Sündige Seide: Roman (German Edition)
vielleicht . . .«Plötzlich kamen ihm andere Möglichkeiten in den Sinn. »Vielleicht haben sie Jackson zusammen erledigt. Und dann ist Josh aus den eben genannten Gründen zum Judas geworden.«
»Beides klingt vernünftig. Haben Sie mit Glenn darüber gesprochen?«
»Noch nicht, aber er wird in die Luft springen. Er hat von Anfang an auf Ariel oder Josh getippt. Er wird sie unters Mikroskop legen und bohren wollen, bis er sie in- und auswendig kennt. Ich möchte sie gern beschatten lassen.«
»Der P. C. wird fluchen, wenn Sie noch mehr Männer wollen.«
»Sie haben mir bis zum Wochenende Zeit gegeben, Tony. Spielen Sie fair, und versuchen Sie, an die Männer zu kommen.«
Als Cassidy in sein Büro zurückkam, fühlte er sich, als wäre seine innere Batterie neu aufgeladen worden. Zum erstenmal seit Tagen schoß Adrenalin durch seine Adern. Er hatte ein Ziel und einen Angriffsplan. Er würde nicht lockerlassen, bis er alle Möglichkeiten und sich selbst erschöpft hatte.
Zuallererst mußte er ein paar Anrufe machen.
Beim ersten Anruf brauchte sich Cassidy gar nicht erst zu melden. Er fragte bloß: »Füttern Sie immer noch diesen Fernsehreporter mit Infos?«
Das Informantensystem arbeitete in beide Richtungen. Die Staatsanwaltschaft nutzte dieselben Quellen wie die Medien und streute manchmal Informationen aus, die absichtlich mit irreführenden Halbwahrheiten und Andeutungen gespickt waren.
Cassidy sagte: »Ich hatte heute nachmittag eine längere, vertrauliche Unterredung mit Joshua Wilde. Als er mein Büro verließ, war er wütend und erregt. Das wäre fürs erste alles.«
Er beauftragte einen Sachbearbeiter, die Autoverleihfirmen in der Stadt zu überprüfen. »Ich will wissen, wo Joshua Wilde während der Woche, in der sein Vater ermordet wurde, ein Auto geliehen hatte. Weiterhin, welches Fabrikat und Modell das war, wieviel er damit gefahren ist und in welchem Zustand er es wieder abgegeben hat. Wenn es ein Chrysler mit einem blauen Teppich war, soll der Wagen aufgetrieben und augenblicklich ins Polizeirevier gebracht werden. Danke.« Vielleicht würden die Jungs im Labor einen eingetrockneten Blutfleck entdecken, das Blut würde sich als das von Jackson Wilde herausstellen, und – bingo! – hätte er einen neuen Hauptverdächtigen.
»Einfacher geht’s wirklich nicht«, erklärte Cassidy dem Polizeileutnant, der das Beschattungsteam leitete, das Crowder dem Polizeikommissar hatte abschwatzen können. »Joshua und Ariel Wilde sind auffälliger als die Tunten auf der Bourbon Street. Sie können sie unmöglich verlieren.«
Sobald alle Aufgaben delegiert waren, lehnte sich Cassidy in seinem Sessel zurück und seufzte optimistisch. Irgendwas würde bei der Sache schon rauskommen. Ein bislang unentdeckter Hinweis würde das Interesse auf Josh oder Ariel richten und Claire aus dem Kreuzfeuer nehmen.
Seit ihrem erbitterten Streit auf Rosesharon hatte er versucht, nicht an sie zu denken, aber vergebens. Sie ging ihm nicht aus dem Kopf – ihr Körper, wie sie sich geliebt hatten und ihre zornigen Anschuldigungen.
Als hätte sie das Verlies in seiner Seele geöffnet, das Skelett darin entdeckt und kräftig mit den Knochen geklappert. Sie hatte ihm vorgeworfen, sie zu täuschen und zu manipulieren. Früher hätte sie sogar recht damit haben können. Als Verteidiger hatte er vor keinem Mittel zurückgeschreckt, um einen Freispruch durchzupauken. Er hatte Theater gespielt, Tränen, Lachen, Zorn vorgetäuscht, nur damit seine Klienten als freie Menschen aus dem Gerichtssaal spazieren konnten.
Wenn ihn sein Gewissen geplagt hatte, hatte er sich mit dem Pflichtbewußtsein beruhigt. Er tat nur so gut wie möglich seine Arbeit. Aber er hatte gewußt, daß das nur ein Vorwand für sein Gewinnstreben gewesen war. Er hatte um jeden Preis als Sieger aus dem Prozeß hervorgehen wollen. Bis er den Fall gewonnen hatte, bei dem der Einsatz zu hoch gewesen war. Seitdem wollte er nur noch, daß die Gerechtigkeit siegte. Und bei dem Mordfall Jackson Wilde zielte er auf nichts anderes.
Mochte Gott ihm helfen, wenn die Angeklagte Claire Laurent hieß.
Aber das würde nicht passieren, redete er sich eigensinnig zu. Sie war unschuldig. Eine Frau, die so warm und hingebungsvoll im Bett war, konnte unmöglich kaltblütig einen Mann töten. Er hatte nicht nur ihre Lippen, ihre Brüste, ihre Schenkel und ihren Bauch berührt. Er hatte ihre Seele berührt. Wäre sie vergiftet gewesen, hätte er das gespürt.
Aber anders als
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