Sündige Liebe
Außerdem bist du wesentlich klüger, als ich dachte. Du hast dir hohe Ziele gesteckt und sie auch gründlich verfolgt.« Jetzt grinste er. »Nicht, dass ich es dir vorwerfen würde. Wie ein Familienmitglied in einem schönen Gutshaus zu leben, ist natürlich besser, als in einem winzigen Stadthaus zu wohnen, wie ich es dir angeboten habe. Ich nehme an, es spielt auch keine Rolle, dass Jacob Maitland von seinem Alter her dein Vater sein könnte, jedenfalls dann nicht, wenn er dich so modisch einkleidet.«
»Ich finde, diese Unterhaltung hat inzwischen lange genug gedauert!« sagte Angela scharf. Sie wandte sich ab, um zu gehen, doch er packte sie am Arm und wirbelte sie zu sich herum.
» Lass mich los, Billy!«
»Diesmal sind keine Drohungen zu befürchten. Mein Pa hat nämlich seine Schulden bei Jacob Maitland abbezahlt«, sagte er höhnisch, und seine Finger gruben sich in ihren Arm. »Aber das macht ohnehin keinen Unterschied mehr, weil ich nichts mehr mit meinem Pa zu tun haben will. Ich habe es in New York selbst zu etwas gebracht - dank Onkels Tod, der mir für meine Gesellschaft in seinen letzten Lebensjahren dankbar war. Ja, ich bin recht gut gestellt.« Er packte ihren anderen Arm und schüttelte sie. Dann zwang er sie, ihn anzusehen. »Inzwischen könnte ich dir mehr bieten, Angela. Da du jetzt zu einer Dame erzogen worden bist, würde ich dich vielleicht sogar heiraten.«
Plötzlich packte Angela die Wut. Sie riss sich aus Billys Griff los und funkelte ihn aus dunkelvioletten Augen an.
»Du würdest mich vielleicht sogar heiraten? Dann habe ich dir Neuigkeiten zu erzählen, Billy Anderson!« fauchte sie. »Meine Antwort ist dieselbe wie damals! Eins möchte ich ein für allemal klarstellen: Du ekelst mich an! Ich würde nie auch nur einen Moment lang in Betracht ziehen, deine Mätresse zu werden. Und was eine Ehe betrifft, so würde ich eher einen heruntergekommenen Landstreicher heiraten als dich! Da du es vor so vielen Zeugen nicht wagst, mir etwas zu tun, schlage ich vor, dass du jetzt gehst. Jacob wird jeden Augenblick hier sein. «
Er lachte hämisch, als hätte er sie nicht gehört. »Glaubst du, ich fürchte mich vor diesem Alten? Im Augenblick bist du sicher, aber es wird ein nächstes Mal geben. Was ich gesagt habe, als wir uns das letzte Mal gesehen haben, war mein Ernst. Ich habe vor, dich zu bekommen. Im Lauf der Jahre habe ich immer wieder über dich nachgedacht. Erst habe ich dich gehasst - ich glaube, inzwischen hasse ich dich noch mehr. Aber das wird alles nur um so besser machen, wenn ich dich endlich habe. Und ich werde dich bekommen, Angela. Ganz gleich, wie lange es dauert - eines Tages wirst du mir zu Willen sein. Es sei denn, du stirbst vorher.«
Er sah sie noch einmal lange und durchbohrend an. Dann tippte er an seinen Hut und ging.
Angela war tief erschüttert. Würde sie nach all diesen Jahren wieder in Furcht leben müssen? Nein! Sie stand nicht mehr allein auf der Welt. Sie hatte die Maitlands. Jacob würde sie beschützen.
In diesem Augenblick fuhr die glänzend schwarze Kutsche, die ihr so vertraut war, vor, und sie drängte die Begegnung mit Billy Anderson in ihren Hinterkopf zurück.
Doch zu ihrer Begrüßung stiegen Robert Lonsdale und seine Schwester aus der Kutsche und nicht Jacob.
Ihre ernsten Gesichter brachten deutlich zum Ausdruck, dass etwas nicht stimmte. Sie fühlte sich an den Tag erinnert, an dem ihr Vater gestorben war.
»Wo ist Jacob?« rief sie entsetzt aus.
»Er hat einen schlimmen Anfall gehabt, Angela ... das Herz.« Robert brachte ihr die Nachricht so schonend wie möglich bei. »Der Arzt sagt, dass alles wieder gut wird, wenn er die Dinge leicht nimmt. Er muss im Bett bleiben, bis er wieder zu Kräften gekommen ist.«
Vor Erleichterung traten ihr Tränen in die Augen. Es hätte schlimmer kommen können. Trotzdem hatte man im Alter von fünfundfünfzig Jahren keine allzu großen Chancen, einen Herzanfall zu überleben. Gütiger Gott, lass ihn nicht sterben! betete sie stumm.
»Nimm's nicht so schwer«, sagte Crystal trocken. »Wahrscheinlich wird er wieder. Du brauchst dir jetzt noch keine Sorgen um deine Stellung in Golden Oaks zu machen. Noch verlierst du sie nicht.«
Angela schnappte nach Luft. Robert mischte sich aufgebracht ein: »Das war vollkommen überflüssig, Crystal!«
»Natürlich«, sagte Crystal, »aber ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.« Sie kicherte. »Falls Vater Maitland doch irgendwann etwas zustoßen sollte ...
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