sie musste sterben. Doch noch schlimmer war, dass sie nicht einmal wusste, was sie tat oder wie gefährlich sie für Fionas Pläne war.
Als Fiona jedoch dieses eine Mal die Möglichkeit gehabt hätte, dem Ganzen ein Ende zu bereiten, hatte sie ihre dummen Psychospielchen gespielt, und so lebte Moira immer noch.
Wieso eigentlich? Hatte sie das verdient? Nein. Nicht nach all dem Leid, das Serena hatte ertragen müssen, weil dieses Miststück unbedingt frei sein wollte.
Fiona hatte Moira schon immer mehr geliebt als Serena, weil sie die Auserwählte, das Opfer gewesen war. Diejenige, die das Reich zwischen dem Hier und der Unterwelt regieren und zwischen zwei Orten hätte wechseln können. Ganz mühelos, als würde sie nur atmen.
Doch all das hatte Moira weggeworfen, war fortgegangen, als wäre es nichts! Und jetzt wollte sie ihnen auch noch das Recht auf unendliches Wissen nehmen und den Reichtum der Welten verwehren.
Fiona hatte die auserwählte Stellung von Moira nicht auf Serena übertragen. Sie meinte, sie vermochte das nicht, sie wäre dazu nicht in der Lage, doch das stimmte nicht! Es war möglich! Serena hatte herausgefunden, wie sie all das haben konnte, was Moira aufgegeben hatte. Moira musste nur tot sein.
Du bist nicht frei, das wirst du nie sein, und ich werde dich töten!
Moira spürte, dass sie beobachtet wurde. Sie blieb stehen, steckte das Adressbuch unauffällig in ihre Hosentasche und horchte.
Weiter entfernt bellte ein Hund; ein anderer, mehr in der Nähe, kläffte in einem höheren Ton zurück.
Stimmen in der Ferne. Etwas bewegte sich. Eine Tür wurde zugeschlagen.
Außer ihr war noch jemand da und atmete.
Moira hatte ihren »mentalen Muskel« eingesetzt. Als einen solchen bezeichnete Rico es, wenn Instinkte das Handeln übernahmen und auf eine Bedrohung reagierten, noch bevor ein bewusster zusammenhängender Gedanke gefasst werden konnte.
Dieser mentale Muskel rettete Moira das Leben.
Sie hatte die Bewegung nicht bemerkt, als sie vortäuschte, nach rechts zu gehen, dann aber zwischen zwei Rotholzbäumen untertauchte und eine Ladung Energie an der Stelle niederging, wo sie gestanden hatte. Sie schlug einen Purzelbaum und sprang mit dem Dolch in der Hand wieder auf, bereit zum Angriff.
Eine rotblonde Frau, größer als Moira. Schlank. Gertenschlank. Blass.
Ganz vertraut, das Lachen eine Erinnerung an die Vergangenheit. An saftiges Grün, salzige Luft, Klee und Lavendelfelder. An Tee und dunkles Bier und Freiheit.
An Jugend und Unschuld.
An Hoffnung.
Dass Serena plötzlich auftauchte, hätte Moira an sich nicht überraschen dürfen – sie konnte sich mit Fiona messen –, dennoch hatte die Gegenwart ihrer Schwester sie erschreckt.
»Serena.« Sie räusperte sich.
Serena grinste. »Du bist nervös.«
»Das bin ich nicht. Du
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