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Sündige Seide: Roman (German Edition)

Sündige Seide: Roman (German Edition)

Titel: Sündige Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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ihn?«
    »Nein. Ich war noch zu klein.«
    »Woran ist er gestorben?«
    »An einem Herzinfarkt, glaube ich.«
    Er fixierte sie, rutschte von seinem Barhocker und kam auf sie zu, bis sie den Kopf in den Nacken legen mußte, um ihm in die bohrenden Augen sehen zu können.
    »Sie lügen schon wieder. Auf Ihrer Geburtsurkunde ist ein großes, dickes Fragezeichen, wo der Name Ihres Vaters stehen sollte.«
    »Sie Schwein.« Sie holte aus, um ihn zu ohrfeigen, aber er fing wenige Zentimeter vor seiner Wange ihre Hand am Handgelenk ab. Vor Zorn und Frustration stiegen ihr Tränen in die Augen.
    »Sie haben kein Recht, in meinem Privatleben herumzuwühlen.«
    »Eine Leiche mit drei Einschüssen gibt mir jedes Recht.«
    Claire befreite ihre Hand aus seinem Griff, verschränkte die Arme vor der Brust und umklammerte ihre Ellbogen. »Also, was haben Sie bei Ihren widerlichen, kleinen Nachforschungen ans Tageslicht gebracht, Mr. Cassidy?«
    »Die Laurents, Ihre Großeltern, gehörten zur obersten Gesellschaftsschicht in New Orleans. Eine alteingesessene Familie mit Bergen von altem Geld. Sie hüteten ihr einziges Kind, Mary Catherine, wie einen Augapfel. Sie ging in die feinsten Schulen am Ort und wurde dazu erzogen, ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen.
    Aber nach einem Kotillon wurde sie von einem reichen jungen Gentleman verführt. Sie wurde schwanger. Als sie das merkte, erzählte sie ihren Eltern davon, aber sie weigerte sich, den Namen des Vaters zu nennen. Zu ihrem Leidwesen sollte er sich nie zu dem Kind bekennen, das sie gebar. Ihre Eltern taten, was sie für angemessen hielten – sie enterbten und verstießen ihre Tochter. Nur ihre Tante Laurel, die unverheiratete Schwester ihres Vaters, nahm sie auf.
    Der Skandal machte seine Runde in der Gesellschaft und forderte seinen Tribut von der Familie. Im Verlauf von zwei Jahren starben Mary Catherines Eltern; manche sagen, vor Scham. Vor seinem Tode änderte ihr Vater sein Testament und hinterließ sein beträchtliches Vermögen der Kirche.«
    »Von der meine Mutter ebenfalls wie eine Aussätzige behandelt
wurde, allem Gerede von Liebe, Gnade und Verzeihen zum Trotz«, ergänzte Claire.
    »Immerhin hat man der illegitimen Tochter anscheinend gestattet, die Sonntagsschule zu besuchen.«
    »Nein, Mr. Cassidy. Tante Laurel hat mich gelehrt, eine Christin zu sein. Sie war eine verschrobene alte Jungfer. Die meisten glaubten, sie sei zu nichts nütze. Aber sie liebte meine Mutter und mich bedingungslos. Während Mama ihre Anfälle hatte, tröstete mich Tante Laurel, wenn es ein Gewitter gab; sie pflegte mich, wenn ich krank war, und half mir bei allen Nöten und Kümmernissen der Kindheit. Niemand hat für mich das Christentum so verkörpert wie sie. Sie lebte so, wie Jesus es gepredigt hatte. Sie machte keine großen Worte. Sie handelte.«
    »Aber die Geschichte Ihrer Mutter habe ich korrekt wiedergegeben?«
    »Äußerst. Cousin Charles hat gründliche Arbeit geleistet.«
    »Woher wissen Sie, daß ich meine Informationen von ihm habe?«
    »Weil er der letzte Verwandte aus dieser Linie der Laurents ist.«
    »Hat Ihre Mutter Ihnen nie verraten, wer Ihr Vater ist?«
    »Nein.«
    »Und er hat sich nie an Sie gewandt, nicht einmal heimlich?«
    »Nein. Bestimmt hatte er Angst vor den Konsequenzen. Er gehörte zur gleichen gesellschaftlichen Schicht und fühlte sich offenbar darin wohl. Er sah, was meiner Mutter widerfuhr, und wollte nicht dasselbe erleben. Eigentlich kann ich ihm keinen Vorwurf machen.«
    »So ein Quatsch.«
    »Verzeihung?«
    »Sie wären kein Mensch, wenn Sie ihm keine Schuld geben würden.«
    Claire machte einen Schritt zurück. Sie fühlte sich wie ein Käfer, den man mit der Nadel an die Wand gespießt hatte. »Worauf wollen Sie hinaus, Mr. Cassidy?«
    »Wer Wilde umgebracht hat, hatte was gegen Männer.«
    »Das haben Sie herausgefunden? Wie beeindruckend.«
    »Es braucht Sie nicht zu beeindrucken. Offensichtlich war es eine Affekthandlung. Es wurde einmal zu oft geschossen.«
    »Sie spielen auf den Schuß in den Unterleib an.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Es stand in allen Zeitungen, daß man Wilde in die Hoden geschossen hat.« Sie warf das Haar zurück und funkelte ihn trotzig an. »Und nachdem ich nicht im Ehebett gezeugt wurde und vielen Frauen Arbeit gebe, haben Sie die brillante Schlußfolgerung gezogen, daß ich auf Jackson Wilde geschossen habe.«
    »Werden Sie nicht polemisch.«
    »Dann machen Sie sich nicht lächerlich.« Sie wurde lauter.

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