Sündige Rache
an.« Sie griff nach dem Link, ballte dann aber die Faust, rang mühsam um Beherrschung und erklärte heiser: »Wenn ich das tue, wird das Ganze offiziell. Sie haben mich also in der Hand.«
Sie atmete tief ein und hörbar wieder aus. »Vor ein paar Monaten kam mir der Verdacht, dass mich mein Mann betrügt. Die Zeichen waren nicht zu übersehen. Er war ständig abgelenkt, hatte kein Interesse mehr an mir, kam immer später heim und vergaß sogar Verabredungen mit mir. Ich habe ihn zur Rede gestellt, und er hat es geleugnet. Manche Männer haben das Talent, einem die Worte so lange im Mund herumzudrehen, bis man selbst im Unrecht ist. Selbst wenn man weiß, dass das nicht stimmt. Tja, Lieutenant, meine Ehe ging den Bach hinunter, und ich konnte nichts dagegen tun. Sie sind Polizistin, eine Frau, verheiratet. Sie wissen also selbst, wie schwer es manchmal für uns ist.«
Eve gab ihr keine Antwort, doch das erwartete Roth anscheinend auch nicht. »Ich war erschöpft, reizbar, ständig abgelenkt. Ich dachte, es wäre doch bestimmt nicht schlimm, wenn ich zur Beruhigung ein, zwei Gläschen trinke. So endete ich im Purgatorium. Kohli stand hinter der Bar. Wir beide taten so, als wäre es völlig normal, dass wir uns dort trafen. Mit meiner Ehe ging es weiter bergab. Außer, dass mich mein Mann betrog, hatte er zudem heimlich Geld von unserem Konto abgehoben und auf die Seite geschafft. Ehe ich ihn daran hindern konnte, hatte er mich finanziell in den Ruin sowie gleichzeitig erneut in den Alkohol getrieben und dadurch dafür gesorgt, dass meine Arbeitsleistung gleichfalls zu wünschen übrig ließ.
Vor ungefähr zwei Wochen habe ich mich endlich am Riemen gerissen, diesen verlogenen Bastard vor die Tür gesetzt und mich in einer ambulanten Reha-Klinik angemeldet. Allerdings habe ich das nicht gemeldet, was, wenn eventuell nicht weiter schlimm, so doch ein Verstoß gegen die Vorschriften ist. Seitdem bin ich nicht mehr im Purgatorium gewesen und habe auch Detective Kohli nicht noch mal außerhalb der Dienstzeiten gesehen.«
»Captain Roth, ich kann Ihre persönlichen Probleme durchaus nachvollziehen, aber trotzdem muss ich wissen, wo Sie in der Nacht, in der Kohli ermordet worden ist, gewesen sind.«
»Bis Mitternacht war ich auf einem Treffen der Anonymen Alkoholiker in einem Gemeindehaus in Brooklyn.« Sie verzog den Mund zu einem schmalen Lächeln. »Dort besteht kaum die Gefahr, jemanden zu treffen, den ich kenne, deshalb habe ich extra diesen Versammlungsort gewählt. Danach habe ich noch mit ein paar anderen Teilnehmern einen Kaffee getrunken und weiter Erfahrungen ausgetauscht. Dann bin ich gegen zwei allein nach Hause gefahren und habe mich ins Bett gelegt. Ich habe also keinerlei Alibi für die fragliche Zeit.«
Sie sah Eve in die Augen. »Nichts von dem, was ich Ihnen erzählt habe, kann gegen mich verwendet werden, denn Sie mich nicht über meine Rechte aufgeklärt. Und wenn Sie es wagen sollten, mich tatsächlich offiziell zur Vernehmung vorzuladen, Lieutenant, mache ich es Ihnen sehr schwer.«
»Falls ich Sie tatsächlich offiziell vernehme, Captain, kann ich Ihnen versprechen, dass es dann für Sie deutlich schwerer wird.«
12
S ie brauchte Zeit, um alles gründlich zu überdenken und zu prüfen, welches Muster diese Fülle an neuen Erkenntnissen ergab. Außerdem war sie sich noch nicht klar darüber, ob sie allen Ernstes die Karriere einer anderen Polizistin ruinieren wollte, bevor sie sicher wusste, dass diese nicht nur einfach nachlässig gewesen war.
Gleichzeitig jedoch hatte sie die Befürchtung, dass sie wegen der Probleme in ihrer eigenen Ehe womöglich allzu mitfühlend war.
Sie würde das Gespräch mit Dr. Mira führen, sämtliche neuen Informationen in den Computer einspeisen und von ihm berechnen lassen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die ehrgeizige Captain als Täterin in Frage kam. Sie ginge in der Sache also streng nach Vorschrift vor.
Als sie ihr Büro betrat sah sie, dass die Psychologin bereits in einem Sessel in dem inzwischen wieder aufgeräumten Zimmer saß. Peabody und McNab hatten einander die Rücken zugewandt und gaben eifrig Daten in ihre jeweiligen Computer ein.
»Tut mir Leid, dass ich Sie haben warten lassen«, sagte sie zu Dr. Mira.
»Kein Problem.« Dr. Mira stellte ihre Tasse mit, wie Eve annahm, Kräutertee neben sich auf den Tisch. »Peabody hat mir bereits erklärt, dass es bei Ihnen etwas später werden könnte.«
»Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir unser
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