Sündenzeit
wollte schon protestieren, aber er liebte seine Tochter nun mal. Zach konnte beobachten, wie seine Gesichtszüge weicher wurden, als er sich von ihr aus dem Zimmer führen ließ. Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal um.
„Zach, du kannst meinen BMW nehmen und Detective Morrissey mit Miss Cavannaugh hinterherfahren. Dann braucht er dich nicht mehr zurückzubringen.“
Zachs Mantel hing in einem der Schränke neben dem Schmutzraum, durch den man von der Küche in die Garage gelangte. Dieser Schmutzraum war schon ein Teil des Hauses gewesen, bevor irgendwelche Modernisierungen vorgenommen worden waren. Und er hatte noch immer seinen alten Charme bewahrt mit den weißen und schwarzen Fliesen und dem geschliffenen Glas in den Türen.
Zach warf sich den Mantel über und wartete dann an der Tür auf Caer.
Sie erschien wenige Minuten später. Zach fragte sich, ob sie ihm seine Ungeduld ansah, denn sie zögerte, als sie auf ihn zukam. „Tut mir leid. Offensichtlich sind alle der Meinung, dass ich rausgehen und mir die Umgebung ansehen muss“, sagte sie.
Er nickte nur. „Wo sind denn die anderen alle?“
„Bridey ist noch in ihrem Zimmer, und Amanda hat sich bisher nicht sehen lassen. Kat meint, sie würde auf Einkaufstour gehen, wenn Bridey aufgestanden ist.“ Wieder zögerte sie.
Er lächelte schließlich. „Und Kat meint, es wäre eine gute Gelegenheit für Sie, mal rauszukommen, weil sie bei ihrem Vater ist und ihn vor Amanda beschützen kann.“
Sie zuckte die Schultern. „Ja.“
„Na gut, gehen wir.“
Caer blickte die ganze Fahrt über aus dem Fenster, aber sie zeigte keine Gefühlsregung. Newport war einmal Anlaufpunkt für die richtig Reichen gewesen. Doch wie immer gab es dort, wo die Reichen lebten, auch diejenigen, die sie bedienten. Deshalb war die Stadt einmal eine Ansammlung der wirtschaftlichen Extreme gewesen. Das hatte sich mit der Einführung der staatlichen Einkommensteuer geändert. Inzwischen repräsentierte die hiesige Einwohnerschaft ein Kontinuum an kaufkräftigen Bürgern, so wie in den meisten Städten. Der größte Anteil der Villen befand sich jetzt im Besitz der Preservation Society des Newport Countys und konnte für einen Eintrittspreis besichtigt werden. Touristen strömten in Scharen in diese Gegend, selbst im Winter – oder vielleicht besonders im Winter –, um zu sehen, wie die betuchte Seite einst gewohnt hatte. Die Veranstaltungen, gesponsert von der Preservation Society, einer großen Organisation zur Bewahrung alter Kulturstätten und Landschaften, waren ebenfalls sehr beliebt.
Das Haus der O’Rileys stand zwar oben auf einer Klippe, aber die Büros befanden sich unten am Kai, wo die Charterboote durch den vergleichsweise ruhigen Meeresarm einund ausfahren konnten.
Als Zach am Kai ankam, manövrierte er den Wagen in eine Parkbucht, die für die O’Rileys reserviert war. Caer stieg sofort aus, und er sah ihr nach. Ein Windstoß fuhr durch ihr Haar und wehte es ihr ums Gesicht. Sie schien dieses Gefühl zu genießen, ebenso den Anblick der vielen Schiffe an ihren Liegeplätzen. Es gab noch andere Charterunternehmen neben dem der O’Rileys, aber Seans Firma war am besten präsentiert. Ein Büro im viktorianischen Stil auf einer schmalen Landzunge zwischen den Docks mit einer alten Holztreppe, die zum Haupteingang hinaufführte. Die anderen Charterbüros waren sehr viel kleiner, bei manchen handelte es sich lediglich um kleine Einpersonenbüdchen mit Guckfenster.
Die Parkplätze lagen parallel zur Uferpromenade. An deren Ende, wo auch die Docks aufhörten und Granitfelsen aus dem Wasser ragten, stand ein Restaurant. Hier gab es viele Geschäfte, die alle auf den Tourismus ausgerichtet waren. Das „Lucky Whale“ pries Meeres-Souvenirs an, während das „Narragansett Niceties“ sich brüstete, das feinste Kunsthandwerk New Englands zu verkaufen. Ein daneben gelegenes Lokal verkündete, die leckerste Meeresfrüchtesuppe der Welt zu servieren oder außer Haus zu liefern. Caer stand eine ganze Weile einfach nur da und betrachtete alles.
Zach entdeckte Detective Morrissey, der auf dem Dock neben dem Charterbüro der O’Rileys auf sie wartete.
„Kommen Sie, Caer, ich bringe Sie zum Büro. Sie können so lange dort bleiben, während ich mit Morrissey rede.“
„Kein Problem“, sagte sie.
Er stieg mit Caer die Treppe zum Eingang des Büros hinauf und öffnete die Tür. Cal saß am Schreibtisch und erledigte Papierkram. Marni staubte die Vitrinen mit den
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