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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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er bereits seit Dienstagabend hatte tun wollen: Er würde sich den Mann nachher zu einem Gespräch holen. Anlass: Wörths Sorge um Marcel. Wenn er Glück hatte, reagierte Wörth genauso gut auf Hypnosetechniken wie diese Frau hier. Romain Holländer bemerkte nicht, dass er leise mit der Zunge schnalzte.
    »Hat Frieder eigentlich etwas über Marcel gesagt? Wie es seinem Sohn geht oder dergleichen?« Morgen früh um halb sechs würde der neue Altardiener zu ihm kommen, um seinem Prinzipal bei den Vorbereitungen für die um sechs Uhr beginnende Sonntagsandacht behilflich zu sein. Romain Holländer sah den blondgelockten Jungen in seinem blassroten Gewand vor sich und atmete schneller. Sein auserwählter Engel! Konrad würde seinen Meister salben und ihm in die Gewänder helfen. Fast konnte Romain die Berührung der zarten Finger auf seiner Haut fühlen. Er schloss kurz die Augen und genoss die Vorstellung. Dann horchte er dem Klang der spröden Frauenstimme im Raum nach.
    Melinda Weiß hatte »Nein« gesagt. Nun saß sie mit einfältigem Gesichtsausdruck auf ihrem Sessel und wartete auf weitere Befehle.
    »Du solltest in Zukunft verstärkt darauf achten, ob Frieder sich zu Marcel äußert. Schreib es so wortgetreu wie möglich auf. Das war’s für heute.« Er entließ sie mit der Programmierung, die Beobachtungen und Gespräche auch an den nächsten Tagen fortzusetzen und ihren täglichen Bericht bei ihm zu hinterlegen.
    Romain Holländer schaute Melinda Weiß nach. Die kleine Frau hatte die Fleecejacke um sich geschlungen und hielt sie mit beiden Händen fest. Hoffentlich wurde sie nicht ernsthaft krank. Ihre Beobachtungen waren wichtig. Und jetzt würde er hinuntergehen und sich unter die Gemeindemitglieder mischen. Nach der Abendandacht war dann der gute Frieder fällig. Wenn der Mann einer Hypnose zugänglich war und von selbst alles ausplauderte, hatte sich Melinda Weiß’ Aufgabe von ganz allein erledigt.
    *
    »Das lag auf meinem Schreibtisch, als wir vom Essen zurückkamen.« Lara zeigte Mark den schlichten weißen Umschlag und nahm das einzelne Blatt heraus. Ihre Hand zitterte. »Er hatte nicht einmal den Mumm, ihn mir persönlich zu übergeben.«
    »Zeig mal her.« Mark nahm ihr das Schreiben aus der Hand und überflog es. Lara betrachtete sein kantiges Gesicht. Die Fältchen um seine Augen hatten sich im Lauf der Jahre vermehrt und tiefer eingekerbt. Am linken Mundwinkel war eine winzige Stelle mit Stoppeln, die er beim Rasieren übersehen hatte. Ob Anna wusste, dass er in Leipzig war? Oder hatte Mark eine Wochenendkonferenz vorgeschoben? Solche Kongresse kamen ab und zu vor. Sie hatte vorhin nicht schlecht gestaunt, als Mark unerwartet vor ihrer Tür gestanden und ihr erklärt hatte, dass er doch versprochen habe, vorbeizukommen. Und hier sei er nun! Lara hatte die kleine Reisetasche in seiner Rechten gemustert und sich im Stillen gefragt, ob er etwa bei ihr übernachten wollte. Noch mehr aber fragte sie sich seitdem, ob sie das gut oder schlecht finden würde.
    »Es scheint alles rechtssicher. Nicht, dass ich ein besonderer Experte dafür wäre.« Mark legte das Blatt auf den Küchentisch. »Wenn man es mal auf der rein sachlichen Ebene auseinandernimmt, dann weiß ich, dass Datum, Uhrzeit und Ort des Fehlverhaltens genannt werden müssen. Das hat er getan.« Er sah Lara in die Augen, die ob des »Fehlverhaltens« schluckte, und fuhr fort. »Er hat den Vorfall als ›Vertragsverletzung‹ bewertet und dich aufgefordert, dein Verhalten zu ändern. Alles korrekt. Auch die angedrohten arbeitsrechtlichen Konsequenzen passen dazu.« Er hörte, wie Lara tief durchatmete und setzte hinzu: »Das muss nicht bedeuten, dass ich es gutheiße, was Tom da formuliert hat. Ich nehme nur die rechtliche Seite auseinander, um zu sehen, ob irgendwo Fehler vorhanden sind. Aber es sieht nicht danach aus.«
    »Ich kann das nicht widerspruchslos hinnehmen, Mark. Es ist ungerecht!«
    »Das verstehe ich vollkommen.« Er legte ihr die Hand auf den Unterarm. Sie war warm und weich. »Aber der eigentliche Sachverhalt – dass du zu dieser Pressekonferenz gegangen bist, obwohl diese Frau Breitmann dafür vorgesehen war, und dass du ab und an vergisst, dich in der Abwesenheitsliste einzutragen, der stimmt doch, oder?«
    »Wenn man sich die Tatsachen so hinbiegt, ja. Und das mit der Liste – das ist allen schon mal passiert.«
    »Dann kannst du da nicht viel dran ändern. Ich würde eine Gegendarstellung formulieren. Diese muss dann

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