Suendenpakt
bereits da. Lenny Levitt, klein und kompakt, steht entschlossen daneben, eine Nikon um seinen Hals, eine andere auf ein Stativ geschraubt.
Ich springe aus Clarence’ Wagen und lese Levitt die kurze Stellungnahme vor, die ich während der Fahrt von New York zusammengebastelt habe. »Dante Halleyville und Michael Walker«, beginne ich so langsam, dass er in seinem Notizbuch mitschreiben kann, »haben absolut nichts mit den Morden an Eric Feifer, Patrick Roche und Robert Walco zu tun. Dante Halleyville ist ein außergewöhnlicher junger Mann ohne Vorstrafen, der keinen Grund hatte, diese Verbrechen zu begehen.«
»Und wo ist Walker?«, fragt Levitt.
»Walker wird sich morgen stellen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebe ich keinen weiteren Kommentar ab.«
»Warum sind sie weggelaufen?«
»Was habe ich gerade gesagt, Len? Jetzt fang an, Bilder zu machen. Das ist deine Chance, vom Sportteil wegzukommen.«
Ich habe Lenny aus PR-Gründen angerufen. Boulevardzeitungen und Polizisten mögen Schnappschüsse von schwarzen gefesselten Verdächtigen, die zwischen den Uniformierten Spießruten laufen müssen und in einen Streifenwagen geschoben werden. Aber genau das werden sie an diesem Morgen nicht zu sehen bekommen.
Das Bild, das Lenny schießt, strahlt viel mehr Frieden aus, hat schon fast etwas Poetisches: ein verängstigter Jugendlicher und seine winzige Großmutter gehen Arm in Arm auf die Tür eines Kleinstadtpolizeireviers zu. Die amerikanische Flagge flattert im Mondlicht, und weit und breit ist kein Polizist in Sicht.
Sobald Levitt die Bilder im Kasten hat, rast er, wie vereinbart, mit seinem Film los. Clarence und ich gehen zu Dante und Marie, die zögernd das Polizeirevier von East Hampton betreten. Hinter dem Schreibtisch sitzt Sergeant Marty Diallo. Seine Augen sind geschlossen, seine Lippen weit geöffnet. Als wir die Tür hinter uns schließen, kippt er fast von seinem Stuhl.
»Marty, Dante Halleyville ist hier, um sich zu stellen.« Ich habe meine Worte gut geprobt.
»Es ist niemand hier«, erwidert Diallo, der sich die Spinnweben aus den Augen reibt, aber auch seine Waffe zieht. »Mist, was soll ich denn tun?«
»Nettes Ding, Marty. Dante hat sich gerade selbst gestellt. Kannst die Waffe also wieder einstecken. Wir werden uns hier hinsetzen und warten, während du ein paar Anrufe erledigst.«
»Es ist vier Uhr morgens, Dunleavy. Hättest du nicht ein paar Stunden warten können?«
»Natürlich nicht. Jetzt nimm das Telefon.«
Die seltsame Mischung aus Verwirrung und Verachtung,
mit der mich Marty anblickt, vermittelt uns eine Ahnung, warum Dante darauf bestand, von mir begleitet zu werden.
»Ich weiß gar nicht, warum du mit diesem Stück Scheiße mitgekommen bist«, bringt Diallo schließlich heraus.
Dann legt er Dante Handschellen an.
29
Dante
Sobald der Sergeant hinter dem Schreibtisch völlig wach ist, zuckt sein teigiges Gesicht irgendwie vor Angst und Wut. Er zieht seine Waffe und springt von seinem Stuhl, als befürchtete er, wir vier würden ihn zusammenschlagen oder ihm seine Brieftasche klauen. Er richtet die Waffe direkt auf mich, aber alle heben die Hände, sogar meine Großmutter.
Genau wie auf dem Spielfeld von Smitty Wilson ist Tom der Einzige, der Ruhe bewahrt.
»Hör auf mit dem Quatsch, Marty«, beruhigt er ihn. »Dante hat sich gerade selbst gestellt. Kannst die Waffe also wieder einstecken.«
Aber der Polizist sagt kein Wort, sondern starrt mich immer nur an. Dass Leute Angst vor mir haben, bin ich gewohnt. Bei weißen Fremden ist das so üblich, dass ich es schon nicht mehr persönlich nehme. Aber bei Diallo - der Name steht auf seinem Schild - rieche ich beinahe die Angst. Die Hand mit der Waffe, den Finger am Abzug, wackelt in der Luft, die andere, mit der er an den Handschellen an seinem Gürtel fummelt, funktioniert auch nicht so, wie er will. Um keinen Aufstand zu machen, strecke ich meine Hände aus, um mir die Handschellen anlegen zu lassen, die allerdings viel zu eng sind und mir wehtun. Aber ich sage kein Wort.
Trotz meiner Handschellen wirkt Diallo nervös und unsicher. Er sagt, ich sei wegen Mordverdachts verhaftet, und klärt mich über meine Rechte auf. Es ist, als würde er mich verfluchen, nur mit anderen Worten, und jedes Mal, wenn
er eine Pause macht, kommt es mir vor, als würde er ein Nigger hinterherschieben.
»Du hast das Recht zu schweigen (Pause). Und alles, was du sagst (Pause), kann und wird gegen dich verwendet werden. Hast du das verstanden
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