Sündige Seide: Roman (German Edition)
bringen, sondern um etwas viel Wertvolleres – die Rechte, die ihnen im Ersten
Verfassungszusatz gewährt werden. Etwa zu der Zeit, als French Silks erster Katalog herauskam, begann er mit seinem Kreuzzug gegen alles, was er für Pornografie hielt. Von Anfang an machte mir seine Kampagne angst.«
»Weil er mit seinem Einfluß Ihrem Unternehmen schaden konnte?«
»Nein, weil ich befürchtete, daß ich irgendwann meine Arbeit verteidigen müßte, und wie sich herausgestellt hat, habe ich recht behalten. Der Katalog von French Silk hat nichts mit Kinderpornografie und Sadoheften zu tun, aber er wurde in einem Atemzug mit beidem genannt und verdammt. Reverend Wilde führte einen Feldzug gegen die Pressefreiheit.«
»Es gibt keine Freiheit à la carte, Miss Laurent. Sie hat immer etwas mit Verantwortung zu tun.«
»Da bin ich Ihrer Meinung.« Sie legte ihr Sandwich ab und beugte sich ein bißchen vor. »Mir wird übel, wenn ich daran denke, wie Männer, Frauen und Kinder aus Profitgier ausgebeutet werden, aber dieses Verbrechen läßt sich nicht aus der Welt schaffen, indem man alles Erotische aus den Museen und Buchhandlungen verbannt.
Zensur ist eine Sache des Verstandes, des Herzens und des Gewissens. Wenn sie Pornos ablehnen, geben Sie Ihre sieben Dollars anderswo aus. Wenn Sie gegen eine Fernsehshow sind, schalten Sie um und kaufen die Produkte nicht, für die darin geworben wird. Aber Sie geben denen, die anderer Meinung sind, die Gelegenheit anzusehen, was ihnen gefällt.
Keiner Regierung, keinem Komitee sogenannter Experten und keinem Prediger steht es zu, darüber zu bestimmen, was die Menschen – erwachsene Menschen – sehen oder nicht sehen dürfen.
Ich habe diesen Krieg nicht gewollt, Mr. Cassidy. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich nichts damit zu tun gehabt. Ich wurde hineingezogen, als Wilde von der Kanzel aus gegen mich zu wettern begann. Ich habe seine Angriffe so gut wie möglich ignoriert und seine ständigen Einladungen zu einer Fernsehdebatte ausgeschlagen, aber irgendwann hätte ich mich ihm wohl stellen müssen.«
»Deshalb haben Sie mit diesen Ausschnitten Munition gegen ihn gesammelt.«
»Ganz genau. Dieser Ordner beweist lediglich, daß ich mich genau mit meinem Gegner befaßt habe, um für die entscheidende Schlacht gewappnet zu sein.«
»Warum haben Sie mir die Ausschnitte nicht schon bei meinem ersten Besuch gezeigt und mir alles erklärt?«
»Ich hatte sie schon weggeworfen.«
»Sie hätten sie erwähnen können.«
»Das hätte ich, ja. Aber man macht Ihnen im Rathaus Druck, endlich einen Verdächtigen zu verhaften. Wildes Gefolgsleute fordern, daß jemand vor Gericht gestellt wird. Ich wollte nicht den Sündenbock für Sie abgeben, nicht einmal vorübergehend. Selbst wenn Sie mich nur zum Verhör aufs Präsidium gebracht hätten, hätte das meinem Unternehmen und meiner Familie schaden können.«
»Das kann es immer noch.«
»Sie würden Ihre Zeit verschwenden. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
Er musterte sie aufmerksam. »Also haben Sie das Datum, an dem Wilde in New Orleans eintreffen wollte, rein zufällig unterstrichen?«
Wieder wurde ihr warm, und ihre Wangen röteten sich. »Ich erinnere mich, das unterstrichen zu haben. Ich kann Ihnen nicht erklären, warum. Ich hatte gerade einen Rotstift in der Hand, als ich den Artikel las«, erklärte sie achselzuckend. »Es war ein Reflex.«
Er hatte schnell gegessen und wischte sich nun mit der Serviette den Mund ab und legte sie neben den Teller. »Oberflächlich klingt das alles ganz vernünftig. Es klingt fast zu vernünftig, Miss Laurent. So als hätten Sie einstudiert, was Sie sagen müssen, falls der Ordner wiederauftauchen sollte.«
»Möchten Sie einen Kaffee zu Ihren Fantasien?«
Seine Lippen verzogen sich zu einem halben Lächeln. »Nein danke.« Sie trug die Teller zurück in die Küche. »Ich dachte, das würde Harry für Sie machen«, meinte er nebenbei, wobei er ihr bis zu der Theke folgte, die die beiden Räume trennte.
»Normalerweise tut sie das auch. Sie ist heute nachmittag mit Mama ausgegangen.«
»Wie praktisch.«
»Wie meinen Sie das? Was haben die Spaziergänge meiner Mutter mit Ihnen zu tun?«
»Sie könnte bezeugen, wo Sie in der Nacht waren, in der Jackson Wilde ermordet wurde.«
Claire blieb die Luft weg. »Ich werde nicht zulassen, daß meine Mutter verhört wird, Mr. Cassidy. Merken Sie sich das, und sparen Sie sich die Zeit und die Mühe. Mama würde sich nicht
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