Sündige Gier
Und ich mache mir überhaupt keine Sorgen. Du brauchst das auch nicht. Ich nehme doch an, du magst Schinken.«
»Sie hat nichts mit unserem Deal zu tun.«
»Ursprünglich nicht. Aber ich bin flexibel. Noch ein Bier?«
Billy sah ihn gereizt an, meinte aber, Schinken sei okay und ein zweites Bier auch.
Creighton drehte ihm den Rücken zu, um die zweite Flasche zu öffnen, und bemerkte dabei aus den Augenwinkeln die verräterische Unruhe, die Billy vor ihm zu verbergen suchte. Billy wischte sich die Hände am Hosenboden ab. Er fuhr sich mit einer Hand über den Nacken. Seine Zähne zupften an seiner Unterlippe herum.
Creighton tauschte Flaschen mit ihm, die leere gegen die volle. »Wie wär’s mit einem Sandwich?«
»Klar. Okay. Ich hab heute noch kaum was gegessen. Im Kühlschrank steht Mayo.«
»Ich habe Senf mitgebracht.«
»Super.«
Creighton nickte zu einem der Barhocker hin. »Setz dich, Billy. Du machst mich nervös.« Billy setzte sich, aber er wirkte ganz und gar nicht entspannt dabei. Sofort stellte er den Fuß auf die Strebe zwischen den Hockerbeinen und begann mit dem Knie zu wippen. Im Gegensatz dazu bereitete Creighton betont ruhig, ganz langsam und methodisch zwei Sandwichs zu, indem er die Brotscheiben mit Senf bestrich und dann großzügig Schinkenscheiben darauf stapelte. »Schweizer Käse oder Provolone?«
»Ist mir egal.« Billy ließ ihn nicht aus den Augen. »Du brauchst das nicht zu tun.«
Creighton verstand ihn absichtlich falsch. »Mir macht das nichts aus. Ehrlich. Du hast wochenlang praktisch nur aus Dosen gelebt. Ich dachte, du würdest dich über etwas Abwechslung in deiner Kost freuen.«
»Hör auf zu quatschen, Creighton. Du weißt genau, wovon ich rede, und das ist nicht das verfluchte Sandwich. Du brauchst sie nicht umzubringen.«
Creighton stapelte weiter Käse und Schinkenscheiben auf die Brote.
Billy stützte den Unterarm auf die Frühstückstheke und beugte sich vor. »Sie weiß nichts von Paul Wheeler. Sie käme im Leben nicht auf die Idee, dass ich was damit zu tun haben könnte.«
»Vielleicht ja doch.«
»Bestimmt nicht. Wie denn?«
»Unverhofft kommt oft, Billy. Der kleinste Hinweis kann dich verraten. Du bist mein Partner. Es ist meine Pflicht, dich zu beschützen.«
»Nein, ist es nicht. Ich wollte dich heute Abend eigentlich nur sehen, um dir zu erklären, dass wir quitt sind. Ich mach mich vom Acker. Gleich morgen. Du hattest recht. Ich hätte gleich nach der Sache im Aufzug aus Atlanta verschwinden sollen. Hast du heute Abend diese schwarze Polizistin in den Nachrichten gesehen?«
»Nein, die habe ich verpasst.«
»Also, eine von den Frauen, mit denen ich mehr zu tun hatte, eine Sekretärin in einer von den Firmen, wo ich mir Bewerbungsunterlagen abgeholt hab, die hat mich auf einer Aufnahme der Überwachungskameras wiedererkannt und die Polizei angerufen.«
»Sie wusste aber nichts über dich, oder? Du hast ihr doch nicht verraten, wie du heißt?«
»Nein.«
»Oder wo du wohnst. Die Telefonnummer?«
»Natürlich nicht.«
»Dann sehe ich da kein Problem.« Creighton hatte das frisch geschärfte Messer mitgebracht, das inzwischen gereinigt und desinfiziert war und mit dem er Mitchells Hund bearbeitet hatte. Er holte es aus der Einkaufstasche und halbierte damit die Sandwichs, dann legte er es auf die Theke und schob Billy einen Pappteller zu. »Iss.«
»Danke.«
»Ist mir ein Vergnügen.« Creighton biss von seinem Sandwich ab. »Hmm. Köstlich, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Ich liebe diese schwarze Pfefferkruste am Schinken, du nicht auch?«
Billy biss in sein Sandwich, kaute und spülte den Bissen mit einem Schluck Bier hinunter. »Also sind wir uns einig?«
»Einig?«
»Du unternimmst nichts weiter. Ich haue ab. Wir sehen uns nie wieder. Wir nehmen nie wieder Verbindung auf. Niemand sonst stirbt.«
Ohne Billys Blick auszuweichen, biss Creighton in sein Sandwich und kaute nachdenklich. »Du überraschst mich, Billy. Als wir uns kennenlernten, konntest du gar nicht genug über die Kleine herziehen.«
»Ich weiß, was ich damals gesagt hab. Damals hab ich das auch so empfunden, aber jetzt…« Er nahm einen großen Schluck Bier, griff nach seinem Sandwich, entschied sich plötzlich aber anders, legte das Brot auf den Teller zurück und massierte sich stattdessen die Stirn.
»Was beschäftigt dich so, Billy?«
»Ich sag dir, was mich so beschäftigt. Dieser Drecksfilm.« Creighton tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab.
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