Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
still nebeneinander, bis die Wolken sich öffneten und ein einzelner Tropfen Regen zu Boden fiel.
Philip fügte sich seinem Schicksal und stand mit hörbar knackenden Knochen auf. Trotz seiner Gebrechen bedauerte er den Verlust seiner Jugend nicht. »Ich sollte meine Reisevorbereitungen abschließen. Ich habe eine lange Fahrt vor mir.«
Pietro blieb sitzen und sah Philip an. »Du weißt, dass die Conoscenza nur durch jemand ganz Speziellen vernichtet werden kann.«
Philip drehte sich der Magen um. »Eine Hexe.«
»Moira.«
»Du nennst sie immer noch Hexe.«
»Das wird sie immer bleiben.«
Philip schüttelte den Kopf und wischte ein paar Regentropfen
aus seiner Augenbraue. »Das glaubst du doch nicht allen Ernstes! Uns wird allen vergeben.«
»Stimmt, aber sie ist nun einmal das, was sie ist. Vergebung hin oder her, sie ist unsere einzige Hoffnung. Nur eine sterbliche Hexe kann dieses Buch, das mit einer Mischung aus Dämonen-und Menschenblut geschrieben wurde, vernichten. Sie stammt vom Sündenfall ab.«
»Das tun wir alle.«
»Du weißt, wie ich das meine.«
Natürlich wusste Philip das. Nachdem die Menschen zum ersten Mal von der verbotenen Frucht gekostet hatten und aus dem Garten Eden vertrieben worden waren, wandten sich anschließend ein paar von ihnen der Zauberei zu und streiften gemeinsam mit Dämonen durch die Welt. Von diesem ersten Hexenzirkel, diesen ersten Zauberern der Erde, stammte Fiona ab. Und somit auch Moira.
»Bist du dir sicher?«, fragte Philip, während der Regen stärker wurde und sie sich auf den Weg zurück ins Kloster begaben.
»Das bin ich«, antwortete Pietro.
Philip lief ein Schauer über den Rücken. Als ob der Wind seine Angst und sein Zögern spürte, fegte er um sie herum, erfasste die Festung, als wäre er vom Himmel heruntergeschickt worden. Pietro zog seinen Pullover fester um sich.
»Ich weiß, Philip, du bist böse mit mir, und ich bedaure aufrichtig, dir die Informationen vorenthalten zu haben. Rico musste Moira in dem Glauben lassen, dass sie eine von uns werden würde, doch es ging nur darum, ihre Fragen in eine andere Richtung zu lenken. Er hat sie nie belogen.« Er zögerte. »Da du Gideon nicht mitnehmen möchtest, wird dich John stattdessen nach Santa Louisa begleiten.«
»Ich fahre nach Olivet.« Noch während er es aussprach, merkte Philip, dass er unbewusst geplant hatte, direkt nach Santa Louisa zu fahren. Anthony, Moira, Raphael – sie alle schwebten
in Gefahr und mussten die Wahrheit kennen, um noch eine Chance zu haben.
Philip wischte ein paar Regentropfen von seiner Wange. »Sie verdienen es, die Wahrheit zu wissen.«
»Vielleicht. Bisher ging es in Moiras Visionen immer um die Gegenwart; sollte sie aber beginnen, in die Zukunft zu sehen, müssen wir das unterbinden, Philip.«
Philip schüttelte den Kopf. »Das sind Begabungen …«
»Sie sind nicht von Gott gegeben. Wenn es um Moira geht, Philip, hast du Scheuklappen vor den Augen. Ich habe Angst um deine Sicherheit. John wird dich nach Santa Louisa begleiten. Er kann dich schützen.«
Wollte Pietro damit vielleicht andeuten … »Moira würde weder mir noch irgendjemand anders von uns etwas antun! Sie hat Jahre gebraucht, um die ihr aufgetragene Mission zu akzeptieren, ihre« – Philip zögerte, unfähig, das Wort töten auszusprechen, das gegen alles verstieß, woran er glaubte – »Mutter und den Hexenzirkel aufzuhalten .«
Als er wieder an Peters Baum vorbeiging, schaute er traurig zu ihm hinüber. Pietro hatte alles gesagt, was er hatte sagen müssen.
Sie betraten die Steinhalle, und Wasser tropfte von ihren Kleidern auf den alten Boden. Philip erklärte: »Ich werde morgen fahren. Und Gideon wird hierbleiben, ja?«
Pietro nickte ernst. »Einverstanden. Gideon wird später zu dir stoßen. Ich werde John anweisen, dich zu begleiten. Ihr werdet bei Tagesanbruch aufbrechen.« Er griff nach Philips Arm. »Wir dürfen dich nicht verlieren, Philip! Ich bin in letzter Zeit … sehr unruhig gewesen. Ohne dich verlieren wir unsere Mitte.«
»Ich bin nichts weiter als ein Mensch.«
»Du bist wie ein Fels in der Brandung, Philip. Ich kann mich noch daran erinnern, wie du damals in St. Michael ankamst und
am Tor standest. Ich war zehn und wusste noch so gut wie nichts, doch ich hörte Pater Lucca sagen: ›Dieser Junge hier kommt von der Stiftung. Wir müssen ihn so lange wie möglich beschützen.‹ Und da nahm er dich unter seine Fittiche. Es war das erste Mal für ihn; von uns
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