Sündige Gier
den Bildschirm aus. Zufrieden stellte er fest, dass sie müde, zerzaust und leicht verärgert aussah, als sie gefragt wurde, ob die Polizei auf der Jagd nach Pauls Mörder weitergekommen sei. »Nicht soweit ich weiß«, erwiderte sie.
War das nicht voll cool? Sich einen verfluchten Blowjob verpassen zu lassen, während er die junge Geliebte seines Onkels auf dem Bildschirm hatte. Schade, dass sie das nicht wusste. Vielleicht würde er sie später anrufen und ihr erklären: »Julie, ich hab dich in den Nachrichten gesehen. Ich hab dir in die Augen geschaut, als ich gekommen bin.«
Im selben Moment hob die Hure den Kopf und ließ ihn aus seinem Gedankenflug abstürzen. »Hey, du ziehst an meinen Haaren.«
Er lockerte seinen Griff, aber sein selbstzufriedenes Lächeln blieb. Julie konnte ihn nicht leiden, zweifellos, weil Paul so viele Lügen über ihn verbreitet hatte. Er wusste nicht, was Paul seiner Geliebten alles erzählt hatte, aber seither war sie ihm gegenüber kühl und distanziert geblieben. Es freute und erregte Creighton, wie unwohl sie sich in ihrer Haut fühlte.
Sie sah direkt in die Kamera und sagte: »Und ich glaube auch nicht, dass es ein Raubüberfall war.« Creighton kam.
Die Hure sah zu ihm auf und nörgelte: »Was war daran so komisch?«
Offenbar war sie es nicht gewohnt, dass die Freier lachten, wenn sie zum Höhepunkt kamen. »Nichts.« Er zog den Reißverschluss zu, packte sie am Oberarm und zerrte sie auf die Füße. »Zeit zu gehen.«
»Wieso so eilig?« Sie strich mit den Händen vorn über ihre Bluse und gurrte: »Ich könnte noch bleiben.«
Er schob sie weg: »Raus.«
Das Mädchen spürte, dass es ihm ernst war, schnappte ihre Handtasche und stolzierte aus dem Raum. Er folgte ihr durch die Wohnung, um sicherzugehen, dass sie unterwegs nichts mitgehen ließ. Sie zog die Wohnungstür auf und schoss ihm über die Schulter einen giftigen Blick zu. »Die anderen Mädchen hatten recht. Du bist ein Arschloch.«
»Mir bricht das Herz.«
»Wenn du mich fragst, bist du scheißpervers.«
Ihm fielen ein Dutzend bitterböse Antworten ein, aber bei diesem Mädchen war jede schlagfertige Erwiderung verschwendet. Wortlos schob er sie aus der Wohnung und knallte die Tür hinter ihr zu.
Auf dem Rückweg zum Kinoraum blieb er kurz stehen, um den Blick auf die funkelnde Skyline von Atlanta zu genießen, die sich unter dem Wohnzimmerfenster seines Penthouse-Apartments ausbreitete. Er fuhr im Vorbeigehen mit der Hand über das butterweiche Leder des Sofas und bewunderte wieder einmal die Art-deco-Doppeltür, die er aus einem ehemaligen Kino gerettet hatte und die ihm jetzt als Portal in sein eigenes Kinoreich diente.
Nachdem er sich wieder in dem plüschigen, handgefertigten und von ihm selbst entworfenen Kinosessel niedergelassen hatte, spielte er Julies Auftritt vor den Reportern ein zweites Mal ab. Allerdings fand er den zweiten Durchlauf weit weniger amüsant als ärgerlich. Gerade jetzt, wo die Detectives allmählich die Lust verloren und den Mord an seinem Onkel in Richtung Ablage schieben wollten, eröffnete Julie ihnen eine völlig neue Perspektive. Jetzt würden sich Sanford und Kimball verpflichtet fühlen nachzuforschen, ob hinter dem Vorfall möglicherweise mehr steckte als nur ein gewöhnlicher Raubüberfall.
Seit dem brutalen Tod seines Onkels hatte sich Creighton im Hintergrund gehalten und seinen Vater für die Familie sprechen lassen, während er selbst das Scheinwerferlicht gemieden hatte. Er liebte Spektakel, aber nur im Film. Im wirklichen Leben mochte das Scheinwerferlicht vielleicht die Schönheit und Kraft des Angestrahlten hervorheben, und da brauchte er sich wahrlich nicht zu verstecken. Doch wer im Scheinwerferlicht baden wollte, musste dafür sein Privatleben opfern. Anonym zu bleiben hatte eindeutig Vorteile. Wer sich im Hintergrund hielt, war beweglicher und dadurch mächtiger.
Aber jetzt hatte Julie ihr Plappermaul aufgerissen und die Detectives vielleicht wieder misstrauisch gemacht, sodass er diesen Derek Mitchell doch noch brauchen würde.
Was für ein Mist.
7
Julie war stolz darauf, wie ihre Galerie von der Straße aus wirkte. Sie strahlte einen diskreten und klassischen Charme aus und passte damit gut in diesen Abschnitt der Peachtree Street, wo die Boutiquen, Antiquitätenläden, Schneidereien und Lokale nicht weniger schick waren als die Kunden in Buckhead.
Die Töpfe mit den Orangenbäumen links und rechts der schwarz lackierten Tür und die
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