Sündige Gier
versteinerte sich ihre Miene, bis er kaum noch glauben konnte, dass sie sich noch vor einer Stunde auf seltene und so wunderschöne Weise nahe gewesen waren, dass ihr Gesicht mit weicher Hingabe erfüllt gewesen war, während sie gleichzeitig ihren Körper durchbog, um möglichst viel von ihm aufzunehmen.
Ihre Augen, die vergangene Nacht noch Tränen der Leidenschaft vergossen hatten, waren erkaltet. Und um die noch von seinen Küssen geröteten Lippen spielten Sarkasmus und Trauer. »Ich wette, du wünschst dir, du hättest auch jedes Mal einen Dollar bekommen, wenn ein Mandant das gesagt hat.«
Sie brauchte länger als üblich, um sich anzuziehen, weil ihre Hände so zitterten und sie sich nicht auf die einfachsten Aufgaben konzentrieren konnte. Bis sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, war das Frühstück abgeräumt worden und Dodge zurückgekehrt. Er saß, den Notizblock in der Hand, auf dem Sofa.
Derek marschierte auf und ab und sah gelegentlich aus dem Fenster, wo er die Lamellen waagrecht gestellt hatte. Der gemusterte Teppichboden war mit buttergelben Sonnenstreifen überzogen. Sie registrierte, dass es für die meisten Menschen ein schöner Tag werden würde.
Sobald sie in den Raum trat, blieb Derek stehen und kam sofort auf den Punkt. »Sie haben ein paar Blocks von deinem Haus entfernt einen verlassenen Wagen gefunden. Darin lag eine gepackte Reisetasche mit Anziehsachen und Waschbeutel, ein paar Zeitschriften und persönlichen Dingen. Sie haben Fingerabdrücke von dem Wagen genommen, es steht sicher bald fest, dass er von Duke benutzt wurde. Er hat ihn dort abgestellt und ist dann zu Fuß zu deinem Haus weitergegangen. Eines der Fenster in deinem Schlafzimmer wurde aufgebrochen. So ist er ins Haus gekommen.«
»Wieso hat der Alarm nicht funktioniert? Die Fenster sind alle gesichert.«
»Die Telefonleitung war gekappt.«
»Darum konnte ich auch nicht anrufen. Das Telefon war tot.« Sie sah Dodge an. »Eigentlich wollte ich mir schon längst eine Anlage mit Funksignal kaufen.«
»Kann ich nur empfehlen«, meinte er sarkastisch.
»Was noch?«, fragte sie.
Derek gab Dodge ein Zeichen fortzufahren. »Die Leute aus dem Labor werden den Wagen genauso gründlich untersuchen wie das Motelzimmer.«
»Sie werden weder da noch dort eine Spur von mir finden«, sagte Julie.
Die beiden Männer sahen sich kurz an. Julie ahnte, was der Blick zu bedeuten hatte, und sank auf die Armlehne des Sessels, in dem sich Derek am Vorabend noch so wohl gefühlt hatte. »Sie haben schon was gefunden, richtig?«
Dodge sagte: »Im Wagen haben sie an der Kopfstütze auf der Beifahrerseite in der Polsternaht ein Haar gefunden, das wie Ihres aussieht. Ich sage >wie Ihres aussieht< weil sie es erst noch ins Labor schicken und abgleichen müssen.«
»Ich war nie in einem Wagen, der von Billy Duke gesteuert wurde. Creighton muss ein paar Haare aus meiner Bürste gezupft haben. Oder er hat sie irgendwie anders beschafft. Ich weiß es nicht! Ich weiß nur, und das hundertprozentig, dass er dafür verantwortlich ist. Für alles. Wir sollten überprüfen, ob er zum Zeitpunkt von Billy Dukes Verhandlung in Nebraska war.«
»Ich kann nicht folgen«, sagte Dodge.
»Er hätte für Billy diese Witwe töten können.«
»So wie in diesem Film mit dem Zug?«
Dodge klang fast höhnisch, doch das ignorierte sie. »Genau so. Er tötete die Frau, damit sie nicht gegen Billy aussagen konnte, und verpflichtete Billy dadurch, Paul für ihn umzubringen.«
»Wie sollte ein Playboy aus Atlanta von einer Erpressung in Omaha erfahren?«
»Das weiß ich doch nicht.«
»Die Witwe und ihr lasterhafter Lover waren vielleicht in Nebraska ein Thema, aber…«
»Ich weiß nicht, wie er es angestellt hat!«, fiel sie ihm aufgebracht ins Wort. »Ich weiß nur, dass er es war.« Sie drehte sich um, sah Derek flehend an und fragte: »Begreifst du nicht? Er ist ein Genie. Er ist tolldreist. Er hat kein Gewissen und darum auch keine Angst. Wahrscheinlich hat er Hunderte von Filmen gesehen, in denen jemand wegen Mordes hinter Gitter kommt. Natürlich weiß er, wie er es hindrehen muss, damit ich schuldig wirke. Für ihn ist das alles ein Spiel. Er würde es genießen…« Sie merkte, dass sie allmählich verzweifelt und hysterisch klang, und zog die Lippen zwischen die Zähne, um nichts mehr zu sagen.
Nach einer Weile hustete Dodge, räusperte sich dann und schluckte. »Derek hat mir erzählt, dass Creighton Ihnen gestern Abend in der Galerie einen Besuch
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