Sündige Seide: Roman (German Edition)
beim ersten Versuch auf eine Goldader gestoßen«, verkündete der Mann am Telefon vergnügt. »Sie steht immer noch unter Verdacht, auch wenn sie das im Fernsehen bestritten hat. Cassidy war heute abend wieder bei ihr.«
Ariel sank gegen den Kissenstapel in ihrem Rücken. »Wirklich? Wie lange hat er sie verhört?«
Sie haben einen ausgedehnten Spaziergang durchs französische Viertel gemacht.«
Je mehr sie über Claire Laurents jüngste Begegnung mit dem gutaussehenden, jungen Staatsanwalt erfuhr, desto schneller drehten sich die Rädchen in ihrem Gehirn. Sie war so damit beschäftigt, alle Informationen zu verarbeiten, daß ihr um ein Haar das wertvollste Nugget entgangen wäre. »Verzeihung«, unterbrach sie ihren Gesprächspartner. »Was haben Sie gerade gesagt? Sie haben was?«
»Ganz recht, Mrs. Wilde. Sie haben richtig gehört. Sie haben sich geküßt.«
Eifrig hörte sich Ariel die restliche Schilderung an, ohne noch einmal zu unterbrechen. »Danke«, sagte sie, als er fertig war. »Halten Sie mich weiterhin auf dem laufenden. Ich will alles wissen. Vergessen Sie nicht, Sie sind Augen und Ohren für mich.« Fast hätte sie etwas vergessen: »Gott segne Sie; ich werde für Sie beten.«
Josh schlenderte ins Zimmer, als sie auflegte. »Wer ruft um diese Zeit noch an?« Er zog sich das T-Shirt über den Kopf und begann sich auszuziehen.
»Der Kerl in New Orleans, der die Demonstration vor French Silk organisiert hat.«
»Was für ein Debakel«, murmelte er, während er sich, erst auf einem Bein stehend, dann auf dem anderen, die Schuhe von den Füßen streifte.
Ariel wußte nicht, was das Wort Debakel bedeutete, aber sein Tonfall gefiel ihr nicht, deshalb nahm sie seine Kritik persönlich. »Woher hätten wir denn wissen sollen, daß Claire Laurents verrückte Mutter sich ganz allein mit einem Haufen wütender Demonstranten anlegt?«
Kichernd kroch Josh neben ihr ins Bett. »Du hast dir ein Feuerwerk gewünscht und Limo und Kekse gekriegt.«
»Das ist nicht witzig.« Sie schob den Arm weg, den er quer über ihren Bauch gelegt hatte. Dann warf sie die Decke zurück, stieg aus dem Bett und zündete sich eine Zigarette an. Seit Jackson ihr es nicht mehr verbieten konnte, hatte sie sich das Rauchen wieder angewöhnt.
»Ich will, daß wir morgen auf Tour gehen und eine Reihe von Städten abklappern, wo wir je einen Gottesdienst halten.« Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft. »Ganz besondere Gottesdienste. Wir nennen sie ›Notgebete für die Ergreifung und Verurteilung des Mörders von Jackson Wilde‹.«
Mit einem Stöhnen legte sich Josh den Arm über die Stirn und schloß die Augen. »Ariel, so etwas braucht Zeit. Wir müssen Hallen mieten –«
»Und wenn wir die Gottesdienste auf einem Footballfeld abhalten müssen«, fuhr sie ihn an. »Ich will, daß viele Leute kommen, und ich will, daß du niedergedrückt und traurig aussiehst.«
»Du wirst mir deinen Lidschatten borgen müssen.«
»Scher dich zum Teufel.«
Sie kam wieder ins Bett und wehrte Josh ab, als er sie zum Liebesspiel bewegen wollte. Zu aufgedreht, um schlafen zu können, ging Ariel im Geist alles durch, was sie über Claire Laurent wußte. Eine Klassebraut, dachte sie zähneknirschend. Groß. Von Natur aus schlank. Gut gekleidet. Klassisches Gesicht. Genau die Frau, die Ariel gerne gewesen wäre.
Claire Laurent machte lange Spaziergänge durchs französische Viertel, begleitet vom stellvertretenden D. A. Cassidy, der für Ariel nur Mißtrauen und kaum verhohlene Verachtung übrig hatte. Er hatte Claire Laurent geküßt! Wie dumm, wie dumm. Durch diesen Fehltritt eröffneten sich ihr so viele Möglichkeiten, daß Ariel ganz aufgeregt und fast für ihren Neid entschädigt wurde.
Die großkotzige Schlampe hatte ihn um den Finger gewickelt. So einfach war das. Glaubte er etwa, daß Claire Laurent zu
vornehm war, um einen Mord begehen zu können? Falsch gedacht, Mr. Cassidy.
Wie man es auch drehte und wendete, er hatte seine Pflichten vernachlässigt. Morgen früh würde sie, noch bevor sie auf einer Pressekonferenz das neueste Vorhaben von Ariel Wildes Stunde für Gott und Gebet verkündete, einen äußerst wichtigen Anruf machen.
Man hatte Cassidy vorgewarnt, daß der Chef auf dem Kriegspfad war, deshalb kam Tony Crowders grimmiger Befehl, in seinem Büro zu erscheinen, nicht überraschend. »Er erwartet Sie bereits, Cassidy«, erklärte ihm die Sekretärin mitleidig. »Gehen sie gleich rein.«
Cassidy gab sich locker. »Morgen,
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