Sündige Seide: Roman (German Edition)
fixen Idee verhaften?« fragte Ariel hochmütig.
»Ohne jeden Beweis? Sie wissen genausogut wie ich, Mrs. Wilde, daß ich damit nicht durchkäme.«
»Ganz genau.« Sie drehte sich um und segelte aus der Tür. Josh blieb sitzen, war aber genauso aufgebracht. »Diese Anklage war unangebracht, Mr. Cassidy. Warum suchen Sie nicht nach dem richtigen Mörder, statt meine Stiefmutter mit haltlosen Anschuldigungen aufzuregen?«
»Hören Sie schon auf, Josh.« Cassidy sprach ihn absichtlich mit
dem Vornamen an. »Ich weiß, daß Sie mit ihr bumsen. Mir ist das egal . . . es sei denn, Sie hätten Ihren alten Herrn kaltgestellt, damit Sie weiter mit ihr bumsen können.«
»Hören Sie auf, so zu reden!«
»Dann reden Sie mit mir, verdammt noch mal.« Er schlug mit der Handfläche auf den Schreibtisch.
Nach kurzem, gespanntem Schweigen fragte Josh dumpf: »Was wollen Sie wissen?«
Cassidy zügelte sich, denn er wußte intuitiv, daß Josh einen Rückzieher machen würde, wenn er ihn nicht mit äußerster Vorsicht behandelte. »Versetzen Sie sich in meine Lage, Josh, und ziehen Sie selbst Schlüsse. Ariel ist jung, hübsch und talentiert, und sie liebt ihren jungen, hübschen, talentierten Stiefsohn, der ihre Liebe erwidert. Aber die Sache hat einen Haken. Sie ist verheiratet. Der unerwünschte Ehemann ist ein Motiv, das ich nicht unberücksichtigt lassen kann. Und sie war der einzige Mensch außer Ihrem Vater, der einen Schlüssel zu der Suite besaß.«
»Was ist mit den Zimmermädchen? Dem Hotelpersonal? Einbrecher brauchen keine Schlüssel. Ständig wird in abgeschlossene Hotelzimmer eingebrochen.«
»Jackson wurde von jemand umgebracht, den er so gut kannte, daß es ihn nicht störte, nackt vor ihm auf dem Bett zu liegen.«
»Ariel war es nicht.«
»Waren Sie es?«
Der junge Mann erbleichte. »Mein Vater und ich hatten Meinungsverschiedenheiten, aber deshalb würde ich ihn nicht umbringen.«
»Wußte er, daß Sie eine Affäre mit seiner Frau haben?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
Die Lehne von Cassidys Ruhesessel schnellte vor und katapultierte ihn fast über den Tisch. »Verarschen Sie mich nicht, Josh. Wußte er es?«
Der Junge wand sich unter Cassidys unnachgiebigem Blick. Schließlich sackten seine Schultern herunter, und er schaute weg. »Nein. Ich glaube nicht.«
Aha. Damit hatte er das Geständnis, daß die beiden ein geheimes Verhältnis hatten. Er ließ sich nicht anmerken, wie sehr ihn das freute. »Halten Sie sich für schlau genug, das vor Ihrem Vater zu verheimlichen, wo ich es schon nach dreißig Sekunden vermutet habe?«
»Dazu brauchten wir nicht besonders schlau zu sein«, antwortete Josh mit freudlosem Lachen. »Er war ein solcher Egomane, er hätte sich gar nicht vorstellen können, daß Ariel mich vorzieht.«
Cassidy schaute ihm in die Augen und glaubte ihm. »Er war ein echter Scheißkerl, wie?«
»Ja, das war er.«
»Haben Sie ihn gehaßt?«
»Manchmal.«
»So sehr, daß Sie ihn umbringen wollten?«
»Manchmal. Aber ich habe es nicht getan. Ich könnte das nicht. Ich hätte nicht die Nerven dazu.«
Cassidy glaubte auch das. Joshua Wilde war nach dem Hebräerkrieger aus dem Alten Testament benannt worden, aber er war eine echte Fehlbesetzung. Zweifellos war Jackson Wilde mit seiner Donnerstimme und seinem Racheengeltemperament zutiefst enttäuscht von seinem sanften, leisen Sohn gewesen. Ein Kind konnte eine Menge Aggressionen gegenüber einem tyrannischen, überkritischen Vater aufstauen. Bessere Eltern als Jackson Wilde waren von ihren überforderten Kindern umgebracht worden. Aber Cassidy traute Josh nicht zu, jemandem eine Kugel durch den Kopf zu jagen.
»Was ist mit Ariel? Überlegen Sie sich die Antwort gut, Josh. Wir können jeden Moment den entscheidenden Beweis finden, irgendwas, das uns bis jetzt entgangen ist. Wenn Sie Ariel dekken, machen sie sich zum Mittäter und werden genau wie sie bestraft. Hat sie ihn getötet?«
»Nein.«
»Hätte sie es ohne Ihr Wissen tun können? Haben Sie in dieser Nacht mit ihr geschlafen, Josh?«
Er schlug die Augen nieder und antwortete ohne zu zögern: »Ja.«
»Hat sie irgendwann die Suite verlassen?«
»Nein. Nicht ehe sie endgültig ging, und das war irgendwann in den frühen Morgenstunden.«
Zu spät für den Mord, den Elvie Dupuis auf zwischen null und ein Uhr geschätzt hatte. »Sind Sie sicher?«
»Absolut.«
»Vermuten Sie, daß sie ihn getötet hat?«
»Nein.« Er schüttelte so energisch den Kopf, daß ihm ein
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