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Suendenpakt

Titel: Suendenpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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auf der Arbeit knülle ich ein Blatt Papier zusammen, lehne mich in meinem Schreibtischstuhl (59 Dollar) zurück und lasse den Ball fliegen. Er prallt von der schrägen Decke meines Büros (650 Dollar pro Monat) ab, streift seitlich einen beigen Aktenschrank (39 Dollar), fällt auf das Ende meines Schreibtisches (109 Dollar) und landet sanft in dem weißen Papierkorb (6 Dollar).
    Die geschmackvolle Einrichtung stammt von Ikea, und schon elfmal hintereinander ist mir dieser erfolgreiche Wurf - leider nur in den Papierkorb - geglückt.
    Um euch ein Gefühl für das halsbrecherische Tempo meiner Rechtsanwaltskarriere zu geben: Heute habe ich nicht einmal annähernd meine Bestzeit hingelegt. Bei mehreren Gelegenheiten habe ich weit über fünfzig geschafft, und an einem spannenden Nachmittag, als ich wirklich gut drauf war, waren es achtundsiebzig dieser »Dreibandenstöße« hintereinander, ein Rekord, der, wie ich vermute, so lange anhalten wird, wie der Mensch Papier und zu viel Zeit zur Verfügung hat.
    Nach zwei Jahren als alleiniger Inhaber und Mitarbeiter der Tom Dunleavy, Esquire, Inc. mit Sitz in einem bezaubernden Holzhaus direkt über Montauk Books sind meine Papierwurfkünste eindeutig Weltklasse. Aber ich weiß, für einen gebildeten, kerngesunden Zweiunddreißigjährigen ist dies ein trauriger Geschäftserfolg, und nach dem Besuch
bei Dantes Großmutter Marie und der Erkenntnis, was sie durchmacht, komme ich mir damit noch mieser vor als vor vierundzwanzig Stunden.
    Es könnte Einbildung sein, aber selbst Wingo blickt mich enttäuscht an. »Komm schon, Wingoman, jetzt sei nicht so streng mit mir. Du bist doch mein Kumpel«, flehe ich ihn an. Aber vergeblich.
    Immer noch geistert Marie durch meinen Kopf, als mich das Telefon aus meiner trüben Stimmung reißt. Um ein bisschen Würde zu wahren, lasse ich es zweimal klingeln.
    Es ist nicht Dante.
    Nein, es ist Peter Lampke, ein alter Freund. Er hat gerade ein Angebot für sein Cape-Cod-Haus in Hither Hills angenommen und will wissen, ob ich die Vertragsangelegenheiten für ihn abwickle.
    »Ich stecke bis zum Hals in Arbeit, Peter, aber für einen Kumpel nehme ich mir immer Zeit. Ich rufe die Maklerin gleich an und lasse mir die Verträge zuschicken. Glückwunsch.«
    Der Auftrag ist vielleicht keine Herausforderung, bringt mir aber zumindest zwei oder drei Stunden ehrliche, bezahlte Anwaltsarbeit. Ich rufe sofort die Maklerin Phyllis Schessel an, eine andere alte Freundin, und hinterlasse ihr eine Nachricht. Jetzt, nachdem die Miete für ein paar Monate bezahlt ist, mache ich Feierabend.
    Einen zwölften Wurf versuche ich erst gar nicht. Das zerknüllte Papier bleibt im Papierkorb liegen.
    Mit dem Schlüssel in der Hand stehe ich schon in der Tür, als das Telefon wieder klingelt. Ich gehe zurück und hebe ab.
    »Tom«, meldet sich am anderen Ende eine tiefe Stimme, »hier ist Dante.«

26
    Tom
    Drei Stunden später in New York muss ich zugeben, dass mir die ganze Situation selbst unwirklich vorkommt.
    Zwei Schlösser drehen sich, eine Kette bewegt sich kratzend entlang der Schiene, und Dante Halleyvilles Körper füllt die Tür 3A in der 26 Clinton Street aus. Dante hat seit mehr als einer Woche weder die Wohnung verlassen noch die Rollos hochgezogen oder ein Fenster geöffnet. Das bisschen, das an Luft noch übrig ist, riecht nach Angst, Schweiß und fettigem chinesischem Essen.
    »Ich sterbe vor Hunger«, ist das Erste, was er sagt. »Vor drei Tagen hat mich so ein Lieferant schief angeguckt, und seitdem hatte ich Angst, noch was zu bestellen. Außerdem habe ich nur noch zwölf Dollar.«
    »Gut, dass wir unterwegs angehalten haben«, erwidere ich, ziehe den ersten von drei großen Pizzakartons aus einer Tüte und lege ihn vor Dante auf den Tisch.
    Er setzt sich mit Clarence auf ein altes Sofa. Darüber blickt mir Mick Jagger als Fünfundvierzigjähriger entgegen. Ich sage nicht, dass ich Dantes Entscheidung, abzuhauen, gutheiße, aber ein altes Immigrantenviertel voll junger, weißer Bohemiens, von denen sich die Hälfte ihre Miete von den Eltern bezahlen lässt, ist nicht der erste Ort, an dem die Polizei nach einem schwarzen, flüchtigen Jugendlichen sucht. Die Wohnung gehört der älteren Schwester eines Typen, den Dante im Sommer im Nike-Camp kennen gelernt hat.
    Dante schlingt ein Stück Pizza hinunter, erklärt aber zwischen zwei Bissen: »Michael und ich waren an dem Abend
da. Ich meine, wir waren genau da.« Er beißt in seine Pizza und nimmt einen

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