Sündhafte Begierde der Verdammnis II
nachkommen muss. Das ist nun mal so. Bin ich zu unhöflich, hagelt es Beschwerden und höchstwahrscheinlich würde man mich versetzen.“
Schweigen hüllte sie ein, bevor Valentin wieder aufstand und sich erneut ans Fenster stellte. Sofort folgte ihm Bastian und umschlang ihn. Er war glücklich. Am liebsten hätte er diesen Moment für immer festgehalten. Doch auch die Fahrt im Riesenrad ging nach mehreren Runden in schwindelerregender Höhe zu Ende.
Kurze Zeit später liefen sie gut gelaunt Hand in Hand durch den Prater. Bevor sie am Ausgang ankamen, stellte sich ihnen plötzlich eine Frau in den Weg. Sie hatte schwarzes, lang gewelltes Haar sowie dunkle Augen.
„Sie haben doch sicher ein paar Minuten Zeit – ich lese Ihnen aus der Hand!“, sprach sie.
„Nein, danke“, sagte Valentin und versuchte die Frau zu ignorieren. Wenn er etwas nicht mochte, dann waren das Scharlatane, die Menschen Geld aus der Tasche zogen, um ihnen eine fingierte Zukunftsvision zu prophezeien. Angesichts der unheimlichen Ereignisse, die er in der letzten Zeit erlebt hatte, war er aber auch etwas hin- und hergerissen.
„Warum eigentlich nicht?“, höhnte Bastian und funkelte die Mitfünfzigerin gereizt an.
Leicht irritiert von Bastians festgefahrenem Blick erwiderte sie: „Dann lassen Sie mich aus Ihrer Hand lesen ...“
„Und was soll der Spaß kosten?“, fragte Bastian mit einem wiederkehrenden Spott in der Stimme weiter.
„Nichts. Ich weiß auch so, was Sie über mich denken. Sie glauben, ich mache das nur wegen des Geldes und würde Ihnen bloß etwas erzählen, das Sie hören wollen, stimmt’s? Doch Sie irren!“
„Ach ja?“, Bastian zog seine linke Braue fragend nach oben. Sein Hohn war nicht weniger geworden.
Aus diesem Grund wandte sie sich von Bastian ab und tat dessen spitze Bemerkung einfach als ungeschehen ab. „Ich möchte zuerst Ihnen aus der Hand lesen – geben Sie sie mir“, forderte sie Valentin auf.
Bastian beschlich unerwartet ein sonderbares Gefühl, da er keinen einzigen Gedanken der Frau erkunden konnte.
„Nun, was ist?“, fragte sie verunsichert.
Valentin überlegte. „Also gut“, entgegnete er nach einem anfänglichen Zögern. „Ich mach’s.“ Hoffnungsvoll reichte er der Frau seine Hand, mit der Innenfläche nach oben gedreht.
Sofort fuhr sie mit den Fingerkuppen sanft über seine Lebenslinien und sah ihm dabei in die Augen.
„Ich sehe eine große Liebe in Ihrem Leben, aber da ist auch sehr viel Leid, das Sie zu tragen haben ...“ Sie runzelte die Stirn. „Da ist …“ Sie unterbrach sich und ließ seine Hand abrupt los.
Fassungslos schaute Valentin sie an. Was meinte sie damit?
Ihre Aussage brachte ihn zum Grübeln.
„Und was ist mit mir, schöne Frau? Wer bin ich?“, lenkte Bastian situationsbedingt ab.
Die Dunkelhaarige atmete tief durch und griff dann nach Bastians Hand. Als sie jedoch über dessen Linien strich, zog sie ruckartig ihre Finger zurück. „Sie ... Sie ..“
„Ja?“, Bastian hatte immensen Spaß daran, der Wahrsagerin einen Schrecken einzujagen, zumal er wusste, dass ihr sowieso keiner Glauben schenken würde. „Was ist nun? Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?“
Sie brauchte eine Weile, ehe sie sich wieder im Griff hatte. Dennoch ging ihr Atem stoßweise und in ihren Augen war blankes Entsetzen zu erkennen. „Ich muss jetzt gehen – Sie rauben mir meine Kräfte“, sprach sie.
„So? Dabei hätte ich gerne etwas mehr über mich erfahren ...“, erwiderte Bastian in gewohnt zynischer Manier.
„Sie wissen ohnehin mehr als ich. Also lassen Sie mich in Ruhe. Und Ihnen ...“, sie drehte sich noch einmal zu Valentin um, der noch immer stumm dastand, „... alles Gute!“
Valentin schüttelte irritiert den Kopf, als die Frau mit sichtlich zerstreuter Mimik das Weite suchte.
„Was für eine Wichtigtuerin. Das hätten wir uns auch sparen können. Aber Verrückte gibt es eben genug auf dieser Welt“, murrte Bastian.
Valentin nickte abwesend. „Ich hatte das Gefühl, sie wollte mir noch etwas sagen. Glaubst du, sie hat etwas Schlimmes gesehen und es mir verschwiegen?“
Bastian tat so, als müsste er überlegen. „Keine Ahnung.“ Innerlich wusste er jedoch, dass die Frau nur Angst gehabt und ihn vermutlich durchschaut hatte. Deshalb hatte sie auch das Weite gesucht. Sie war – und das musste er ungern zugeben – kein Scharlatan gewesen, sondern besaß tatsächlich die seltene Gabe des Sehens.
„Komm, lassen wir uns deswegen die schöne
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