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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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darauf hingewiesen, dass ein Entwurf fehlte, und so hatte allem Anschein nach auch niemand von den Zuschauern etwas vermisst.
    Jetzt erschien Torben Hoffmann im Eingang, wischte sich schnell noch einmal mit dem Tuch über die Stirn und machte dann drei unsichere Schritte auf den Laufsteg hinaus. Einer der Spots richtete sich auf den jungen Designer und übergoss ihn mit einem bläulichen Schein.
    Lara blickte kurz nach oben. Die beweglichen Scheinwerfer waren an einem Metallgerüst unter dem Dach der Fabrikhalle befestigt.
    Sie erblickte das Gebilde noch vor allen anderen. Noch ehe die Musik abrupt aussetzte und das Raunen im Saal erstarb, ehe in der einsetzenden Stille das quietschende Geräusch immer lauter wurde, sah Lara die lange schmale Trage, die an Seilen langsam herabschwebte.
    Ein leises Platschen ertönte, und eins der Models wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Während die Blicke der Anwesenden auf die Unterseite der Bahre gerichtet waren, die sich Zentimeter für Zentimeter absenkte; während die Menschen in der kalten Fabrikhalle sich fragten, was sie auf dem Gestell erblicken würden und ob das Ganze zur Show gehörte, betrachtete das Mädchen auf dem Catwalk seine Hand, stieß ein leises Quieken aus und zeigte wild gestikulierend nach oben. Der nächste Tropfen traf sie direkt ins Auge. Das Quieken verwandelte sich in ein Kreischen, während immer rascher herabfallende Blutstropfen ein bizarres Muster auf dem Laufsteg bildeten. Auf der Unterseite der Bahre erblühte ein dunkelroter Fleck, der schnell größer wurde. Jetzt schrien auch die anderen Models und die Menge stimmte ein. Eine schrille Kakofonie erfüllte die alte Seilfabrik. Die Mädchen stakten vom Laufsteg, so schnell sie es in ihren High Heels schafften. Torben Hoffmann verharrte am Ende des Catwalks, sein Mund stand ein wenig offen, das Tüchlein in seiner Rechten zitterte. Eins der Mädchen stieß ihn beiseite, und das löste seine Erstarrung. Statt ebenfalls hinauszustürzen, trippelte er in Richtung der Bahre, die jetzt bereits einen Meter über dem Laufsteg schwebte. Lara war aufgestanden und fotografierte. Was auch immer auf dieser Trage lag – es gehörte weder zur Show noch war es etwas Erfreuliches. Ihr Artikel würde eine ganz andere Gestalt annehmen, als sie es geplant hatte.
    Durch den Sucher sah sie ehemals weiße Spitze, die jetzt blutdurchtränkt war, bläulich schimmernde Haut und eine rotschorfige Wunde am Hals, die wie ein zahnloses blutiges Maul klaffte. Lara schwenkte die Kamera und knipste dabei wie in Trance. Die Augen der Toten starrten milchig trüb nach oben. Während der Zoom das Bild heransurrte, wurde offensichtlich, dass das, was zuerst wie eine dunkle Augenmaske ausgesehen hatte, eigentlich winzige rotblaue Punkte waren, die die Haut rund um die Augenhöhlen sprenkelten.
    Der Unterkiefer der Toten war herabgesackt, der Mund stand halb offen. Zwischen den übernatürlich weißen Zähnen hing die Zunge wie ein aufgequollener Ballon aus blauschwarzem Fleisch hervor. Das gesamte Gesicht war aufgedunsen, die pinkfarben gepuderten Bäckchen bildeten Wülste über den Jochbeinen.
    Noch immer lösten sich im Zeitlupentempo dicke Blutstropfen, rollten über die Schultern die ausgebreiteten Arme hinab bis zu den Fingerspitzen und platschten links und rechts der Trage zu Boden.
    Hinter ihr schnatterte die Menge. Jemand drückte gegen Laras Rücken, aber sie wandte sich nicht um, um den Drängler zu rügen. Lara fotografierte. Sie fotografierte die Bahre, die Seile, das Blutmuster auf dem Laufsteg, die dunkelrot getränkte Brüsseler Spitze, den Halsschnitt, der von einem Ohr zum anderen reichte, die blauschwarze Zunge. Und sie knipste Torben Hoffmann, der wie ein Balletttänzer den Blutstropfen ausweichend, herangetänzelt war, nun dicht vor der Bahre stand und sich zaghaft vorbeugte.
    Als der junge Mann sich plötzlich mit Entsetzen in den Augen aufrichtete, hielt die Menge erneut den Atem an, und in die Totenstille hinein konnte man bis in die letzte Ecke der Halle seinen Aufschrei hören. »Mein Gott, das ist Carolin Fresnel!«

5
    »Das ist doch nicht dein Ernst!« Jo klang ungläubig. »Eine Leiche bei der Modenschau?«
    Lara seufzte und wiederholte dann im Telegrammstil ihre Erlebnisse. Zuerst hatte sie gezögert, den Kollegen mitten in der Nacht anzurufen, aber irgendjemandem musste sie die Ereignisse berichten. Es war nach Mitternacht. Ihre Eltern schliefen längst, ganz davon abgesehen, dass sie

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