Suendiger Hauch
lange böse zu sein.« Sein Mundwinkel hob sich ein wenig. »Ich missbillige zwar ihre Studien, doch ich muss zugeben, dass ich sie auf irgendeine Weise auch bewundere. Und ich will sie so sehr, wie ich noch nie zuvor eine Frau gewollt habe.«
»Warum sagst du ihr das nicht?«
Lucien wich seinem Blick aus. Er konnte sich nicht vorstellen, diese Worte zu Kathryn zu sagen, so sehr er es sich tief in seinem Inneren auch wünschte.
Jason grinste. »Gib es zu, du bist verdammt froh, dass du sie geheiratet hast.«
Lucien lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich wollte immer eine fügsame, kleine Frau, und in Allison Hartman hätte ich genau das gehabt. Doch ich muss zugeben, dass Kathryn mich wesentlich mehr fesselt, als Allison es jemals gekonnt hätte. Ich kann nicht behaupten, dass ich den Lauf der Dinge bedauern würde.«
Jason gab der Serviererin ein Zeichen, ihnen ein weiteres Bier zu bringen. »Es scheint mir, als sei deine Frau nicht gerade die typische Kandidatin für Nähen und Musikunterricht. Sie wird erst wieder glücklich sein, wenn sie etwas anderes gefunden hat, das sie interessiert, etwas, das eine Herausforderung für sie darstellt.«
Lucien dachte über Jasons Worte nach. Dieser Gedanke war ihm ebenfalls schon mehrfach gekommen. Sein Blick glitt zu den anderen Gästen im Schankraum: die Seemänner, die in einer Ecke Karten spielten, Squire Thomas’ Sohn Richard, der über einen zweideutigen Witz eines Freundes lachte, einer der jungen Kerle aus dem Dorf, der Sadie Jensen schöne Augen machte. »Ich hatte gehofft, sie würde inzwischen ein Kind tragen«, sagte er, »doch soweit ich weiß, tut sie es nicht. Vielleicht könnte Velvet ihr irgendwie helfen.«
»Ich werde sie fragen, wenn du willst.«
Lucien nickte. »Ich wäre dir sehr dankbar. Vielleicht hat Kathryn irgendetwas gesagt, was sie interessiert.«
»Kathryn liebt Kinder. Wie du schon sagtest, ein Kind würde ihr sicherlich helfen.« Jason trank einen Schluck Bier und sah Lucien über den Rand des Glases hinweg an. »Ich nehme an, du versuchst es mit aller Macht.«
Lucien musste an Kathryns weichen Mund und ihre verführerischen Rundungen denken und daran, wie es sich anfühlte, sie einfach nur in den Armen zu halten. »Da kannst du dir ganz sicher sein.«
Doch er kam zu spät nach Hause in dieser Nacht, und Kathryn schlief schon. Morgen, schwor er sich. Unglücklicherweise jedoch würde es am nächsten Tag zu spät sein.
22
Kathryn schlief unruhig. Nach geraumer Zeit war sie endlich eingeschlafen, wurde jedoch wesentlich früher wach, als sie vorgehabt hatte. Als sie unten ankam, war Lucien bereits zu seinem morgendlichen Ausritt aufgebrochen, sodass ihr nichts anderes übrig blieb, als im Haus umher zu wandern. Sie fühlte sich überflüssig und durcheinander. Sie sprach mit dem Koch über den wöchentlichen Speiseplan, doch auch dies war viel zu schnell erledigt. Das Führen des Haushaltes war der jungen Frau, die ihre Mutter bereits als zehnjähriges Mädchen verloren hatte, vollständig in Fleisch und Blut übergegangen und bot ihr kaum Befriedigung.
Kathryn sah sehnsüchtig aus dem Fenster auf den Fluss, der sich in den Wald hineinzog, und dachte an das Cottage, das ihr Refugium gewesen war. Der bloße Gedanke an diesen Ort ließ ihr Herz schwer werden. Plötzlich bemerkte sie, dass das Hämmern nicht nur in ihrer Brust war, sondern dass es an der hohen, mit Schnitzereien verzierten Tür geklopft hatte. Sie ging auf die Tür zu und wartete in der Eingangshalle darauf, dass Reeves die schwere Pforte öffnete.
Beim Anblick des untersetzten Constable Perkins, der wie immer seine weiß gepuderte Perücke trug, zog sich Kathryns Magen zusammen.
»Lady Litchfield.« Er nahm seinen Dreispitz und den schweren Mantel ab und übergab beides dem Butler. »Constable Nivens und ich würden uns gerne mit Ihnen und Ihrem Gatten unterhalten.«
Kathryn fuhr mit der Zunge über ihre Lippen, die sich plötzlich trocken und rissig anfühlten. Sie wandte sich an den Butler. »Reeves, bitte sehen Sie nach, ob Seine Lordschaft schon von seinem Morgenritt zurück ist. Sagen Sie ihm, dass die Constables Perkins und Nivens und ich ihn im Goldenen Salon erwarten.«
Reeves bedachte die beiden Männer mit einem verächtlichen Blick. »Sehr wohl, Mylady« Er verschwand um die Ecke, und seine Schritte hallten lange nach, während Kathryn die beiden Männer den Korridor entlangführte. Sobald sie den Goldenen Salon erreicht hatten, klingelte sie nach
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