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Sündige Liebe

Sündige Liebe

Titel: Sündige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Ich bin sicher, dass wir uns noch sehen, bevor Sie abfahren.«
    Bradford wartete, bis Jim den Raum verlassen hatte, ehe er den Brief seines Vaters öffnete. Er las ihn langsam durch, und auf jeder Seite sprangen ihn die einzelnen Worte wie kleine Dämonen an. Es war einfach ausgeschlossen, dass sein Vater ihn um das eine bat, was ihm niemals möglich gewesen wäre. Scheinheilig war es auch. Er hatte immer behauptet, er würde seinen Kindern nicht seinen Willen aufzwingen.
    Nun plagte Bradford ein noch größerer Kummer. Er wollte, nein - er konnte seinem Vater den letzten Wunsch nicht erfüllen. Jacob verlangte zuviel von ihm.
    In diesem Raum, in dem sein Vater im Lauf der letzten zweiundzwanzig Jahre soviel Zeit verbracht hatte, schien Jacob noch anwesend zu sein. Bradford starrte unentwegt auf den Schreibtisch und den leeren Stuhl dahinter - leer . Es war ihm gleich, dass er die Selbstkontrolle verlor, und eine Träne, der gleich die nächste folgte, lief über seine Wange.
     

36
    Unter der sengenden Sonne des Westens holperte die Postkutsche über die harte Erde, und jeder Stoß erschütterte die Mitreisenden schlimmer als der vorangegangene. Im vollbepackten Innern war es stickig, und die Reise schien endlos zu dauern.
    Die Reisenden, ausnahmslos Fremde, schienen damit zufrieden zu sein, einander fremd zu bleiben, bis auf eine übermäßig fröhliche Frau, die mit ihrem Ehemann, einem Minister mit strengem Blick, reiste, der an ihrer Seite fest eingeschlafen war. Die Frau mittleren Alters, die sich als Aggie Bauer vorstellte, war rundlich und trug schwere schwarze Reisekleidung. Die drückende Hitze, die holprige Fahrt und die Tatsache, dass niemand mit ihr sprach, schienen ihr kaum etwas auszumachen.
    Mrs. Bauers endloses Geschnatter verhallte unbeachtet, als sie erklärte, wie man in diesem dürren Landstrich am besten einen Garten anlegt. Angela hörte ihr nur mit einem Ohr zu und fragte sich, wo ihre Reise wohl enden würde, falls sie jemals ein Ende finden sollte.
    Nach ihrem endgültigen Abschied von Grant Marlowe war sie nach Crockett weitergereist, von da aus nach Midway, und in beiden Orten war sie eine Woche lang geblieben und hatte Fragen gestellt, ohne auch nur das geringste über ihre Mutter zu erfahren. Morgen früh würde sie wieder eine Stadt erreichen, doch würde es dort anders sein? Bestand wirklich Hoffnung, dass sie ihre Mutter finden würde? Zwanzig Jahre waren eine lange Zeit. Ihre Mutter konnte wieder geheiratet und ihren Namen geändert haben. Vielleicht war sie auch nach Mexiko oder nach Kalifornien gegangen.
    Und dann gab es immer noch die letzte, für Angela nicht auszudenkende, doch grässliche Möglichkeit, dass Charissa Sherrington nicht mehr am Leben war.
    Der Mann, der links neben Angela saß, machte sie nervös. Die Waffe, die er außen an seinem Bein trug, press te sich durch ihren Rock. Solche Männer hatte sie in letzter Zeit häufig gesehen. Würde sie sich jemals an diesen Anblick gewöhnen können? Diese gefährlich wirkenden Cowboys zeigten offen ihre Waffen und mischten sich in jeden Krawall ein.
    Auf offener Straße mitten in der Stadt hatte Angela einen solchen Kampf erlebt. Es war kein traditionelles Duell des zivilisierten Südens gewesen. Statt dass die Gegner auseinandergingen und sich dann einander zuwandten, wenn bis zehn gezählt worden war, gingen zwei Männer langsam aufeinander zu, bis einer von beiden den Mut fass te, seine Waffe zu ziehen. Der Mann neben Angela hatte zweifellos viele Männer in Schießereien getötet.
    Die junge Frau, die rechts neben Angela saß, war Spanierin. Über Kopf und Schultern trug sie eine weiße Spitzenmantilla. Ihre Reisegefährtin, die ihr gegenüber neben der Frau des Ministers saß, war groß und hager und wirkte ausgesprochen grimmig.
    Angela sah die Anstandsdame plötzlich verwirrt an. Sie beobachtete, wie das Gesicht der älteren Frau weiß wurde, als sie aus dem Fenster sah.
    Plötzlich hielt die Postkutsche an.
    »Warum, um Himmels willen, halten wir mitten in dieser Einöde an?« fragte Mrs. Bauer und beugte sich über ihren Gatten, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Sie schnappte nach Luft und rief erschrocken aus: »Das ist ein Überfall! Gütiger Gott, jetzt werden wir ausgeraubt!«
    »Beruhige dich. Jetzt sei schon ruhig«, sagte der Minister mit fester Stimme. Er war jetzt hellwach. Feierlich sah er die übrigen Mitreisenden an. »Wenn Sie Ihre Wertsachen behalten wollen, sollten Sie sie schnell

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