Sündhafte Begierde der Verdammnis II
hörte sich an, als benötigten sie dringend Schmieröl. Das Innere des Wagens war fahl beleuchtet.
Valentins Mimik gefror binnen Sekunden, als er sah, was sich darin abspielte. Ein Sarg stand auf einer Barre. Darauf lagen zwei nackte Männer, die sich innig liebten. Einer der beiden ließ langsam den dunkelhaarigen Kopf in den Nacken fallen und fixierte ihn mit einem gehässigen Blick. Dessen Mund war wie das seines Sexgespielen rot verschmiert, aber trotzdem sah er sehr gut aus. Er hatte die muskulösen Beine über die Schultern seines blonden Partners geschwungen, der ihn langsam und innig ritt. Sein fleischiger Penis stand in dicker Pracht von seinem Körper ab.
Valentin stand wie versteinert da. Für den Moment war er wie gelähmt. Zumal ihn der Mann bewusst anstierte. Sie hatten leidenschaftlichen, ungehemmten Sex und gingen sehr vertraut miteinander um. Es hatte den Anschein, als würden sie geradezu wollen, dass er das auch sah. Aber warum trieben sie es ausgerechnet in einem Leichenwagen? Was sollte dieses gruselige Theater? Und was war das für eine rote Farbe um ihre Münder? Schminke? Oder etwa Blut?
Den letzten Gedanken schüttelte Valentin sofort ab. Reglos registrierte er die unheildrohenden Klänge aus dem Wald, die immer näher zu kommen schienen. Gleich würde sich jemand aus dem Unterholz auf ihn stürzen. Beinahe sah es so aus, als wollte man ihn auf Mortem nicht haben. Aber genau das war es, das ihn erneut dazu motivierte, das Rätsel um diesen Ort endgültig zu lösen.
Als der schreckliche Gesang aus dem Gehölz unerträglich wurde, nahm er all seinen Mut zusammen und lief rasch an dem Leichenwagen vorbei. Leises Wispern ertönte, als er direkt daran vorüberkam.
„Das ist nur ein Vorgeschmack dessen, was dich erwartet … Dein Blut ... es duftet so verführerisch – gibst du es uns?“, zischte es.
Die Angst schnürte Valentin augenblicklich die Kehle zu. Er rannte so schnell er konnte. Der schwach beleuchtete Bahnhof kam in Sichtweite. Doch etwa zwanzig Meter vor der Station überholte ihn der Leichenwagen abermals. Gemächlich fuhr er an ihm vorbei. Dabei standen die Hintertüren nach wie vor offen, nur die beiden Männer waren verschwunden.
Automatisch sah sich Valentin um, als er etwas über sich hörte. Sein Blick flog reflexartig nach oben in das Geäst der Bäume. Das dichte Astwerk bildete fast ein Dach. Entsetzt entdeckte er in der Baumkrone einen der muskulösen jungen Männer, der sich zuvor noch im Leichenwagen befunden hatte. Er war nun mit einer kurzen Hose bekleidet und hatte seinen Finger im Mund, den er gierig abschleckte, als würde er sich geradezu nach etwas verzehren – zumindest bildete sich Valentin ein, das in der Dunkelheit erkennen zu können.
Seelenruhig ließ sich der Fremde mit dem Körper nach unten gleiten, hielt sich nur mit den Zehenspitzen an einem Ast fest und baumelte bedrohlich hin und her.
Valentin schüttelte den Kopf. Das war zu viel für ihn. So etwas gab es nicht. Bestimmt täuschten ihn seine Augen in der Finsternis.
„Ich will dein Blut!“, ertönte es über ihm. Gleichzeitig schien der Wald zu erwachen, denn noch weitere Stimmen erklangen, die grausige Botschaften aussandten.
Valentin erwiderte nichts, stattdessen lenkte ihn unvermittelt das Geräusch einer zuschlagenden Autotür ab. Er riss den Kopf zu dem mysteriösen Wagen herum. Seine Konzentration fiel auf den Fahrer. Dieser war mit dem zweiten Mann, der nun einen langen Mantel trug, ausgestiegen. Beide schritten am Auto entlang nach hinten und zogen die Totenkiste von der Barre. Sorgfältig stellten sie diese auf der Schotterstraße ab. Ihre Bewegungen waren so flink, dass Valentin Mühe hatte, ihnen zu folgen. Was war bloß mit seinen Augen los?
Er bemerkte gerade noch, wie der Blonde mit einem Satz vom Baum glitt und sich zu den anderen gesellte. Abwartend standen sie um die Kiste herum, bis mit einem Knarren der Sargdeckel aufsprang. Der Fahrer und der Blonde starrten wie zwei Totenwächter in den Sarg hinein, der mit einem hellen Satinkissen und der gleichen Decke ausgestattet war. Sie lachten laut. Der Schwarzhaarige drehte sich nun um und kam näher. Mit einem Mal stand er auch schon vor Valentin und stieß ihn zu Boden. An den Füßen haltend, schleifte er ihn eine Millisekunde später hinter sich her. Valentin wehrte sich wie ein Tier, doch der Fremde schien um ein Vielfaches stärker und grinste nur boshaft. Er schleppte ihn zum Sarg und warf ihn rücksichtslos hinein.
Weitere Kostenlose Bücher