Suendiger Hauch
dich gefunden hat.«
»Er ist wundervoll, Kathryn. Er ist freundlich und fürsorglich, großzügig und tolerant. Er hat mich gefragt, ob ich seine Frau werden möchte, und ich habe ja gesagt. Er wollte mit Lucien darüber reden, doch ich habe ihn gebeten, mich zuerst mit ihm sprechen zu lassen.«
»Du glaubst doch nicht, dass Lucien etwas gegen deine Heirat einzuwenden hat?«
Winnie sah auf das Wasser und betrachtete einen der Fische, der sich gerade unter einer kleinen Keramikbrücke hindurchschlängelte. »Ich bin mir nicht sicher. Doch für mich spielt es keine Rolle - ich werde Nat heiraten, egal, was irgendjemand sagt -, doch Lucien ist meine Familie, und deshalb möchte ich sein Einverständnis.«
»Ich weiß, dass er viel von Nat hält. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas anderes empfindet als große Freude.«
»Ich wünschte, ich könnte mir dessen sicher sein. Ich habe ein recht ansehnliches Vermögen. Lucien könnte genau wie mein Vater der Ansicht sein, dass ich einen Mann meines eigenen Standes heiraten sollte.«
Kathryn wandte den Kopf ab, während sie sich schmerzhaft an ihre eigene Situation erinnert fühlte. »Lucien weiß nicht, was Liebe ist - das hast du mir selbst gesagt. Er versteht nicht, dass es nichts Wichtigeres auf der Welt gibt, als jemanden zu lieben und von jemandem geliebt zu werden.« Sie kämpfte gegen die plötzlich aufsteigenden Tränen an. »Ich liebe ihn so sehr, Tante Winnie. Ich würde alles dafür geben, wenn er mich ebenfalls lieben würde.«
Sie fühlte, wie Winnie die Arme um sie legte. »Nun, nun, verzweifle nicht, mein Liebes. Mein Neffe ist ein guter Mann, und ich bin sicher, dass du ihm sehr am Herzen liegst. Ich habe noch nie gesehen, dass er eine andere Frau so angesehen hätte wie dich.« Kopfschüttelnd suchte sie nach den richtigen Worten. »In seinem Blick liegt eine schreckliche Sehnsucht.«
»Wonach könnte er sich wohl sehnen? Ich bin seine Frau. Er kommt zu mir ins Bett, wann immer es ihm gefällt. Doch abgesehen von einem Erben will er nichts von mir wissen«, gab Kathryn verbittert zurück.
»Vielleicht will er deine Liebe, mein Kind. Verstehst du, mein Neffe weiß vielleicht nicht, was Liebe ist, doch das bedeutet nicht, dass er sie nicht ebenso haben will wie jeder andere Mensch auch. Ich weiß nicht, wie viel du von seiner Familie weißt, aber Lucien hat mit zwölf Jahren seine Mutter verloren, und sein Vater starb nur kurze Zeit später.«
Kathryn sah auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen. »Die Bediensteten klatschen ständig. Deshalb habe ich davon gehört. Seine Mutter ist mit einem anderen Mann durchgebrannt, und das hat seinem Vater das Herz gebrochen. Er muss sie sehr geliebt haben.«
»William hat sie tatsächlich sehr geliebt - oder zumindest dachte er das. In Wahrheit glich dieses Verhältnis eher einer Obsession. Charlotte war schön und starrköpfig, und mein Bruder wollte sie unbedingt haben. Doch Charlotte war nie die Art von Frau, der ein einzelner Mann genügt. Nachdem sie ihn verlassen hatte, wurde William so depressiv, dass er sich dem Opium zuwandte. Und eines Tages starb er, weil er zu viel davon genommen hatte.«
Kathryn fühlte tiefes Mitleid in sich aufsteigen. Sie hatte ebenfalls ihre Eltern verloren und wusste, wie es war, wenn man sich völlig allein und verlassen fühlte. »Es muss schrecklich für Lucien gewesen sein. Er hatte ja schon die Mutter verloren, doch der Tod seines Vaters muss ihn völlig aus der Bahn geworfen haben.«
»Ich bin sicher, dass es so war, auch wenn er es nie gezeigt hat. Mein Vater, also Luciens Großvater, hat ihn groß gezogen, nachdem sein Vater gestorben war. Mein Vater betrachtete Williams Besessenheit von Charlotte als Schwäche und war entschlossen, dafür zu sorgen, dass sein Enkel nicht zu einem rückgratlosen Mann wie sein Sohn werden würde, und das nur wegen einer Frau. Er hat ihn dazu erzogen, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten, sie nie irgendjemandem zu zeigen und sich nur auf sich selbst zu verlassen.«
»Nun, das ist ihm tatsächlich gelungen.«
»Ja. Viel zu gut, was Lucien betrifft. Charlotte besaß einen sehr starken Willen, sie nahm kein Blatt vor den Mund und war sehr zielstrebig und entschlossen. Ich glaube, dass mein Neffe einige dieser Wesenszüge in dir wiedererkennt und dass sie ihn zu Tode ängstigen. Der Unterschied zwischen ihr und dir jedoch ist, von der Stärke einmal abgesehen, dass du Charlotte nicht im Geringsten ähnlich bist.
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