Suendiger Hauch
Arm wieder heftig zu bluten begann.
Kathryn biss sich auf die Unterlippe, um ihre Fassung wiederzuerlangen. Normalerweise war sie nie nervös, doch irgendwie lagen die Dinge dieses Mal anders. Das Blut, das sich auf die Laken ergoss, war Luciens Blut, und sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er Schmerzen hatte. Ihr Herz hämmerte, und sie musste sich bemühen, das Zittern ihrer Hände unter Kontrolle zu halten. Sie griff nach dem Leinentuch, tauchte es kurz in das Wasser, bevor sie vorsichtig begann, die Wunde zu säubern. Dann nahm sie die Nadel und den Faden, die sie zurechtgelegt hatte, und setzte sich neben ihn auf die Matratze.
»Wie du schon selbst sagtest, es wird schmerzen.«
»Bringen wir es hinter uns.«
Sie holte tief Luft, bevor sie ihre gesamte Aufmerksamkeit auf die Arbeit richtete, die ihr bevorstand. Obwohl Lucien nicht einmal zuckte oder auch nur einen einzigen Muskel bewegte, erschien Kathryn der Schmerz, den er erlitt, wie ihr eigener.
»Ich bin fast fertig.«
»Das ist auch verdammt gut so.«
Sie musste ein Lächeln unterdrücken. »Ein Stich noch, dann bist du erlöst.« Sie zog den Faden fest, verknotete ihn säuberlich und biss ihn schließlich mit den Zähnen ab. Sie reinigte den Schnitt auf seiner Brust, rieb beide Wunden mit der Salbe ein, verrieb ein zerdrücktes Blatt Wundkraut darauf und legte den Verband an.
Nachdem sie ihre Arbeit beendet hatte, lächelte sie auf ihn hinab, voller Besorgnis und Liebe. Sie hatte versucht, dagegen anzukämpfen, doch als sie ihn an diesem Abend sah, wusste sie, dass sie ihn mehr liebte, als sie angenommen hatte. So wenig sie auch zusammenpassten, sie liebte ihn. Sie schimpfte sich eine Närrin, doch sie konnte nichts dagegen tun.
»Du warst unglaublich tapfer«, sagte sie zu ihm, während sie eine Strähne seines Haares aus seinem Gesicht strich. »Ich bin sehr stolz auf dich.« Sie ging zum Fußende des Bettes und zog ihm seine Stiefel und Strümpfe aus.
Ein ganz anderes Problem stellten die Hosen dar. Beim bloßen Gedanken an das, was sich unter dem Stoff befand, musste sie an den Akt ihrer Liebe denken und daran, wie er sich in ihr angefühlt hatte. Ein Hitzeschwall durchfuhr ihren Körper.
Kathryn befeuchtete ihre Lippen, die sich plötzlich so trocken anfühlten wie der Puder, den sie aus ihrer Medizintasche gezogen hatte. »Ich glaube, ich überlasse das Übrige Hol-comb«, sagte sie, während sie versuchte, den Gedanken an den nackten Mann, der in ihr warmes Inneres glitt, zu ignorieren.
»Ich läute in einer Minute nach ihm«, antwortete Lucien, als sie wieder neben ihn trat. Sein gesunder Arm hob sich zu ihrem Gesicht. »Du siehst beinahe so erschöpft aus, wie ich mich fühle. Warum legst du dich nicht einen Augenblick neben mich?«
Es war verrückt, aber sie wünschte sich in diesem Augenblick nichts anderes. »Das sollte ich nicht tun. Wir müssen dafür sorgen, dass du aus diesen Kleidern herauskommst und ein wenig Schlaf bekommst. Morgen früh kannst du mir dann erzählen, wie all das geschehen konnte.« Und vielleicht nehme ich dann meinen Mut zusammen und frage dich nach der blonden Frau.
»Ich würde aber besser schlafen, wenn du hier bleiben würdest, und wenn es nur für eine kleine Weile ist.«
Sie strich sein Haar zurück. »Gut«, sagte sie sanft und legte sich neben ihn. Lucien zog sie näher zu sich. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter und fühlte, wie sein Arm sie zärtlich umfasste. Sie sollte aufstehen, nach Holcomb läuten und dafür sorgen, dass er ihn zu Bett brachte. Stattdessen lag sie neben ihm, nahm die Wärme seiner Haut und den leichten Geruch nach Tabak und Leder in sich auf, während sie sah, wie sich die Muskeln über seinen Rippen bei jedem Atemzug bewegten.
Sie liebte ihn, daran vermochte auch eine einzige Nacht voller Leidenschaft nichts ändern. In weniger als einem Jahr würde ihre Ehe beendet sein, und das war das Richtige. Das Richtige für sie beide.
Kathryns Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Sie hoffte nur, dass sie die Kraft und den Mut aufbringen würde, ihn gehen zu lassen, wenn es soweit war.
15
Die Weihnachtszeit stand unmittelbar bevor. Am Abend des Festes des Duke of Carlyle hatte sich Kathryns Sorge um Lucien ein wenig gemildert. Obwohl die Flaut an seinem Auge einen gelblich-roten Farbton angenommen hatte, seine Unterlippe von einem Kratzer durchzogen war und sich sein Arm in einer Schlinge befand, schien er wieder ganz der Alte zu sein.
Sie hatte ihn nach den
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