Sündige Sommernächte - Kent, A: Sündige Sommernächte
den Satz zu spät. „Tut mir leid.“
Sie ließ ihre Kisten fallen und fand den Lichtschalter. „Macht ja nichts, ich habe zwei Schienbeine.“
„Ich habe vergessen, dass du nie hier warst.“ Er stellte seine Kisten und die beiden Taschen ab.
Cardin schob sich mit dem Handrücken die Haare aus dem Gesicht. „Der Einzige, von dem ich weiß, dass er jemals hier war, ist Tater.“
Nach dem Tod seiner Mutter hatten Trey und sein Vater nur sehr selten Besuch gehabt. Tater war eine Ausnahme gewesen, da Aubrey in ihm so etwas wie einen zweiten Sohn gesehen hatte. „Den muss ich unbedingt anrufen. Ich habe ihn an diesem Wochenende ein paarmal auf der Rennstrecke gesehen, aber keine Zeit für ihn gehabt.“
„Du musst dir die Zeit nehmen. Jedes Jahr vor dem Farron Fuels redet er ständig von dir.“
„Seht ihr euch noch öfter?“
Sie warf ihm einen Blick zu. „Jeder trifft jeden hin und wieder. In letzter Zeit kommt er öfters ins Headlights. Er ist mit Sandy Larabie zusammen.“
„Mit der Kellnerin? Du nimmst mich auf den Arm, oder?“
„Nein. Ist das denn so schwer zu glauben?“
„Nach dem, wie ich sie heute erlebt habe, schon.“
„Ziehst du da nicht voreilige Schlüsse?“, meinte sie.
Er rieb sich den Nacken. „Aber nur, weil es höllisch anstrengende vier Tage waren.“
Er war völlig erledigt. Das Farron Fuels hatte ihn zwischen Donnerstag und Sonntag in Atem gehalten. Zwischen dem Zeittraining und dem Schlussrennen war es eine ununterbrochene Folge von Arbeit an den Motoren, kurzen Nickerchen und Rennanalysen gewesen. Deshalb war er heute Abend so erschöpft, dass es ihm gleichgültig war, ob Tater Rawls mit dieser Kellnerin zusammen war. Er brachte gerade noch genug Energie auf, um Cardins Antrag auf den Grund zu gehen, damit sie beide endlich Schlaf bekamen.
Er fuhr sich durch die Haare und schaute sich im Wohnzimmer um. Seit seinem letzten Besuch hatte sich nicht viel verändert, nur dass der Sessel seines Vaters nun leer war, weil er Aubrey sechs Monate vor seinem Tod gezwungen hatte, sein eigenes Zuhause zu verlassen.
Die Erinnerung daran schnürte ihm die Kehle zu.Er ging in die Küche und tastete nach dem Lichtschalter. Die nackte Glühbirne an der Decke ging an und gab gleich darauf mit einem brutzelnden Laut den Geist auf.
„Du hast nicht zufällig Glühbirnen mitgebracht, oder?“, fragte Cardin hinter ihm.
„Ich glaube, im Schrank über der Spüle sind noch Ersatzbirnen.“
„Sind die genauso alt wie die, die gerade durchgebrannt ist?“
Das könnte allerdings ein Problem sein, musste Trey im Stillen einräumen. Er ging zu seinen Kisten zurück und wühlte in der obersten nach der Taschenlampe und fand mit ihrer Hilfe die Birnen.
Als das Licht wieder funktionierte, schaute Cardin sich in der kleinen Küche um. „Hier ist es gemütlich.“
„Mein Vater und ich sind uns hier ständig auf die Füße getreten, bis er es aufgab und mir das Kochen überließ.“
„Du kochst?“ Sie setzte sich an den Tisch.
Trey lehnte sich an die Spüle und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mach dir bloß keine falschen Hoffnungen. Als ich auszog, war der Herd eine heikle Sache. Auf dem hätte ich es nicht einmal gewagt, ein Ei zu kochen.“
„Ich esse ohnehin nur Rührei.“
„Werden wir uns das Essen liefern lassen müssen?“
„So wählerisch bin ich nun auch nicht, aber ich kann von der Arbeit etwas zum Abendessen mitbringen.“
„Wann arbeitest du?“, wollte Trey wissen.
„Ich habe die Schicht von vier bis acht. Meinst du, in der Zeit schaffst du es ohne meine Hilfe?“
„Ich werde mein Bestes versuchen“, sagte er.
„Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber mein Bestes besteht nur noch darin, tief und fest zu schlafen.“
„Dann sollten wir uns einen Schlafplatz suchen.“
Während Cardin im Badezimmer war, sah Trey sich noch einmal gründlicher im Wohnzimmer um. Nach einem Jahr wieder hier zu sein, ein halbes Jahr nach dem Tod seines Vaters, verursachte ihm Schuldgefühle, obwohl er sich oft genug gesagt hatte, dass er den Lauf der Dinge ohnehin nicht hätte aufhalten können. Aber er war nach wie vor davon überzeugt, dass er jetzt nicht der letzte Davis wäre, wenn er da gewesen wäre, um seinen Vater vom Spielen und Trinken abzuhalten.
Sobald das Haus von den Spuren der Vergangenheit gereinigt und zum Verkauf angeboten wäre, würde Trey nichts mehr mit Dahlia, Tennessee, verbinden. Die Jahre, die er hier verbracht hatte, warennicht schlecht gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher