Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
ihren Grundzügen nicht verstand. Er fuhr mit einer gleichzeitig ängstlichen und befehlenden Stimme fort. Sie berührte seine schweißnasse Stirn, strich sein Haar zurück und murmelte: »Schhh, Sie haben einen schlechten Traum!«
Plötzlich setzte er sich auf und schaute sie mit ängstlichem, verlorenen Blick an. Zitternd zog er sich in die Ecke zurück.
»Raphael, ich heiße Moira O’Donnell. Ich bin eine Freundin von Pater Philip.«
Er starrte sie an, und sie wusste nicht, ob er sie verstanden hatte.
»Erinnerst du dich, was gestern Nacht passiert ist? Auf den Klippen? Der Hexenzirkel?« Sie hielt inne. »Die sieben Todsünden?«
Er schüttelte langsam den Kopf. Seine Stimme klang rau und leise, als er sagte: »Sie ist tot.« Er hustete, um sich zu räuspern.
»Nein, das ist sie nicht. Du hast sie gerettet. Du hast Lily gerettet.« Moira nahm seine Hände und drückte sie. »Lily trug das weiße Kleid. Du hast zu ihr gesagt, sie solle weglaufen und nicht zurückschauen.« Sie zog eine Flasche Wasser aus ihrer Jacke und reichte sie ihm.
Er betrachtete das Wasser, dann Moira und nahm schließlich die Flasche.
»Es ist alles in Ordnung«, versicherte sie und beruhigte damit sowohl ihn als auch sich selbst.
»Sie ist tot«, wiederholte er. Er nippte an dem Wasser und musste husten.
»Ja, Abby ist tot«, sagte Moira. »Sie war auch da. Aber Lily, das Mädchen in dem weißen Kleid, das hast du gerettet. Sie lebt und ist in Sicherheit, und es geht ihr gut.« Zumindest hoffte sie, dass Anthony sie gefunden hatte und beschützte.
Als Rafe sich allmählich an die vorherige Nacht erinnerte, war ihm die Erleichterung anzusehen. »Lily?«, fragte er. Er nippte wieder an dem Wasser und trank dann richtig.
»Ich muss dich von hier wegbringen«, erklärte Moira.
»Nein, nein – gib mir eine Minute!«
»Entschuldigung, aber du siehst aus wie der Tod auf Urlaub. Anthony kann dich an einem Ort …«
»Anthony. Er ist hier.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
»Die ganze Zeit. Raphael, ich bin …«
»Rafe. Meine Freunde nennen mich Rafe.«
»Ich bin Moira.«
»Moi-rah«, flüsterte er und lächelte dabei. Er sprach ihren Namen richtig aus, was ihr gefiel.
Er atmete tief ein, streckte seine Beine aus und lehnte sich gegen die Wand. »Danke.« Er trank noch einen Schluck Wasser. »Ich bin normalerweise nicht so neben der Spur.«
Sie musste schmunzeln. »Ich denke, das kann ich in Anbetracht der Umstände verzeihen.«
»In Anbetracht der Umstände.« Er lächelte zaghaft zurück. »Meine Kräfte kehren schon wieder zurück.«
»Ein Wunder«, meinte sie und merkte erst, als ihr die Worte über die Lippen kamen, dass sie sarkastisch klangen.
»Du glaubst nicht an Wunder.«
»Doch. Ich habe in letzter Zeit nur keine erlebt.«
Er sah über das, woran sie nicht denken wollte, hinaus. Er war Seminarist; natürlich musste sein Glaube stärker sein als ihrer. So war es auch bei Peter gewesen – und wo hatte ihn das hingebracht?
Rafe schüttelte den Kopf. »Ich konnte sie nicht aufhalten. Sie sind da draußen. Überall …«
Moira war sich nicht sicher, ob er über die Dämonen oder Fionas Hexenzirkel sprach.
»Wir werden sie einfangen.«
»Oo’la te-ellan l’niss-yoona: il-la paç-çan min beesha.«
Moira war sich nicht sicher, in welcher Sprache Rafe gerade redete, doch sie kam ihr bekannt vor. »Was hast du gesagt?«
Er schaute sie an. »Aramäisch.« Das beantwortete nicht ihre Frage, doch fuhr er stirnrunzelnd fort: »Die Conoscenza wurde gestohlen. Meine Schuld.«
Moira saß mit dem Rücken an der Wand neben ihm in der
dunklen, nasskalten Hütte, die Tür ihr gegenüber. Rafe hatte zwar seit der Fotoaufnahme zu viel abgenommen, doch waren seine Schultern breit, und selbst im Sitzen erkannte sie, dass er groß war. Sie fühlte sich klein neben ihm, obwohl sie das nicht war.
Er strich mit seiner Hand über ihre Schulter, ihr feuchtes Haar und meinte: »Du kommst mir … bekannt vor.«
Er wechselte das Thema. Sie würde das Spiel vorerst einmal mitspielen, aber irgendwann müsste er ihr Antworten auf die schwierigen Fragen geben. »Ich habe vor sieben Jahren in St. Michael gelebt«, sagte sie.
Er schüttelte den Kopf. »Ich ging vor zwölf Jahren von dort weg und kehrte nie wieder zurück.«
»Nie wieder?«
Er trank die Wasserflasche aus, stellte sie neben sich auf den Boden und spielte mit seinem Zeigefinger an dem Flaschenhals. »Ich musste ein paar Dinge herausfinden, und das hat
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