Suendenpakt
kenne ich Artis. Er hat meine Kinder durchs College gebracht.«
Ich überrede Pedi, Artis anzurufen, und ein paar Minuten später habe ich ihn an der Strippe, doch er ist abweisender als erwartet. »Wenn du wegen dem Abend auf dem Basketballfeld anrufst, ich war nicht da.«
»Artis, wenn es sein muss, werde ich dich vorladen lassen.«
»Zuerst musst du mich finden.«
»Dante droht die Todesstrafe. Du weißt was, aber du behältst es für dich.«
»Du kennst Loco nicht. Lieber gehe ich ins Gefängnis, als gegen ihn auszusagen. Aber solange dir klar ist, dass ich selber nicht da war, könnte ich dir helfen.«
Als ich den Mann beschreibe, der auf der Bank lag, weiß Artis sofort, von wem ich rede.
»Du suchst nach Manny Rodriguez«, verrät er mir. »Wie alle anderen ist auch er ein viel versprechender Rapper. Er hat mir gesagt, er arbeitet für ein winziges Label namens Cold Ground, Inc. Ich wette, die stehen im Telefonbuch.«
48
Tom
Ja gut, ich bin ein Amateurdetektiv. Und ich bin wieder in Manhattan, wo die Cold Ground, Inc. ihren Sitz in einem stinkigen Nachkriegsgebäude gleich unterhalb des Union Square hat.
Ein verspiegelter Fahrstuhl entlässt mich in die sechste Etage, wo mich ein dröhnender Bass durch einen braungelben Flur lockt und mir der Geruch nach Marihuanazigaretten das letzte Stück des Weges weist.
Hinter der letzten Tür links tobt eine kleine Hip-Hop-Fabrik. Dort wurde das einstige Wohnzimmer einer Zwei-Zimmer-Wohnung in ein kleines Aufnahmestudio umgewandelt.
Hinter einer Glaswand spuckt ein Rapper mit Babygesicht und makelloser, perfekt schief sitzender Yankee-Kappe Reime in ein kupferfarbenes Mikrofon.
Ich leg ihn um, und nur
die Knarre findest du, die noch raucht.
Von mir gibt’s keine Spur,
denn ich bin weg, bin untergetaucht.
Der Sänger kann nicht älter als siebzehn sein. Sein Mädchen auch nicht. Sie sitzt auf der anderen Seite der Scheibe auf einem Ledersofa, auf ihrem Schoß ein kleines Kind, das genauso angezogen ist wie sein Papa, einschließlich der schiefen Kappe und den Retro-Nikes. Ein Dutzend andere Leute treiben sich hier herum, und egal ob lang und dünn
oder kräftig und kompakt, alle strahlen genau das aus, was sie sind.
Wer hier der Verantwortliche ist, lässt sich schwer sagen, und am Eingang gibt es keinen Empfang.
»Manny macht Duplikate«, teilt mir eine große Frau namens Erica mit und nickt zuvorkommend, als ein dürrer Kerl mit kohlrabenschwarzem Pferdeschwanz aus einem Hinterzimmer auftaucht.
Manny trägt einen Stapel Kartons, die aussehen wie vom Pizzaservice. »Die muss ich in ein anderes Studio bringen«, sagt er und geht zur Tür. »Komm mit, dann reden wir unterwegs.«
Im Taxi erläutert Manny den Handlungsstrang seines hektischen Lebens. »Ich bin in Havanna geboren. Mein Vater war Arzt. Ein guter, was heißt, er hat hundert Dollar im Monat verdient. Eines Morgens bin ich nach dem Frühstück in ein zwei Meter fünfzig langes Segelboot geklettert, habe mich vom Strand abgestoßen und treiben lassen. Zwanzig Stunden später bin ich beinahe ertrunken, als ich hundert Kilometer südlich von Miami zur Küste geschwommen bin. Diese Uhr hier hatte ich um. Ich hätte dabei draufgehen können, aber ich musste einfach nach Amerika kommen.«
Drei Jahre später, erzählt Manny weiter, ist er kurz davor, der kubanisch-amerikanische Eminem zu werden. »Ich bin geil, Mann, und ich bin nicht der Einzige, der das weiß.«
Ich vermute, er weiß nicht, warum ich hier bin, aber darüber werde ich ihn gleich aufklären. Auf der Twenty-first Street West in Chelsea betreten wir ein Haus, wo er in einer ebenfalls zu einem Aufnahmestudio umgewandelten Wohnung die Bänder abgibt.
»Lange mache ich das nicht mehr mit«, sagt er.
Ich lade ihn ins Empire Diner um die Ecke zum Essen ein, und wir setzen uns an einen schwarz lackierten Tisch mit Blick auf die Tenth Avenue.
»Für welches Label arbeitest du?«, fragt Manny, nachdem wir bestellt haben.
»Ich arbeite für kein Label, Manny. Ich bin Anwalt, und ich vertrete Dante Halleyville. Du hast sicher gehört, dass ihm die drei Morde auf Smitty Wilsons Spielfeld in East Hampton zur Last gelegt werden, die er nicht begangen hat. Ich weiß, dass du an dem Abend dort warst. Jetzt habe ich die Hoffnung, dass du etwas gesehen hast, was sein Leben retten könnte.«
Wenn Manny enttäuscht ist, dass ich kein Talentscout bin, der ihm einen genialen Vertrag anbieten will, lässt er es sich nicht anmerken. Er schaut
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